would be too bad if

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  Mein Schrei schien nicht zu enden. Viel zu laut und schrill erschien er in dem totenstillen Raum. Mein Körper schien nicht zu reagieren,nur in Zeitlupe bekam ich mit wie meine Hand meinen Mund fand und den Schrei schließlich erstickte. Doch meine Hand konnte nicht auf einer Stelle fokussieren,sie war zu stark am Zittern. Mein gesamter Körper wurde von heftigen Beben durchzuckt,während ein Schauer nach dem nächsten über meinen Rücken lief.
Die Nachricht könnte nicht wahrer sein,sie waren überall.
Beim alleinigen Gedanken daran,dass der Verfasser dieser Nachricht wusste,wie ich schlief,wie ich jede Nacht meine Hand unter das Kopfkissen legte,jedes Mal an die selbe Stelle,ließ meinen Atem für einen kurzen Moment stoppen. Ich merkte wie meine Lunge wieder enger wurde,wie der Platz für die wertvolle Luft wieder knapper wurde. Diese Person musste mich beobachtet haben,während ich geschlafen habe. Wer weiß wobei sie mich noch beobachtet hat,während niemand davon wusste?
Panisch griffen meine Finger ineinander und verschränkten sich auf eine schmerzvolle Art und Weise,die nicht mal mehr zu mir durchdrang. Wenn jemand aus und ein gehen konnte ,obwohl immer jemand im Apartment war,wozu war er noch fähig? Wie weit würde er noch gehen?
Tränen traten in meine Augen,während ich hysterisch versuchte mehr Luft in meine Lunge zu atmen. Meine Fingernägel bohrten sich tief in meine Haut,meine Zähne Bissen sich auf meinen Lippen fest,bis ich nur schwach den salzigen Geschmack von Blut im Mund spürte. Wo war man denn noch sicher,wenn man jedes Mal,wenn man sich geschützt fühlte eines besseren belehrt wurde?
Ich krümmte mich zusammen,das Gesicht in meine Hände gepresst um dieses Bild vor mir nicht mehr sehen zu müssen,als ich erst etwas Leichtes an meiner Schulter spürte und dann merkte,wie jemand meinen zusammengepressten Körper in seine Arme zog.
Erst wollte ich ausschlagen,mich vor dem verteidigen was jetzt kommen würde,wurde dann aber von dem leichten Geruch nach Vanille eingehüllt.
Automatisch schlangen sich meine Arme um ihn,bevor meine ich mich an seinem Rücken festkrallte.
Unter leisen Schluchzern erbebte mein Körper immer wieder aufs neue, trotz seinen beruhigenden Worten an meinem Ohr.
"Sie wissen wie ich schlafe."brachte ich erstickt heraus,während ich nach Luft schnappte. "Sie haben das Amulett gebrochen.Sie wollen uns am Boden sehen."
Josh erwiderte nichts,schaukelte mich einfach nur vor und zurück,so wie man es bei einem Kind machen würde.
Nach und nach wirkte es. Nach und nach konnte ich mich in seinen Armen fallen lassen,wissend ,dass er da war.
Er würde mich niemals fallen lassen.
Behutsam strich er immer wieder über meinen Rücken und flüsterte mir ins Ohr,dass er für mich da war,dass mir nichts passieren würde,bis sich meine Atmung wieder etwas normalisierte und mein Körper nicht mehr zuckte.
"Wie kannst du so ruhig bleiben?"fragte ich dann leise,meine Stimme immer noch leicht am Wackeln.
Es dauerte einen Moment,ehe er mir seine Antwort gab. "Glaub mir,ich bin alles andere als ruhig."
Erst jetzt fiel mir auf,wie auch sein Herzschlag unter meinem Ohr rasend schnell ging.
"Wer auch immer das hier war,war mehrmals ohne bemerkt zu werden in diesem Appartement. Er war während der Nacht hier und hat mich dabei beobachtet,wie ich schlafe."sagte ich nochmal und merkte wie meine Sicht wieder gefährlich glasig wurde.
"Und deswegen ist für mich an diesem Punkt Schluss."erwiderte Josh. "Seit Wochen kann ich ansehen,wie du Drohungen erhältst und dir Leute folgen. Ich muss dir nicht sagen,wie ich mich dabei fühle,das weißt du. Aber unabhängig davon,ob ich jetzt da bin oder nicht,muss das aufhören. Morgen werde ich zur örtlichen Polizei fahren."
"Nein."gab ich sofort zurück und griff nach seinem Arm.
"Warum nicht?"fragte er.
"Was willst du denen erzählen? Hallo ,meine Freundin bekommt Drohbriefe und wir denken,dass es unser Produzent ist,der uns da schikaniert? Und das ganze nur,weil wir eigentlich gar kein Paar sein dürfen? Willst du ihnen das sagen? Das ist lächerlich,das wird nichts bringen."
Auch Josh musste einsehen,dass das nichts brachte. Wir konnten nicht wahllos Leute mit einbeziehen und dann mit den Fingern auf andere zeigen,die vielleicht gar nicht mit an der Sache dranhingen. Wir hatten keine Beweise und konnten kaum etwas vorweisen,von dem sie nicht denken würden,dass wir verrückt seien.
"Und außerdem müssen wir zweimal darüber nachdenken an wen wir uns wenden. Es würde auf jeden Fall an die Öffentlichkeit gelangen und damit könnten wir am Ende sogar noch mehr Schaden anrichten."fügte ich hinzu und strich über seine Hand.
Nach einiger Zeit spürte ich Josh's Nicken und wusste schon so,dass er krampfhaft nach einer Lösung suchte.
"Aber irgendetwas muss geschehen Jen. Wir können nicht unser ganzes Leben mit so einer Angst leben."

