Our Little Secret

By xLittleButterfly

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"Scheiße", murmelte ich erschrocken, als ihn sah. "Aria, das ist Damian.. und er wird bei uns einziehen", ver... More

Our Little Secret.
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Epilog
Danke! <3

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By xLittleButterfly

Leichte Panik war in seinen Augen zu erkennen und er schaute mich mit großen, wunderschönen Augen an, weshalb mein Magen sich zusammen zog.

,,Wieso? Was ist passiert?"

Ich blickte zu dem Mädchen, die verwirrt zwischen mir und ihm hin - und her schaute. Damian beachtete sie kein Stück mehr und deshalb tat sie mir ein wenig leid; denn so, wie ich Damian kannte, würde er sie ab jetzt gar nicht mehr beachten.

,,Leah", antwortete ich und presste die Lippen zusammen, versuchte mich zusammenzureißen. ,,Sie hatte einen schweren Unfall. Isa hat angerufen - ich hab ihr versprochen, dass wir kommen und weder Dad noch Sally gehen an ihr Handy. Ich dachte, vielleicht könntest du mich fahren, weil Dads Auto steht ja noch in der Einfahrt und - ich meine - "

,,Aria", unterbrach er aufgeregten nervösen Redeschwall. ,,Ich fahre dich."

,,Okay", sagte ich und atmete tief aus. ,,Okay. Ich - geh dann mal."

Ich drehte mich um und schloss die Tür hinter mir, sodass die beiden alleine waren. Die Situation war mir peinlich. Und ich war mir sicher, Damian wollte auch nicht, dass ich das sah. Doch es war gerade nicht der passende Zeitpunkt sich den Kopf darüber zu zerbrechen, nicht wenn Leah im Krankenhaus war und keiner wusste, wie es um sie stand. Ich betete, dass es nicht allzu schlimm war.

Die Fahrt mit Damian verlief still und er bemühte sich, mich mit seinem Fahrstil nicht noch nervöser zu machen. Irgendwie herrschte eine gewisse Spannung zwischen uns und daher war ich froh, als wir endlich ankamen.

,,Isa!", rief ich laut, als ich meine Tante sah, die in der Eingangshalle des Krankenhauses stand und dort ziemlich verloren aussah. Hastig umarmte ich sie und fragte dann: ,,Gibt es irgendwas Neues?"

Sie schüttelte den Kopf und die Tränen liefen ununterbrochen ihre Wangen herunter. ,,Sie sind noch am Untersuchen."

,,Was ist überhaupt genau passiert?", fragte Damian, der hinter mir stand.

,,Die Krankenschwester hat mir gesagt, dass sie angefahren wurde. Sie flog laut Augenzeugen anscheinend auf die Motorhaube und dann auf den Boden. Ihr Kopf hat geblutet und sie wurde kurzzeitig ohnmächtig, bevor sie wieder aufwachte und dann erneut ohnmächtig wurde. Mehr weiß ich nicht."

Ich hielt mir die Hand vor den Mund und versuchte, nicht zu zittern oder zu weinen. Wir müssen erstmal abwarten und schauen, wie es ihr geht, bevor wir in Panik ausbrechen - das versuchte ich mir zumindestens einzureden.

,,Ich hab versucht Dad und Sally anzurufen", informierte ich Isa. ,,Aber keiner ist rangegangen."

Isa nickte, sagte nichts. Sie ging ein paar Schritte hin - und her, hatte die Lippen fest zusammengepresst. Besorgt sah ich zu Damian, doch dieser zuckte nur unwissend mit den Schultern.

Seine Haare waren immer noch ziemlich durcheinander und in der Eile hatte er sich sein schwarzes T-Shirt falsch herum angezogen. Ich schaute schnell weg und ging ein Schritt auf Isa zu, nahm ihre Hände und zwang sie, mich anzuschauen.

,,Die Ärzte sind bestimmt gleich fertig", sagte ich. ,,Und bestimmt wird es Leah gut gehen."

,,Ich hoffe es", murmelte sie und drückte meine Hände. Tatsächlich kam fünf Minuten später eine dunkelhäutige Krankenschwester auf uns zu und lächelte. Ich hatte das Gefühl, dass sie das Lächeln einstudiert hatte, denn es wirkte mechanisch, aber tröstend. Ich schätze, wenn man hier arbeitete, musste man den Menschen ab und an ein hoffnungsvolles Lächeln schenken.

,,Sie ist noch nicht wieder aufgewacht", sagte die Krankenschwester gerade heraus und ich hörte, wie Isa nach Luft schnappte. ,,Aber es handelt sich nur noch um eine Frage der Zeit, bis sie es tut."

,,Wie stark sind ihre Verletzungen?", fragte Damian, da Isa im Moment irgendwie sprachlos wirkte. Die Frau richtete ihre Augen auf Damian, der nach wie vor hinter mir stand und dann wieder zurück zu Isa.

,,Sie hat eine Platzwunde an ihrem Kopf, außerdem eine starke Gehirnerschütterung. Deshalb sollten wir sie noch ein wenig hierbehalten bis wir uns sicher sind, dass sie keine inneren Blutungen hat", sagte sie. ,,Außerdem hat sie ein gebrochenes Bein. Doch ansonsten geht es ihr den Umständen entsprechend."

,,Ich will zu ihr", murmelte Isa.

Die Krankenschwester nickte. ,,Das können Sie, sobald sie in ihrem Zimmer ist. Aber sie braucht viel Ruhe und bitte brechen Sie nicht in Panik aus, wenn sie heute doch nicht mehr aufwacht. Die Ärzte haben ihr ein paar Schmerzmittel gegeben, damit sie nicht so starke Schmerzen hat, wenn sie wieder aufwacht und vermutlich ist es besser, wenn sie die Nacht ersteinmal durchschläft. Okay?"

Wir nickten alle und dann verschwand sie wieder, jedoch nicht ohne wieder dieses Lächeln zu lächeln. Wir erkundigten uns an der Information nach Leahs Zimmernummer und schon machten wir uns auf den Weg. Isa ging als Erste hinein, gefolgt von Damian und mir.

Und da lag sie - alleine in einem winzigen Krankenzimmer in einem kleinen Krankenhausbett. Ihre Augen waren verschlossen und sie sah sehr blass im Gesicht aus. Auf ihrer Stirn klebte ein dickes Pflaster und auf ihrer rechten Wange war ein lilafarbendes Feilchen zu sehen. Um ihren Kopf war ebenfalls ein dickes Verband gewickelt worden, durch das ich ein wenig Blut erkennen konnte. Das Weiß des Verbandes war ein starker Kontrast zu ihren dunklen Haaren, die auf ihrem Kissen lagen. Ihr gebrochenes Bein war außerdem schon eingegipst worden.

Isabelle murmelte irgendetwas und strich ihrer Tochter sanft über die Wange - Leah wachte davon nicht auf. Plötzlich merkte ich, dass meine Schultern sich entspannten. Zwar sah Leah nicht gerade gut aus, doch nachdem, was die Krankenschwester sagte, würde sie wohl wieder gesund werden - das erleichterte mich so sehr. Ich hatte mir was weiß ich was ausgemalt.

Ich versuchte nocheinmal Dad anzurufen und irgendwann ging er sogar ran. Nachdem ich ihm alles so gut wie es ging erläutert hatte, versprach er sich schnellstens ein Taxi zu bestellen und herzukommen - schließlich waren sie ja bei Freunden und wir hatten sein Auto.

Als Dad und Sally endlich da waren, gingen Damian und ich heraus, da das Zimmer wirklich zu klein für fünf Besucher war und die Krankenschwester meinte sowieso, dass Leah viel Ruhe braucht, selbst wenn sie schlief.

Wir gingen in die Caféteria, schweigend, und ich bestellte mir einen Kaffee, den ich eigentlich selten trank, aber es musste jetzt sein. Wir setzten uns an einen freien Tisch und langsam wurde mir die Situation echt unangenehm. Ich wünschte, er würde reden, doch als er es dann endlich tat, nahm ich den Gedanken wieder zurück.

,,Aria, es tut mir - "

,,Es braucht dir nicht leid zu tun", unterbrach ich ihn und war peinlich berührt.

,,Ich wollte nicht, dass du das siehst."

,,Das ist mir klar", gab ich zurück. ,,Ich wollte auch nicht, dass ich das sehe."

,,Es ist nichts Ernstes ... "

Ich schaute ihn an und ich sah ihm an, dass es ihm wirklich unangenehm war, dass ich ihn mit einem Mädchen gesehen habe. ,,Dein T-Shirt ist falsch herum", wies ich ihn darauf hin und umfasste meine heiße Tasse.

,,Oh", sagte er und schaute runter auf sein T-Shirt. ,,Egal."

,,Hör zu", sagte ich und richtete meinen Blick auf einen kleinen Jungen, der vor uns an einem Tisch mit seiner Familie saß. Auf seinem Kopf trug er ein blaues Tuch, also konnte ich mir schon denken, wieso er hier war. Traurig schaute ich wieder weg. ,,Du brauchst dich nicht zu entschuldigen und auch nicht zu rechtfertigen, okay?"

,,Ich weiß", sagte er nickend. ,,Trotzdem wäre es mir lieber, du hättest uns nicht gesehen."

Ich lächelte gezwungen. ,,Dann solltest du dein Zimmer wohl besser abschließen."

Er wollte etwas erwidern, doch dann kamen Dad und Sally in die Caféteria und ich schaute auf.

,,Hey", sagte er und setzte sich neben uns, während Sally stehenblieb. ,,Isabelle bleibt noch ein bisschen, aber ich denke, wir sollten fahren. Wir kommen morgen wieder."

,,Sie ist echt besorgt", sagte ich und trank einen Schluck von meinem Kaffee.

,,Ja, natürlich. Das war ich auch, als ich hörte, dass du im Krankenhaus liegst", meinte Dad und ich schaute auf meine Kaffeetasse. Natürlich erinnerte ich mich daran als ich im Krankenhaus aufwachte, weil ich wegen Kreislaufproblemen ohnmächtig geworden war - deshalb hatte ich mich ja erst dazu entschieden, nach Deutschland zu gehen.

,,Aber Leah wird wieder", sprach er weiter. ,,Sie ist ein starkes Mädchen. Liegt wohl in der Familie." Er grinste, um uns ein wenig aufzuheitern und ich grinste ihm zuliebe zurück.

***

Ich konnte nicht schlafen. Leah schwirr mir immerzu durch den Kopf und ich fragte mich, was gewesen wäre, wenn es schlimmer ausgegangen wäre. Was, wenn das Auto nicht rechtzeitig gebremst hätte? Oder was, wenn sie anders aufgekommen wäre und mehr als 'nur' eine schwere Gehirnerschütterung und ein gebrochenes Bein hätte? Was, wenn sie jetzt tot wäre?

Ich stieg aus meinen Bett und ging nach unten, da ich noch Geräusche hörte. Da Dad und Sally sich vorhin schon von mir verabschiedet hatten, konnte es nur Damian sein. Tatsächlich saß er auf der Couch und zockte irgendein Videospiel.

Wortlos setzte ich mich neben ihm und schaute ihm dabei zu. Dass ich wieder diese dämliche Schlafshorts anhatte, fiel mir erst später auf, doch im Grunde war es mir nicht so wichtig, in was er mich sah.

,,Du machst mich nervös", sagte er plötzlich in die Stille hinein und ich lachte.

,,Das sehe ich. Du bist am Verlieren."

,,Ich verliere nie", erwiderte er ohne den Blick vom Fernseher zu nehmen und anscheinend gab er sich wieder sehr Mühe, denn fünf Minuten später hatte er gewonnen.

,,Siehst du?" Er grinste mich an und legte den Controller weg. ,,Es ist halb zwei, wieso schläfst du nicht?"

,,Es ist halb zwei, wieso zockst du?", gab ich die Frage zurück und zog die Augenbrauen hoch. Er sah mir einen Moment in die Augen, bevor er sich anders hinsetzte und antwortete: ,,Ich weiß nicht. Mir ist nicht nach Schlafen."

,,Und ich kann nicht."

,,Wegen Leah?"

Ich nickte. ,,Ich mach mir Sorgen. Die Schwester meinte doch, sie könnte eventuell noch innere Blutungen bekommen."

,,Sie meinte aber auch, dass es ihr eigentlich ganz gut geht", sagte er. ,,Wir müssen abwarten bis sie wieder aufwacht."

,,Kommst du morgen mit ins Krankenhaus?"

,,Ich glaube schon", sagte er. ,,Mira hat morgen Geburtstag. Sie hat mich und die Jungs eingeladen, aber ich weiß noch nicht, ob ich hingehen werde."

,,Sie wird 18, stimmts?" Ich fragte mich, ob Mira sich verändert hatte. Außerdem erinnerte ich mich daran, dass Damian auch mal mit ihr geschlafen hatte. Ob sie es wieder getan haben?

,,Ja. Und wie ich sie kenne, wird sie es so richtig feiern."

,,Du stehst doch auf Parties", meinte ich lächelnd. ,,Ihre wird bestimmt cool."

,,Willst du mit?", fragte er mich aufeinmal und sah mich an.

,,Was, ich? Oh nein!" Ich lachte auf. ,,Niemals."

Damian grinste. ,,Bist wohl immer noch kein Fan von Parties, oder?"

,,Werde ich auch nie werden", stimmte ich zu. ,,Bis jetzt ist auf jeder irgendwas Dummes passiert."

Damian schaute mich argwöhnisch an. ,,Eh, das glaub ich dir nicht. Zähl mal auf."

,,Da wäre die erste Party, auf die ich je war - bei Justin. Dieses scheiß Flaschendrehen, erinnerst du dich?"

,,So scheiße fand ich das gar nicht", sagte er und zog anzüglich eine Augenbraue hoch.

,,Trotzdem war es peinlich. Diese ganzen Idioten um uns herum, die irgendwas gerufen haben, jedenfalls." Dort hatten Damian und ich unseren ersten Kuss. Meine Pflicht war es, Damian zu küssen oder ich musste strippen, und Damian hatte sich dafür 'aufgeopfert', mich zu küssen. Ich wusste noch, wie toll ich es fand. ,,Außerdem haben wir damit Leah verletzt."

,,Ah, und an dem Abend bist du über die Treppe gestolpert und auf mich gefallen." Er lachte. ,,War auch ziemlich lustig."

,,Für dich vielleicht! Das schöne und vorallem geliehene Kleid ist in zwei Teile gerissen!" Trotzdem grinste ich.

,,Okay, weiter."

,,Dann die Party, die du gegeben hast als Dad und Sally weg waren. Wir wurden im Keller eingesperrt."

,,Selbst das ist im Nachhinein gar nicht mehr schlimm", meinte Damian mit einer gewissen Genugtuung in seiner Stimme. An diesem Abend haben wir uns erst geküsst (mehrmals) und dann haben wir uns gestritten und am Morgen darauf ist er beleidigt abgehauen.

,,Und deine Geburtstagsparty", sagte ich. ,,Als ich mit Justin draußen war und dieser Typ - Maik, hieß er glaube ich - diesen Jungen angegriffen hatte." Wegen ihm hatte ich einen blauen Fleck auf der Schulter, da er mich mit seiner Faust getroffen hatte.

,,Okay, das war wirklich scheiße, abeeer die Nacht hatte doch ein ziemlich gutes Ende gefunden." Nämlich in Damians Bett. Wo wir rumgemacht hatten. Meine Wangen färbten sich rot, was man zum Glück in dem dämmrigen Licht hier nicht sehen konnte.

,,Und dann nochmal Justins Party ..." Schnell sprach ich weiter, da ich nicht darüber sprechen wollte, wie das ganze Drama mit Sophie angefangen hatte. ,,Und dann in Deutschland, da war ich auch einmal auf einer Party. Ich bin von einem Barhocker gefallen und hab mir dabei beide Knie aufgeschrammt. Nicht weil ich besoffen war, sondern weil ich hängengeblieben bin. Parties sind scheiße", beendete ich das Thema, bevor es peinlich für mich wurde.

,,Das sagst du nur so."

Als Antwort seufzte ich.

,,Ich habe es mir übrigens überlegt", sagte er.

,,Was hast du dir überlegt?"

,,Der ganze Trauzeugen-Scheiß."

Ich wusste wirklich nicht, was er jetzt sagen würde. Er könnte genauso gut nein sagen, wie er ja sagen könnte - ich erwartete beides.

,,Und?", fragte ich gespannt als er nicht weiterredete. Er kratzte sich am Hinterkopf und nickte.

,,Ja", seufzte er. ,,Ich werde es tun."

,,Wirklich?"

Er nickte.

,,Das wird sie sehr freuen, weißt du", sagte ich und war aus irgendeinem Grund sehr stolz auf ihn. Sicherlich war es eine schwere Entscheidung gewesen.

,,Deshalb tue ich es ja auch. Ich will zur Abwechslung mal ein guter Sohn sein."

,,Ich denke nicht, dass du je ein schlechter warst." Auch wenn die beiden sich mal ärgerten, ich wusste, dass Sally Damian sehr liebte. War ihm das etwa nicht bewusst?

,,Keine Ahnung", murmelte er. ,,Was macht man als Trauzeuge?"

,,Eigentlich plant man ja alles mit und so, aber Dad meinte, das brauchen wir nicht. Wir sind schließlich ja noch "Kinder". Wahrscheinlich werden wir bloß die Ringe halten und oben nett neben ihnen stehen oder so."

,,Denkst du, ich kann in Jeans und T-Shirt gehen?", scherzte er.

,,Klar, wieso nicht gleich in Unterwäsche?"

,,Och, ich glaube da hätte keiner der Anwesenden was gegen", grinste er. ,,Aber ich will Mum ja nicht die Show stehlen."

,,Wie überaus aufmerksam von dir!"

,,So war ich schon immer", meinte er und klopfte sich auf die Brust. Dann gähnte er.

,,Ich sollte schlafen gehen."

Ich nickte. ,,Okay."

,,Kommst du mit? Also nach oben?" Er kratzte sich am Hinterkopf und wartete verlegen meine Antwort ab, aber ich schüttelte den Kopf.

,,Nein, ich bleib noch ein bisschen sitzen."

,,Okay. Dann gute Nacht."

Er ging und ich blieb sitzen. Ich war müde, doch ich wusste, wenn ich jetzt die Augen schließen und mich auf der Couch zusammenrollen würde, dann könnte ich nicht einschlafen. Also ließ ich es bleiben und starrte in die Dunkelheit bis ich mich dazu entschied, Fernseher zu gucken.

Es liefen ein paar alte Wiederholungen und Kinderserien, obwohl ich mich fragte, warum die um diese Uhrzeit liefen, doch trotzdem schaute ich sie mir in leiser Lautstärke an bis ich gegen vier Uhr endlich einschlief.

***

,,Aufwachen, Schlafmütze."

Ich zuckte zusammen und schreckte hoch, da die Stimme ziemlich dicht an meinem Ohr war. Böse schaute ich Dad an, der zurückwich und lachte.

,,Was machst du denn hier unten?"

,,Ich habe geschlafen", erklärte ich ihm das Offensichtliche und fuhr mir durch meine wirren Haare. Mit verklebten Augen schaute ich zu ihm hoch. ,,Wie spät ist es denn?"

,,Zwölf Uhr", antwortete er. ,,Wir wollen gleich zu Leah fahren. Also mach dich fertig."

Ich nickte und stand auf, um schleppend ins Bad zu gehen. Da in dem unteren Sally drin war, ging ich die Treppe hoch, damit ich ins obere konnte, doch da begegnete ich Damian, der gerade aus der Dusche gekommen war und sich ein Handtuch um die Hüfte wickelte, gerade rechtzeitig.

,,Oh Gott!", rief ich und hielt mir schnell die Augen zu. ,,Es tut mir leid!"

Ich hörte ihn rau lachen. ,,Mir nicht. Du kannst wieder gucken, ich bin nicht nackt."

Ich linste zwischen meinen Fingern hindurch und sah, dass Damian nach seiner Zahnbürste griff, also stellte ich mich neben ihn und gab mir Mühe, kein Blick im Spiegel auf seinen nackten Oberkörper zu werfen. Es fiel mir schwer.

,,Du solltest wirklich mal lernen, die Türen abzuschließen", sagte ich und befeuchtete die Borste meiner Zahnbürste.

,,Und du solltest lernen, anzuklopfen", erwiderte er etwas undeutlich mit der Zahnbürste im Mund.

Ich schnaubte. ,,Musst du gerade sagen!"

Er grinste und dann putzten wir schweigend unsere Zähne. Als er fertig war, scheuchte ich ihn raus und schloss die Badezimmertür ab, damit ich schnell duschen und mich fertig machen konnte.

Eine Dreiviertelstunde später waren wir dann bei Leah.

Sie war wach und Isabelle saß mit einem kleinen Lächeln neben ihr am Bett. Ich lief zu ihr und setzte mich neben ihr aufs Bett, nahm ihre große Hand in meine und mir fielen tausend Steine vom Herzen, als ich sie lachen sah.

,,Ihr tut ja alle so als wäre ich tot gewesen!", sagte sie zu mir und blickte dann zu Damian, Sally und Dad, die hinter mir auftauchten. ,,Oh, hey ihr!"

Sie begrüßten sie und ich fragte: ,,Wie geht es dir denn?"

,,Super. Naja, mein Bein tut weh. Und mein Kopf. Meine Stirn pocht auch 'n bisschen, aber sonst kann ich mich nicht beschweren. Ich will so schnell wie möglich hier raus."

,,Du hättest tot sein können, Leah."

Leah rollte mit den Augen und sah ihre Mum an. ,,Hätte, hätte, Fahrradkette. Mir geht es aber wirklich gut, Mum."

,,Trotzdem solltest du noch ein bisschen hierbleiben, damit die Ärzte sicher sein können, dass es dir gut geht", widersprach Isa.

,,Da muss ich ihr Recht geben", pflichtete Dad seiner Schwester bei. Leah wank ab und sah mich wieder an.

,,Bitte sag mir, dass du 'ne Weile bleibst", sagte sie flehend. ,,Ich bin gerade mal seit ein paar Stunden wach, aber es ist so sterbenslangweilig." Dann deutete sie auf ihr gebrochenes Bein. ,,Und mit dem Klumpen da kann ich auch nirgends hinlaufen."

Ich nickte. ,,Klar, bleibe ich hier."

,,Denkst du, sie ist bis zur Hochzeit wieder draußen?", fragte Dad Isa und ich sah, wie Damian bei der Frage eine genervte Miene zog.

,,Natürlich", beantwortete Leah die Frage selbst. ,,Hab mir schließlich nicht umsonst ein Kleid gekauft. Ich bin froh, dass es lang ist, dann sieht man wenigstens den Gips nicht."

Isa verdrehte die Augen, aber sagte zu Dad: ,,Ja, ich denke schon, dass sie dann wieder draußen ist. Nur das mit dem Tanzen wird leider nichts."

,,Dann wird sich Justin aber nicht freuen", flüsterte ich ihr grinsend zu, weshalb ich mir einen bösen Blick von ihr einfing. Schnell schaute sie sich um, ob es jemand mitbekommen hatte, doch nur Damian blickte zu uns.

,,Mit wem wirst du denn gehen, hm?", fragte Leah mich, nicht halb so leise wie ich es getan habe.

,,Wohin gehen?", wollte Dad wissen.

,,Zur Hochzeit", antwortete Leah und ich zuckte mit den Schultern.

,,Tja, bei mir sind leider keine Angebote offen, so wie bei dir."

,,Was denn für Angebote?" Isa schaute überrascht von mir zu Leah, die aussah als würde sie mich am liebsten erwürgen.

,,Ich weiß nicht. Vielleicht sollten sie Aria auch Medikamente geben, sie redet ein bisschen Unsinn." Sie klopfte neben sich aufs Bett. ,,Könntest dich dann zu mir gesellen."

Ich lachte nur und sagte: ,,Warum nicht?"

***

Damian ging tatsächlich auf Miras Party, denn abends verabschiedete er sich mit einem einfachen ,,Bis später" lautstark von uns allen und war daraufhin verschwunden.

Als Sally uns fragte, ob wir wohl wüssten, wo er hingehen wollte, antwortete ich: ,,Auf eine Geburtstagsparty."

,,Aha", sagte sie. ,,Er treibt sich nur herum."

,,Ich sagte doch, er ist das Gegenteil von dir, Aria", mischte Dad sich in das Gespräch ein.

,,Übrigens hat er sich doch umentschieden!" Sally grinste glücklich. ,,Er möchte jetzt doch mein Trauzeuge bei der Hochzeit sein. Hast du mit ihm geredet?"

,,Nein", log ich. ,,Aber das freut mich für dich!"

Als würde Damians Zusage sie anspornen, fing sie gleich wieder an weitere Hochzeitsvorbereitungen ... nun ja, vorzubereiten.

,,Danke", sagte Dad als nur noch wir beide übrig waren. ,,Dass du mit ihm gesprochen hast. Ich weiß das zu schätzen."

Ich lächelte. ,,Kein Problem."

Ein wenig unterhielt ich mich noch mit ihm und dann nahm ich mir ein Buch und setzte mich damit auf die Terasse. Es war noch immer warm draußen, obwohl es schon gegen acht Uhr abends war. Und solange die Sonne noch am Himmel stand, konnte ich auch problemlos lesen.

Doch nach zwei Stunden wurde es dann doch langsam dunkler und kälter, also verzog ich mich wieder nach drinnen.

,,Wir gehen jetzt schlafen", informierte Dad mich und wedelte mit der Hand, bevor er Sally nach oben folgte.

,,Gute Nacht", rief ich ihm hinterher und schnappte mir Dads Laptop, der gerade dabei war, herunterzufahren. Also wartete ich, um ihm sofort wieder anzuschmeißen. Ich legte mich damit aufs Sofa und verbrachte die nächsten Stunden damit, einen Film (der echt gut war) zu schauen und auf Tumblr ein wenig herumzuschauen. Nebenbei schrieb ich mit Lily auf Facebook, doch irgendwann antwortete sie mir nicht mehr, woraus ich entnahm, dass sie eingeschlafen war.

Ich war gerade dabei mir ein Vampire Diaries-gif anzuschauen, als ich hörte, wie jemand dreimal versuchte, den Schlüssel ins Schlüsselloch zubekommen. Damian war wohl wieder da.

Ich stand auf, richtete mein verrutschtes T-Shirt und ging barfuß zur Tür, um sie zu öffnen, bevor er das Schlüsselloch weiter misshandeln konnte.

,,Hi", sagte ich und musterte ihn, bevor ich zurück ins Wohnzimmer tappste und den Laptop auf meinen Schoss nahm. Ich hörte, wie er sich seine Schuhe auszog und den Schlüssel laut auf die Kommode schmiss, bevor er zu mir ins Wohnzimmer kam und sich auf den Sessel schmiss. Irgendwas stöhnte er vor sich hin.

