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Unfreiwillig


Arin sah sich noch einmal um ehe er losreiten wollte. Eberharts Gesicht wurde rot und seine Fäuste zitterten. Florenz packte das Mädchen am Arm und, bevor noch irgendjemand reagieren konnte, schlug sie das Mädchen.

Die Stelle in ihrem Gesicht wurde sofort rot und ihre Augen schimmerten zornig. Doch ehe sie was tun konnte bekam sie schon die nächste.

„Arin..." flüsterte Syman neben ihm mitleidig. „Sie kann doch nichts dafür."

Als wüsste er das nichts selbst. Doch was sollte er tun?

Das Gesicht des Mädchens war schon ordentlich gerötet als Florenz ihr Kinn mit spitzen Fingern packte und ihr mit zusammengepressten Zähnen etwas zu zischte.

Erst jetzt rannen dem Mädchen die Tränen die Wangen herunter. Jeder Zorn schien verflogen. Sie sah so herzzerreißend traurig aus, das er nicht mehr an sich halten konnte. Arin brach es das Herz.

Er stieg von Pocket ab und stapfte zu den beiden Frauen hinüber. Syman blieb ihn dicht auf den Fersen. Arin packte Florenz' Hand die immer noch das Mädchen am Kinn fest hielt. Ihre Fingernägel gruben sich in die Haut des Mädchens.

„Hört sofort auf damit!" schrie er aufgebracht und schleuderte Florenz' Hand weg. Das Mädchen drehte sich sofort um und wollte davonlaufen, doch Syman hielt ihre Hand fest.

„Wartet bitte einen Moment!" doch sie wehrte sich, schien den kleinen gar nicht wirklich zu bemerken. Arin nahm ihr Handgelenk damit sie nicht wirklich verschwinden konnte, sah sie aber nicht an. Er würde es an ihrer Stelle so wollen. Sie musste sich furchtbar genieren.

Florenz versuchte ihre Fassung wieder zu bekommen. Da Eberhart kam angerauscht. „Was tun sie da?! Lasst meine Gattin sofort los!"

„Nach was sieht es denn aus!?" erboste Arin. Was sollte er jetzt tun? Er konnte das Mädchen hier nicht lassen. Sie waren furchtbar zu ihr. Den Ausdruck auf ihrem gekränkten Gesicht konnte Arin nicht vergessen! Was würden sie ihr antun, wenn er weg wäre? Der Gedanke ließ ihn nicht los.

Andererseits hatte er kein Recht sich hier aufzuspielen. Er hatte keine Rechte über sie. Wer war er denn auch?

Ein Gedanken drängte sich auf, für den er sich beinahe hasste. Denn er würde genau das tun, was sie von ihm die ganze Zeit wollten.

Mit zusammengepressten Zähnen zischte Arin. „Wo ist die Gottverdammte Kirche?"

***

Ich konnte nicht glauben was ich da gehört hatte. Die Kirche? Nein! Da würde ich niemals mittmachen.

„Hier entlang!" trällerte Florenz begeistert und führte die ungleiche Gruppe an. Als wäre nichts passiert. Als wäre es ein ganz normaler Spaziergang.

Ich stemmte mich ganz bewusst gegen den Ritter als er versuchte mich hinter sich her zu ziehen.

„Hör auf dich zu wehren." Murmelte er ruhig, doch er drehte sich immer noch nicht zu mir um. Er hatte keine große Mühe mich einfach gegenmeinen Willen zur Kapelle zuführen.

Florenz bellte dem Pfarrer zu es sei soweit. Sie hatte wohl schon lange vorher gesagt, das es darauf hinauslaufen musste. Auch Eberhart stolzierte mit geschwollener Brust auf den Pfarre zu und verkündete seine eigene Güte mir gegenüber. Als könnte ihn das vor der Hölle bewahren...

Währenddessen zog mich der Ritter – ich hatte nicht einmal seinen Namen mitbekommen – aus der Kapelle und stellte sich mit mir hinter eine Säule.

Mir war es sehr unangenehm. Seine ganze Präsenz machte mich flattrig und nervös.

Ohne ein Wort zu sagen wischte er mir über meine noch feuchten Wangen. Ohne mir in die Augen zu sehen.

„Du heiratest jetzt, Arin?" Syman starrte uns mit großen Augen an. Aha, also Arin. Arin fluchte leise.

„Was willst du hier?"

„Ich glaub es ja nicht... bleibe ich dann bei dir?"

Eine Spur sanfter murmelte Arin: „Natürlich. Wieso sollte ich dich wegschicken? Und jetzt geh rein ich muss hier was aufklären."

Kurz war es still, dann hörte ich das knarren der Tür. Arins Hände ließen mich los, doch er sah mich immer noch nicht richtig an. „Ich tue das nicht, weil die beiden es so wollen. Sondern weil ich es will."

Als er endlich aufsieht und sich unsere Blicke kaum getroffen hatten, packte mich Florenz und zerrte mich hinein. Sie zog mich so abrupt mit sich, das ich fast über meine Röcke stolperte.

Es ging alles so schnell das ich es kaum mittbekam. Der Pfarrer rieselte eine lange Predigt herunter, wie wichtig Gott in einer Ehe war und wie Sündhaft wir Menschen sind. Und am allermeisten wie sehr wir alle in die Hölle kommen würden.

Ich kannte den Pfarrer nicht gut, aber wenn ich ihn einmal zufällig begegnete, war er immer so finsterer Laune. Ein Schluck Wasser zu viel und man wurde der Wollust angeklagt und auf seine schwarze Liste geschrieben.

Ich stand da ziemlich oft darauf...

Plötzlich legte Arin seine Hand an meinen Rücken und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. So ... sanft? ... ich spürte ihm kaum. Trotzdem fühlte ich mich als ob mein Korsett und einiges enger geworden wäre, denn ich wusste plötzlich nicht mehr zu atmen.

Seine Hand auf meinen Rücken verweilte als wir uns umdrehten und die Kapelle verließen. Eberhart und Florenz waren verschwunden. Syman war schneller als wir an der Tür um ihre Pferde zu holen. Doch so wie er nach draußen trat, kam er auch sofort wieder herein.

„Arin! Arin!" Seine Augen waren so groß wie Kutschräder. „Die zwei alten haben ein halbes Dorf informiert was hier passiert ist! Sie rufen Jubelrufe auf Eberhart und dich!"

Natürlich. Warum sollten die beiden die Hochzeit auch interessieren? Verständlich das einer die Neuigkeiten verbreiten musste. Eberharts Ruf musste doch endlich aufpoliert werden.

Arins Augenbrauen hoben sich. „Warum verwundert mich das Ganze nicht?"

„Ich will da nicht hindurch reiten... Gibt es einen andern weg?" Syman lehnte sich an die Tür.

Zu meiner Überraschung überlegte Arin tatsächlich. Ich dachte er würde den kleinen wieder schimpfen. „Bring die Pferde hier her zur Kapelle, wir reiten eben über die Felder."

Syman nickte erleichtert und lief los. Arin schien in der Kapelle warten zu wollen bis er wieder zurück war. So standen wir allein neben einander. Unfreiwillig verheiratet.

Er nahm seine Hand von meinen Rücken und setzte sich auf einen der Bänke. Ich befürchtete mein Kleid könnte platzen, wenn ich versuchte mich zu setzen. Das wäre wirklich eine Blamage. So faltete ich meine Hände und lies sie auf meine Tonnen schweren Röcke liegen. Meine Röcke!

Die würden mir noch Probleme machen. Ich holte gerade Luft um Arin darauf aufmerksam zu machen, lies es aber wieder bleiben. Wie sollte ich ihn ansprechen? Konnte ich ihn einfach Arin nennen? Wenn nicht würde er mich zurechtweisen und das brauchte ich heute nicht auch noch... Herr Ritter? Herr Familien Mörder? Herr der für seine Gewalt bekannt ist? Meine Güte, diesen Mann gehörte ich jetzt?

Nein. Ich gehörte ihm nicht. Nein!

„Arin! Kommt ihr!?"

Arin stand sofort auf und zog mich hinter sich her zu den Pferden. Nun musste ich was tun.

„Halt. Wartet doch!"

Nur zögernd blieb er stehen. „Ja?"

„Meine Röcke, Mylord. So kann ich nicht reiten."

Er stürzte die Lippen und dachte kurz nach. Hockte sich dann vor mich und zerrte einige Röcke mit einem kräftigen Ruck über meine Hüften. Erschrocken schrie ich auf, musste dann aber aufpassen nicht hinzufallen.

„Mylord!"

Nachdem nur noch zwei Unterröcke verblieben, zog er mich wieder mit sich nach draußen.

Nun. Jetzt nannte ich ihn anscheinend Mylord. Eine von vielen Fragen einmal beantwortet.

Der schwarze Ritter Donde viven las historias. Descúbrelo ahora