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*Irgendwo bei einer kleinen Stadt, im Nirgendwo im Niemandsland*

Manchmal übertreibe ich wirklich, aber es ist nun mal die Wahrheit, ich meine, was soll man machen, wenn man in einen kleinen Haus wohnt umgeben von Bauerhöfen und Weiden, Felder und Kühen? Es ist wirklich nicht spannend hier. Wir haben eine Schule. Die ist aber gleichzeitig, Grund-, Haupt-, Realschule und Gymnasium. Und nach der Schule ist es das Pfarramt und Gemeindehaus. Super. (Bitte höre die Ironie!)

Es gibt hier fünf große Familien. Die Kühnes, Behrens, Asches, Matthies und wir, die Browns.

Wir haben uns auf die Milch und Käse Wirtschaft beschränkt. Kühnes sind auf Landwirtschaft, Matthies auf Schweine Zucht und Schlachterei beziehen. Asches mahlen das Getreide von Kühnes und Backen davon Brot und verkaufen es und Behrens macht irgendwie alles von allem irgendwie. Niemand weiß so genau, was sie machen.

Ich wohne mit meinen Eltern und vier Märkte und fünf Knechte bei uns auf einen Hof. Für mich heißt es meistens mit helfen und Arbeiten. Lieber würde ich wie andere Mädchen aus meinen Dorf mit dem neusten Smartphone angeben oder einfach nur Chillen. Aber nein, ich muss mit arbeiten.

"Emma! Kommst du?", rief meine Oma. Ja, die hilft hier bei uns auch noch mit. Genervt stöhnte ich auf.

"Jaha.", antwortete ich ihr und strich mir eine meine bunten Strähnen weg. Oma hasst es, das ich mir meine Haare so bunt gefärbt habe, aber meine Eltern haben mir erlaubt, das ich mir meine Haare färben darf, so wie ich will. Einfach weil sie die Einstellung haben, Ich muss ja damit rum laufen und nicht sie. Als ich dann vom Frisur kam haben sie zwar geschluckt, aber nichts darauf erwidert.

Oma stand mit missbilligen Blick vor dem Kuhstall und verkniff sich deutlich ein Kommentar. "Oma, sag.", meinte ich schließlich und freute mich schon innerlich, wenn meine Oma mal wieder an die Decke ging. Niemand geht besser an die Decke als meine Oma.

"Wie konntest du nur so deine wunderschönen blonden Haare nicht mögen? Und nun hast du so einen komischen Kuhmist auf deinem Kopf.", meckerte sie und schlug die Hände über ihren Kopf zusammen und nahm mich in den Arm. Ich erwiderte die Umarmung. Auch wenn Oma echt Schräg ist, ich meine sie beleidigt meine Haare als Kuhmist, habe ich sie immer noch lieb.

"Du Oma. Gestern waren meine Haare aber noch Schweinemist.", lachte ich und löste mich von ihr.

"Ja das stimmt. Aber du musst die Kühe noch heute Abend Melken und ihnen Heu geben.", meinte sie. Dann verschwand sie ins Haupthaus. Leise hörte ich ihr gemeckerte: "Hoffentlich macht es Magrit ihr nicht nach." Ich schüttelte lachend meinen Kopf und betrat den Stall.

Magrit ist meine Cousine und beste Freundin. Ich schnappte mir einen Eimer und fing Berta zu melken. Warum Berta einen Namen hat, weiß ich nicht, denn normalerweise, haben die Kühe hier keinen Namen. Als der Eimer voll war, schütte ich ihn in einen Milchkrug. Dann fing ich an die anderen Kühe an die Melkmaschine an zu schließen. Immer wieder frage ich mich, warum wir Berta altmodisch melken müssen, aber meine Eltern rücken einfach nicht mit der Sprache raus.

Als die ersten Kühe durch waren, fing ich an ihnen Futter in die Kruge zu schütten. Unsere Kühe stehen nämlich das ganze Jahr draußen und haben auch noch ihre Hörner. Drinnen war der zweite Durchgang fertig und ich fing an den dritten Durchgang an zuschließen. Als mein Dad zu mir stoß. "Ich mach das hier schnell zu Ende und du gehst rein.", meinte er und ich nickte. Endlich.