,,Du bist betrunken", schlussfolgerte ich.

,,Nein, bin ich nich'", nuschelte er. ,,Okay, vielleicht ein bisschen." Er hielt Daumen und Zeigefinger auseinander und grinste. ,,Aber nicht so sehr, wie Sidney. Den habe ich nämlich noch nach Hause gebracht!"

,,Nett", kommentierte ich, ohne den Blick von dem Laptop zu nehmen. Ich mochte es nicht, wenn man betrunken war.

,,Da is' wohl jemand sehr sarkastisch aufgelegt ... ", sagte er leise und unverständlich.

,,Besser sarkastisch als betrunken", gab ich zurück. ,,Wie war die Party?"

,,Guuuut", sagte er begeistert. ,,Wirklich seeehr gut. Ina hat wieder gestrippt und hat sich dabei übergeben. War ganz lustig." Er lachte vor sich hin.

,,Das freut mich", sagte ich und wechselte auf meine Facebookseite, da ich sah, dass mir jemand geschrieben hatte. Ich stutze, als ich sah, dass es Jonas war.

Jonas: Aria?

Wieso schrieb er mir denn? Er war nicht einmal gekommen, um mich am Flughafen zu verabschieden, also wieso jetzt? Doch da ich ihm nicht wirklich böse war, schrieb ich zurück.

Aria: Ja

Aria: Hey :I

,,Wer ist denn so viel interessanter als ich?", wollte Damian wissen und kam zu mir, legte einen Arm hinter mich auf die Sofalehne und schaute auf den Laptopdisplay, bevor ich es wegziehen konnte.

,,Oh, Jonaaas", sagte er und nickte wissend. ,,Verstehe, verstehe."

,,Du solltest schlafen gehen", sagte ich und schaute ihn an. Seine Augen waren vom Alkohol ein wenig gerötet und er sah ziemlich fertig aus, dennoch immer noch attraktiv. Sein Haar hing ihm in die Stirn, aber mir fiel auf, dass er sich wieder rasiert hatte. Seine vollen Lippen waren leicht geöffnet und ich wusste, dass er auf einem Kaugummi kaute, da es nach Erdbeere roch. Kopfschüttelnd wandte ich den Blick ab. ,,Wirklich."

Damian beobachtete mich, während ich den Laptop zur Seite legte und sagte: ,,Du solltest mich nicht so anschauen, wenn du mit ihm schreibst, weißt du?"

,,Wie gucke ich dich denn an?" Meine Wangen färbten sich rosa, da er offensichtlich mitbekommen hat, wie ich ihn angestarrt habe.

,,Naja ... halt so, wie du es nicht tun solltest, wenn du mit deinem Jonas schreibst." Er lachte und ich fragte mich, was daran so lustig war.

,,Ich schaue dich nicht so an", murmelte ich. ,,Außerdem ist er nicht mehr "mein Jonas"."

Mit seinem Kinn deutete er auf Dads Laptop. ,,Und wieso schreibt ihr dann?"

Ich zuckte mit den Schultern. ,,Das wollte ich soeben herausfinden."

Damian wich ein Stück zurück und ich erwartete, dass er sowas sagte, wie: ,,Dann lass ich dich mal in Ruhe herausfinden" oder ,,Dann kümmer dich mal um deinen Jonas", doch er lenkte das Thema in eine ganze andere Richtung.

,,Habe ich dir eigentlich erzählt, warum ich mit Sophie Schluss gemacht hab?"

Ich schüttelte den Kopf und sagte: ,,Damian, bist du sicher, dass du das morgen früh nicht bereuen wirst? Du bist wirklich nicht ganz bei Sinnen."

Er schaute mir direkt in die Augen und dann auf meine Nase und meine Lippen, bevor er grinste und mir wieder in die Augen blickte. Ich war etwas verwirrt, ließ mir aber nichts anmerken. Zumindest versuchte ich das.

,,Ist doch egal", sagte er schließlich. ,,Ich bereue sowieso schon zu viel."

,,Du willst die Liste also noch länger machen?"

,,So schlimm ist es auch nich'." Er überlegte. ,,Oder doch. Naja, willst du es nun hör'n?"

Ich weiß nicht, wollte ich es? Ich hatte ein bisschen Angst, doch ich nickte. Es interessierte mich.

Er seufzte, veränderte seine Sitzposition und legte den Kopf zurück, um an die Decke zu starren. ,,Wooo soll ich bloß anfangen?"

Was hatte er alles getrunken? Soweit ich mich erinnern konnte, hatte ich ihn bis jetzt nur zweimal richtig betrunken erlebt: Das erste Mal, als er gerade neu hergezogen war und mit Mike trinken war. An dem Abend wollte ich ihm mit einem Teller eins überpfeffern, da ich dachte, es wäre ein Einbrecher, doch in Wahrheit war es nur ein sehr betrunkener Damian gewesen. Und das zweite Mal war jetzt.

,,Ich kam 34 Tage nach deiner Abreise mit ihr zusammen. Ich wollte es probieren und anfangs hat es auch eeecht gut klappt. Also das dachte ich zumindestens. Aber wenn ich jetzt zurückdenke, dann weiß ich, dass das nich' die Wahrheit war. Ich hatte bisdahin eigentlich nie eine richtige Beziehung gehabt und ich wusste auch, warum: Ich hasse es."

Es tat weh, sowas zu hören und ich schaute kurz weg, aber er fuhr fort ohne etwas zu Bemerken.

,,Ich bin einfach nicht der Beziehungstyp. Doch ich wollte es trotzdem mit ihr versuchen, weil ich ja Gefühle für sie hatte. Aber ich war nicht glücklich mit diesem scheiß Beziehungsgedöns. Es stresste mich. Und dann war da der Abend, an dem wir Sex hatten. Und da wurde mir klar, warum es mit uns nichts werden konnte." Er holte tief Luft und sah jetzt auch weg. Er sah mich nicht an, als er weiter sprach: ,,Nicht weil sie schlecht im Bett is' oder so. Sondern weil ich nicht wollte, dass Sophie da liegt. Ich wollte nich' sie küssen und ich wollte auch nich' mit ihr ins Kino gehen, um irgendein Scheißfilm zu gucken. Mir wurde klar, dass ich ... dass ich vielleicht nur in diese Erinnerungen an sie von früher verliebt war. Schließlich war sie meine erste große Liebe und sie ist immer noch ein toller Mensch, doch - naja."

Er verstummte und ich sagte nichts. Meine Gedanken wirrten nur so umher. Plötzlich hörte ich ihn leicht lachen. ,,Willst du denn gar nicht wissen, wen ich da lieber hätte liegen sehen? Dich. Und das ist der Punkt, den ich morgen früh sicherlich bereuen werde, denn findest du nicht, dass ich heute ziemlich ehrlich bin? Scheiß Alkohol." Er lachte erneut. ,,Aber es stimmt. Es hat mit Sophie nicht geklappt, weil ich immer nur an dich gedacht habe. Non stop. Das war auch schon so als ich das mit Leah hatte und mir hätte klar sein sollen, dass es auch diesmal mit Sophie so sein würde. Ich war einfach ein Wichser, weil ich es nicht gemerkt habe und dich habe gehen lassen. Das wurde mir aber erst später klar. Ich bin ein verdammter Wichser." Den letzten Satz nuschelte er ein wenig vor sich hin.

Ich schaute ihn an und meine Lippen zitterten wegen seines Geständnisses. Seine Augen wirkten nicht mehr ganz so glasig als hätte seine kleine Rede ihn etwas weniger betrunken gemacht.

Damian lachte leise. ,,Du musst nichts dazu sagen", sagte er, schaute mich aber dennoch abwartend an.

,,Ich - ich", stotterte ich. ,,Ich weiß nicht -"

Er nickte. ,,Schon klar. Ich versteh's."

,,Ich bin gerade einfach so verwirrt. Keine Ahnung - ich meine, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll", gestand ich. Mit so etwas hatte ich heute Nacht ehrlich nicht gerechnet. Ich wusste nicht einmal, wie ich mich bei seinem Geständnis fühlen sollte - selbst meine Gefühle waren im Moment einfach nur durcheinander. Der Junge verstand es echt, andere zu überrumpeln.

,,Okaaaay. Ich geh jetzt mal ins Bettchen." Er grinste immer noch vor sich hin. Anscheinend schien es ihm wirklich nicht viel auszumachen, dass ich nichts zu sagen hatte. ,,Außerdem versucht dich ja jemand hartnäckig zu erreichen." Er deutete mit dem Kopf auf den halbgeschlossenen Laptop, doch ich wandt den Blick nicht von ihm ab, während er sich aufstützte, um vom Sofa aufzustehen.

Es war Damian, der dort vor dir stand, Aria! Wieso konnte ich denn nicht irgendeine gute Antwort geben? Schließlich war er so, so ehrlich zu mir gewesen ... und ich stammelte da irgendwas vor mich hin.

Bevor ich nachdenken konnte, hörte ich mich schon sagen: ,,Damian?"

Als er sich schließlich nochmal umdrehte und mich mit hochgezogenen Augenbrauen fragend anschaute, wurde ich leicht panisch. Ja, was sollte ich denn jetzt sagen? Ich wusste es nicht. Ich hatte so viele Fragen an ihn und wollte ihm so viel sagen, erzählen, doch das alles wäre für den jetzigen Moment nicht der richtige Zeitpunkt. Also war alles, was ich sagte: ,,Gute Nacht." Ich lächelte und bekam sein schiefes Grinsen zurück.

,,Nacht."

Ich schaute ihm hinterher, wie er schließlich über die Treppe verschwand und starrte dann ein wenig vor mich hin.

Damian hatte mich nicht vergessen. Er hatte mich tatsächlich die ganze Zeit über vermisst. Irgendwas regte sich in meinem Inneren und ich wurde so emotional, dass ich locker anfangen könnte, zu heulen. Er hatte mich vermisst! Und wegen mir mit Sophie Schluss gemacht, seine erste große Liebe und -

Eine Bewegung auf dem Laptopdisplay riss mich aus meinen Gedanken und ich öffnete den Laptop nun wieder ganz, nur um drei Nachrichten von Jonas zu lesen. Sie waren auf Englisch.

Jonas: Ich schätze, du bist wieder gut in England angekommen?

Jonas: Ich wollte mich mit dir aussprechen ... also nur, wenn du möchtest natürlich. Ich weiß, dass es nicht okay von mir war, mich nicht von dir zu verabschieden, aber ich war so verletzt ...

Jonas: Aria?

Ich wischte mir mit der Handfläche übers Gesicht und tippte hastig eine Antwort.

Aria: Sorry war abgelenkt, bin wieder da

Sofort las er es, aber ich schrieb weiter.

Aria: Ist schon okay. Aber klar, wenn du reden willst

Jonas: Kann ich dich anrufen?

Aria: Es ist schon spät und es schlafen schon alle ...