Noch lange redeten wir,wägten Möglichkeiten ab,die wir am Ende oft wegen unseres Jobs oder aus anderen Gründen verwerfen mussten. Keiner von uns schlief,als wir uns in den frühen Morgenstunden noch einmal hinlegten. Mit einem bitteren Nachgeschmack hatte Josh das zerbrochene Amulett in eine der Nachttisch Schubladen gepackt und den kleinen Zettel in Tausende Fetzen zerrissen.
"Ich will einfach nur,dass du beschützt bist."hatte er mir zugeflüstert und mir einen Kuss aufs Haar gegeben. Immer wieder hatte ich mich dabei ertappt misstrauisch in die Dunkelheit zu schauen,vielleicht um mich zu vergewissern,dass niemand mir gerade zusah. Aber wie konnte ich da noch sicher sein?

Wenige Stunden später,und doch kam es mir wie eine Ewigkeit vor,standen wir auf und machten uns fertig für einen neuen Drehtag. Trotz Phil's Tod und dem Vorfall von heute Nacht musste dieser Film zu Ende gedreht werden,ob wir wollten oder nicht.
Ich hatte gehofft,mich am Set ablenken zu können,vielleicht von den anderen in eine etwas fröhlichere Stimmung mitgerissen zu werden,doch seit gestern fühlte sich jeder antriebslos,jeder vernahm eine gewisse Art von Trauer und Verlust.
Durch meine Rolle wurde ich noch weiter in dieses Loch gezogen,das sich gestern wieder aufgetan hatte. Dies war etwas,was ich das letzte Mal vor ein paar Jahren,da stand ich noch am Anfang meiner Karriere,erleben musste. Mein damaliger Charakter hatte mich nicht mehr verlassen,die depressive Wahrnehmung hatte komplett auf mich übergeschlagen,und mich nicht mehr losgelassen,ich musste einen Psychologen aufsuchen.
Über die Jahren hatte ich dann gelernt,die Charaktere am Set zu lassen,aus ihnen herauszuschlüpfen und später wieder ich selbst zu sein. Doch gerade an Tagen wie diesen,fühlte ich mich enorm zurückgeworfen und es fiel mir zunehmend schwerer gute Laune zu bewahren.
Mark schien sich wegen gestern wieder erholt zu haben. Er würdigte mich und Josh keines Blickes,sondern schien mir mehr seinem Praktikanten beschäftigt zu sein,der wie Wild alles aufschrieb,was hier am Set geschah.
Francis wiederum war die Trauer über Phil's Tod noch deutlich ins Gesicht geschrieben. Er wirkte blass und leicht zerstreut,gab sich aber die größte Mühe um dennoch einen professionellen Drehtag hinter sich zu bringen.
"Wie ihr wisst,fliegen wir in wenigen Wochen nach Paris,damit wird der Dreh in Atlanta dann abgeschlossen sein. Von euch brauchen wir in den letzten Wochen noch Aufnahmen vor den zerstörten Gebäuden. Die werden wir heute aufnehmen."
Stunde für Stunde mussten wir an den echtaussehenden,zerbombten Gebäuden vorbeilaufen,nur unterbrochen von einer kurzen Mittagspause.
In der hatte ich mich wie sonst auch am Buffet bedient,als ich plötzlich einen starken Stoß gegen den Kopf spürte.
Klirrend fiel mein Geschirr auf den Boden,als mir schwindelig wurde und ich kurz auf den Boden sank. Mein Kopf dröhnte und stöhnend rieb ich über die Stelle an der ich getroffen worden war. "Ups."hörte ich eine Stimme hinter mir. "Da muss ich dich wohl aus Versehen getroffen haben."
Langsam versuchte ich meinen Kopf herumzudrehen und erkannte nur schwammig die asiatischen Gesichtszüge von Mark's Praktikanten.
"Du kommst ja ganz nach deinem Lehrer."rief Jena,die an meine Seite geeilt war. "Verzieh dich Kleiner!"
Leise hörte ich wie sich Schritte entfernten und wie mir jemand ein kühles Handtuch an den Kopf drückte. "Versehentlich getroffen-ist klar."murmelte ich.

Abends ging es mir wieder etwas besser,zwar hatte sich ein riesiger blauer Fleck an meinem Hinterkopf gebildet,aber der Schwindel und die dröhnenden Kopfschmerzen waren wieder zurückgegangen.
Beim Abendessen erzählten wir Jena von dem Vorfall von letzter Nacht.
"Wenn Mark wirklich an der Sache beteiligt ist,wundert mich nach dem gestrigen Tag gar nichts."meinte sie.
Wir beide nickten. Vor allen anderen stand er bloßgestellt da,sein Stolz wurde angekratzt.
Natürlich würde es eine Gegenreaktion geben. Aber beschuldigen konnten wir ihn auch nicht einfach-wir würden sowieso nicht damit durchkommen.
Während Josh noch krampfhaft überlegte,was wir tun konnten um das ganze zu stoppen,hatte ich mich schon mit der Tatsache abgefunden,bis zum Ende des Drehs durch die Hölle zu gehen. Wenn die Produzenten involviert waren,müssten sie mich doch dann in Ruhe lassen. Ich sollte ihnen einfach geben was sie wollten und danach war es endlich vorbei. Danach würde ich vielleicht zurück in meine alten Muster kehren können und vielleicht würde ich eines Tages ein Leben haben,mit dem ich vollends zufrieden war.
Während ich mir langsam die Pasta im Mund zergehen ließ,klingelte mehrmals Josh's Handy. "Willst du nicht dran gehen?"fragte ich verwundert und zog eine Augenbraue hoch. Normalerweise war er derjenige von uns zweien,der darauf sichtete fast immer abzunehmen. Ich dagegen schaltete mein Handy am liebsten ganz aus,wollte nicht andauernd gestört werden.
Josh schüttelte abwesend den Kopf und stocherte weiter auf seinem Teller herum.
Als das Handy auch in den nächsten Minuten immer wieder klingelte,stöhnte ich genervt auf.
"Geh doch einfach dran,dann hört es endlich auf zu klingeln."
Doch Josh reagierte wieder nicht.
"Wer auch immer das ist,hat heute schon siebenunddreißig Mal angerufen. Die ersten Male bin ich noch drangegangen,doch jedes Mal wurde direkt aufgelegt."
Jena hörte kurz auf zu Kauen und sah ungläubig zu Josh. "Siebenunddreißig Mal? Nicht,dass das irgendein Stalker ist..."
Ich nickte zustimmend. "Block ihn doch einfach ab."
"Mach ich doch schon die ganze Zeit,es bringt nichts."
Wütend griff ich danach. "Ja?"sprach ich genervt hinein,obwohl ich wusste,dass mir sowieso nicht geantwortet werden würde.
Die böse Überraschung folgte nur wenige Sekunden später.
"Schade schade."sagte die verzerrte Stimme. "Dass der kleine Bear bald nicht mehr so schön lachen kann. Und seine Mutter..wo sie nun kurz vor der Geburt steht. Wäre doch zu schade,wenn etwas schief gehen würde."  

Hinter den Kameras -Jennifer LawrenceWhere stories live. Discover now