Ich wusch meine Finger und begab mich ins Hausinnere. Dort streifte ich meine Gummistiefeln von meinen Füßen und rannte in die Küche, wo die Mägde und auch die Knechte schon am Tisch saßen. Mom und Oma standen am Herd und unterhielten sich flüsternd. Ich verstand nur die Wörter: Versammlung, Morgen, Rudel. Keine Ahnung was das heißen soll. "Hallo.", rief mein Dad und trat nun in die Küche. Oma und Mom sahen auf und lächelten sich kurz an und setzten sich an den Tisch. Ich und Dad setzten uns ebenfalls an diesem und jeder bekam eine Scheibe Graubrot und etwas Butter.

"Wie war euer Tag so?", fragte Mom mich und Dad. Ich verdrehte genervt die Augen und biss in mein Brot hinein. Meine Eltern führten eine Konversion und ich blendete alles aus. "Emmi. Geh ins Bett. Sofort.", meinte auf einmal mein Dad und starrte zum Fenster hinaus. Verwirrt sah ich ihn an. Stand aber auf und geh hoch in mein Zimmer.

Dort ließ ich mich auf meinen Drehstuhl fallen und seufzte mehr. Jetzt war mir langweilig. Mein Blick fällt auf meinem Schreibtisch und auf meine Hausaufgaben. Mürrisch machte ich diese und packte vorbildlich meine Tasche für den morgigen Schultag.

Müde zog ich mein Schlafanzug an und tapste in das altmodische Badezimmer. Putzte meine Zähne und ging dann wieder zurück in mein Zimmer und schmiss mich auf mein Bett und warte. Mein Wecker zeigte mir, dass ich seit einer dreiviertel Stunde warte. Ich setzte mich auf und lauschte. Nichts war zu hören. Langsam schlich ich mich aus meinem Bett und aus mein Zimmer, um nach unten zu schleichen, wo noch Licht brennt. "Morgen, will ER wirklich zurück kommen?", ertönte die Stimme meines Vaters. "Verdammt.", meinte er und schlug auf den Tisch. Mutter muss wohl genickt haben. "Willst du es ihr sagen?", fragte er sie und ich wartete auf eine Antwort. Doch es kam keine. Entweder beide haben genickt oder einer.

"Ich sollte nach ihr sehen.", fing meine Mutter an und ich hörte das Sofa knarren. Panik brach in mir aus und ich wollte schon nach oben hasten, als die Stimme meines Vaters sie unterbrach. "Lass sie, sie ist schon groß genug und kann auch ohne Gute Nacht Kuss schlafen. Mutter und ich haben sie heute extra viel machen lassen, damit sie müde ist."

"Ich weiß ja nicht. Aber wahrscheinlich hast du recht.", meinte meine Mom und setzte sich wieder hin. "Ich habe bloß angst, das ER sie mir weg nimmt."

"Das wird ER schon nicht."

"Was macht dich da so sicher?"

"ER wird sie nicht mal zu Gesicht bekommen. ER wird sie niemals sehen. Und wenn wir getötet werden sollten, wissen wir, dass wir alles versucht hatten."

WTF? Mein Vater redet vom Töten? Und wer war ER? Was ist so schlimm an IHM? Warum soll mich ER nicht zu Gesicht bekommen? Warte sind das Schritte? Ja. Schnell in mein Zimmer! Ich hastete hinauf und schloss meine Tür und legte mich in mein Bett und schloss meine Augen. Keine fünf Minuten später wurde die Tür geöffnet und meine Eltern traten ein.

"Siehst du Schatz? Emma schläft. Sie kann auch ohne deine Gute Nacht Küsse einschlafen. Mach dir nicht immer Sorgen um sie. Sie ist schon groß.", meinte Dad.

"Dennoch ist sie mein Baby. Sie ist so zerbrechlich."

"Das war sie damals. Heute ist sie 17 Jahre alt und in einem Jahr 18. Sie wird immer dein kleines Baby bleiben, aber auch diese werden groß."

"Hast ja recht. Aber ich sehe sie immer noch als kleines Kind, was mit Berta gespielt hat, als wäre sie ein Hund und nicht eine Kuh. Ich meine sie hat der Kuh sitz bei gebracht."

Das leise Lachen meines Vater konnte ich noch hören, bevor ich in meine Traumwelt verschwand.

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So ich hoffe ihr mögt dieses kleines Kapitel.

Schreibt es doch mal in die Kommentare, ob ihr auch immer von eurer Mutter ein Gute Nacht Kuss bekommen habt.

Also ich kriege ihn ab und zu immer noch. ☺

Eure Julia

Irgendwo zwischen Liebe und MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt