Du kannst mich nicht verlassen

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  Für einen kurzen Moment schien alles um mich herum stehen zu bleiben. Der Himmel wirkte übernatürlich blau und das Gras um mich herum war viel zu grün.
Das konnte nicht sein.
Er konnte nicht sterben.
"Es tut uns wirklich Leid."
Die Welt um mich herum zersplitterte.
Vielleicht würde er nie wieder zu mir zurückkommen.
Meine Knie hatten nicht mehr die Kraft meinen Körper zu halten,sie knickten ein.
Ich fiel auf den Boden und merkte wie mein Körper bebte.
Die Tränen liefen in Strömen über meine Wangen und krampfhaft schlang ich meine Arme um meinen Körper,um zu versuchen,diese Kälte,die sich in mir ausgebreitet hatte,zu vertreiben.
Doch ich scheiterte kläglich. Es gab nur eine Person,die die Kälte und den Schmerz aus meinem Körper vertreiben konnte.
"Er wird nicht sterben Jen."sagte Julianne,doch auch ihre Stimme brach.
Meine ganze Sicht wurde von den Tränen verschleiert. Ich sah nur noch viel zu helle Farbkleckse,die viel zu Fröhlich und sorglos auf mich wirkten.
"Jennifer,beruhige dich etwas. Wir müssen noch ein paar Dinge klären."
Wut flackerte in mir,als ich mich umdrehte.
"Ich soll mich beruhigen? Nachdem mir gesagt wurde,dass mein Freund vielleicht stirbt,soll ich mich beruhigen?"
Ich konnte nicht fassen,wie kalt ihn diese Sache ließ.
"Wie..."meine Stimme brach ab.
Szenarien von ihm,blutend am Boden,zogen durch meinen Kopf.
Ich bekam einen neuen Zitterkrampf. Ich konnte es nicht ertragen. Ich konnte es einfach nicht ertragen.
"Wie ist es passiert?"fragte ich mit kaum hörbarer Stimme.
Wollte ich die Antwort wirklich hören? Wenn sich am Ende meine Befürchtungen bestätigten?
"Er war mit seinem Motorrad unterwegs und wurde von einem Auto gerammt."
Ich sackte wieder auf den Boden und presste meine Hände gegen meine Schläfen,um diese Bilder verschwinden zu lassen.
Sein Körper lag verdreht am Boden,seine Augen waren leblos und Starr nach oben gerichtet.
"Warum hat ihm keiner geholfen?"fragte ich mit Schmerz in der Stimme.
Ihm hätte geholfen werden können. Vielleicht würde er deswegen sterben. Ihm hätte geholfen werden können.
"Der Fahrer hat Fahrerflucht begonnen."
Wer macht sowas? Wer lässt einen so jungen Menschen auf der Straße liegen,der noch sein ganzes Leben vor sich hat?
Wer ist so herzlos?
Immer wieder schossen die Bilder von Josh durch den Kopf,wie er lacht,und sich seine Grübchen auf der Wange bilden. Dann werden seine Augen plötzlich Starr und leblos,sie Strahlen mich nicht mehr so an wie früher.
Und da ist Blut. Unendlich viel Blut.
Ich Wiege meinen Körper nach vorn und nach hinten,um mich zu beruhigen. Doch es hilft alles nichts.
Hinter mir räusperte jemand."Da ist noch etwas,was du vielleicht wissen solltest."
Ich drehte mich langsam und zittrig um und starrte mit glasigen Augen in die Ferne.
"Josh...er war auf dem Weg zu dir."
Das war wie ein Schlag ins Gesicht.
Ich presste die Hände auf meine Ohren und schrie. Er wollte endlich zu mir kommen. Ich hätte ihn endlich wieder bei mir gehabt. Und dann passierte der Unfall,der ihn für immer von mir wegreißen könnte.
"Warum wurde mir nicht Bescheid gesagt?"fragte ich.
"Weil ihr nicht verheiratet seid. Zuerst wurde seine Mutter benachrichtigt,und dann wir,da für uns nun ja auch die Arbeitsplanung etwas durcheinander gerät.
"Das ist alles,was euch interessiert? Eure verdammte Arbeitsplanung?"spuckte ich aus.
Mich empfing Stille.

Mit einem Rück stand ich auf und rannte in Richtung der Appartements.
"Ich muss zu ihm. Ich muss ihn sehen."
"Das geht nicht."würde mir hinterher gerufen. "Er ist auf der Intensivstation. Du wirst ihn erst später besuchen können,da ihr ja nicht verheiratet seid,oder?"fragte Mark und seine ekelhaft weißen Zähne blitzten auf.
"Nein."flüsterte ich,als mir neue Tränen über die Wangen liefen.
Nein das waren wir nicht.
Und vielleicht würden wir es auch nie sein.

Warten ist das Schlimmste.
Ich konnte nichts machen,fühlte mich hilflos und schwach.
Er könnte tot sein und ich würde es nicht wissen. Ich quälte mich nur durch die Tage und wartete jeden Tag vergebens auf neue Nachrichten. Mark ordnete an,dass wir weiter drehen sollten.
Laut ihm,würde ich meine Rolle in diesen Tagen besonders gut ausfüllen,da ich ja nun in einer ähnlichen Situation steckte.
Ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Meine Augen waren geschwollen und rot,mein Körper war dehydriert und ausgelaugt und doch kamen immer wieder neue Tränen.
Nie hätte ich mir erträumt,mal in so einer Situation zu sein.
Josh und mein Leben war immer schwierig gewissen,von Anfang an,aber Lebensangst um ihn musste ich noch nie haben.
Jeden Tag zitterte ich um sein Leben,hoffte auf Besserung.
Und mit jedem Tag schwand meine Hoffnung und eine neue Scherbe rannte sich in mein Herz.
Aber auch Wut nahm sich ihren Platz. Ich zweifelte nicht daran,dass sein Unfall etwas mit den Drohungen Zutun hatte. Wenn sie Josh schon fast umbrachten,was würde dann noch kommen? Würde es auch irgendwann enden?

Eines Tages dann kam ein Anruf aus dem Krankenhaus. Michelle wollte,dass ich komme.
Noch am selben Tag und entgegen der Anordnungen der Produzenten machte ich mich am selben Tag auf den Weg.
Ich hatte nie groß Erfahrung mit Krankenhäusern gemacht,da hatte ich großes Glück gehabt,aber heute traf es mich dafür umso härter.
Nachdem ich mich hektisch durchgefragt hatte,kam ich endlich auf der Station an.
Schon von weiten sah ich Michelle sitzen. Alleine,mit verweinten Augen und mit zerknitterter Kleidung. Sie musste seit Tagen hier sein.
Ich stürzte auf sie zu. "Wie geht es ihm?"
Langsam erhob sie sich und zog mich eine Tiefe Umarmung." Unverändert. Ich war schon ein paar mal bei ihm,ich möchte auch die die Chance geben noch einmal mit ihm zu reden falls..."
Ich schluchzte auf. "Sag das nicht Michelle! Sag das nicht! Ich brauche ihn."
Sie nickte. "Ich weiß. Und er braucht dich auch. Geh zu ihm."
Ein paar Pflegerinnen kamen mit Schutzkleidung,die ich mir langsam überzog. Bevor ich die Türklinke hinunter drückte,atmete ich tief durch. Was würde mich erwarten? Konnte ich dem standhalten?
Ich dachte zurück an Michelles Worte. Ich musste stark für ihn sein.

Ich drückte die Türklinke herunter und öffnete die Tür.
Was ich sah,schockte mich.
Überall an seinem Körper waren Kabel und Verbände angebracht.
Monitore überwachten seine Vitalwerte.
Josh's Haut war blass,sie wurde von roten Wunden geziert. Am schlimmsten waren jedoch seine geschlossenen Augen.
Ich weiß noch genau wie seine Augen mich an unserem ersten Tag verfolgt hatten. Wie ein Blick in seine tiefen Augen mich eines Tages mehr fühlen hat lassen. Wie seine Augen mich beruhigt hatten,wie er soviel Verständnis und Fürsorge in seine Augen legen konnte.
Würde er sie nie wieder öffnen?
Das wäre unvorstellbar.
Vorsichtig ging ich näher und trat an sein Bett. Ich hielt mir die Hand vor den Mund um nicht Los zu Schluchzen. Sein Anblick Verletzte mich.
"Josh,hey."flüsterte ich,als schon die erste Träne über meine Wange rollte.
"Was machst du denn für Sachen?"sagte ich und versuchte zu Lachen. Doch es erstickte in meiner Kehle.
"Weißt du." Meine Stimme versagte wieder,doch ich redete immer weiter. "Du kannst nicht einfach sterben. Vielleicht hast du dir das jetzt so gedacht,aber ich lasse dich nicht gehen. Du gehörst zu mir. Du hast gesagt du wirst mich nie verlassen und immer bei mir bleiben. Versprechen bricht man nicht,das weißt du doch."
Die Tränen liefen unaufhaltsam über meine Wangen. "Oh Gott"flüsterte ich und hielt inne um mich kurz zu sammeln.
"Wir wollten nach Hawaii hast du gesagt. Wir wollten neue Städte gemeinsam erkunden. Wir haben seit Monaten keinen Filmabend mehr gemacht. Das müssen wir alles noch machen."
Merkwürdige Laute verließen meinen Mund. "Wir wollen eine eigene Familie gründen,mit Kindern die die perfekte Mischung aus dir und mir haben. Gut,meinetwegen können sie auch ein bisschen mehr von dir haben."ich lachte verzweifelt. "Wir haben noch alles vor uns Josh. Bitte Verlass mich nicht. Du weißt genau,dass ich ohne dich nicht klarkomme.
Ich liebe dich ."
Ich wollte noch weitersprechen,aber es kamen keine Wörter mehr aus meinem Mund.
Ich schluchzte einfach nur und legte meinen Kopf ganz vorsichtig auf seine Brust. Sein Herzschlag war da,zwar schwach,aber er war da.Ich klammerte mich nur an diesen Herzschlag.
"Miss,Sie müssen den Raum jetzt verlassen. Sie können gerne morgen noch einmal vorbeischauen."
Ich nickte und stand mit wackligen Beinen auf. Ich drückte meine Lippen gegen Josh's Hand,die nur ein paar Schrammen enthielt.
"Wenn ich morgen wieder komme,sprichst du auch mit mir,hörst du? Ich will keine Einzelgespräche führen."versuchte ich zu scherzen. Vielleicht hörte er mich durch sein Unterbewusstsein.
"Ich liebe dich."sagte ich nocheinmal mit Nachdruck. Ich würde ein schlechtes Gewissen haben,wenn ich es ihm nicht noch einmal gesagt hätte.
Sobald ich den Raum verlassen hatte,sank ich an einer Wand hinab und vergrub meinen Kopf in meinen Händen. Ich könnte niemals weiterleben,nach seinem Tod und nach all den Drohungen.  

Hinter den Kameras -Jennifer LawrenceWhere stories live. Discover now