Eigentlich war es nur eine Ausrede. Die Wahrheit war, wenn ich Jonas' Stimme hören würde, dann bekäme ich nur noch mehr Schuldgefühle ihm gegenüber und darauf wollte ich echt verzichten. Ich wusste schließlich, dass ich ihm mit der plötzlichen Trennung verletzt hatte und dabei wusste er ja nicht einmal den eigentlichen Grund.

Jonas: Okay, dann schreiben wir?

Aria: Ja

Aria: Es tut mir wirklich leid, okay?

Jonas: Ja, mir auch. Nur ... ich dachte, es würde wirklich mit uns funktionieren. Dass du wieder nach England gehst, war für mich eigentlich nie ein Problem

Aria: Aber Jonas denkst du wirklich, dass das funktioniert hätte? Uns trennen Länder voneinander

Jonas: Ja und?

Jonas: Ich war immer der Meinung, dass Distanz Liebe nichts anhaben kann

Jonas: Und ich habe dich geliebt. Du bist so ein besonderer Mensch für mich

Aria: Ich wollte nicht, dass dass so mit uns endet. Das musst du mir glauben :(

Aria: Aber wir hätten uns nie gesehen. Vielleicht ein, zweimal im Jahr. Klar, wir könnten skypen und telefonieren, aber macht das eine Beziehung aus?

Da dauerte es ein wenig bis er wieder schrieb.

Jonas: Ich mache dir doch keine Vorwürfe. Jedenfalls wollte ich das nicht.

Jonas: Und du bist dir sicher, dass du uns keine Chance mehr gibst?

Aria: Es würde nicht funktionieren, Jonas ...

Jonas: Kann ich dich was fragen?

Aria: Ja :/

Jonas: Hast du mich geliebt?

Ja, Aria, hast du das? Je mehr ich darüber nachdachte, desto weniger wusste ich, was ich gefühlt hatte. Ich wusste, dass Damian immer irgendwo in den hintersten Ecken meines Gehirnes rumhing, doch hieß das, dass ich Jonas deshalb nicht lieben konnte? Er hatte mir immer geholfen, hatte mich oft zum Lachen gebracht, und bei ihm, Lily, Candice und Anna war ich so glücklich wie noch nie. Aber war das wirklich Liebe? Hatte ich wirklich so gefühlt ... wie bei Damian?

Nein. Nicht so wie bei Damian. Doch er hatte mir auf jeden Fall viel bedeutet. Und auch, wenn sich das jetzt scheiße anhörte: Ich denke, dass ich Jonas wie einen Bruder geliebt hatte. Nur war mir das erst jetzt klar geworden. Deshalb wählte ich meine Worte auch mit Bedacht.

Aria: Ja

Aria: Aber nicht so sehr, wie du es verdient hast

Aria: Deshalb hätte das auch nicht mit uns als Paar funktioniert :(

Jonas: ... wenigstens bist du ehrlich

Jonas: Gibt es da jemand anderen?

Aria: Wie kommst du darauf?

Jonas: Ich mein ja nur. Kann ja sein.

Jonas: Du kannst mir die Wahrheit sagen :-)

Aria: Ja

Jonas: Okay

Jonas: Gegen ihn komme ich dann sowieso nicht an

Jonas: Ich meine, er ist bei dir in England und ich bin hier ... außerdem war er bestimmt der eigentliche Grund, warum du mit mir Schluss gemacht hast

Aria: Jonas, du bist ein so toller Mensch! Und das meine ich ernst

Aria: Aber ich kann da auch nichts für ... ich habe es mir nicht ausgesucht

Jonas: Ich weiß. Ich muss jetzt mal langsam ins Bett. Danke, dass du so ehrlich warst

Jonas: Gute Nacht

Er schickte noch einen Smiley hinterher und dann ging er sofort offline. Ich schrieb noch eine Antwort, dann fuhr ich den Laptop herunter und legte ihn beiseite.

Jetzt fühlte er sich auch noch betrogen. Ich könnte jetzt wirklich heulen. Ich hasste es, Menschen so zu enttäuschen und zu verletzen. Ich fühlte mich einfach nur schlecht und wünschte, irgendwer könnte mich jetzt ablenken. Doch es war zwei Uhr nachts, da konnte ich nicht zu viel erwarten. Also nahm ich mein Handy und schleppte mich nach oben, wo ich mich sofort ins Bett schmiss. Ich setzte meine Brille ab und legte sie beiseite und dann schloss ich die Augen.

Erst Damian, dann Jonas - ich war echt fertig mit den Nerven. Ich strich mir meine viel kürzeren Haare aus dem Gesicht und kaute auf meiner Lippe herum.

Lily bräuchte ich jetzt. Sie würde mir zuhören und mir dann Antworten geben, die genau richtig wären. Aber leider war sie - genau wie Jonas - nun mal einige Stunden von mir entfernt.

Ich drehte mich müde zur Seite und versuchte über schöne Dinge nachzudenken. Am Ende hatte ich Candice und ihren Ex-Freund vor meinen Augen, wie sie sich an einem Tag so doll in die Haare kriegten, dass Candice rote Flecken auf ihrem Gesicht bekam und ihre Stimme mindestens fünf Oktaven höher sprang. Doch man musste ihr lassen, dass sie gut (und vorallem heftig) argumentieren und diskutieren konnte und auch nie locker ließ, sodass ihr Ex ziemlich einstecken musste.

Lily und ich haben uns im Hintergrund dezent den Arsch abgelacht.

Und mitten in diesen Erinnerung schlief ich schließlich leicht grinsend ein.

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