Stress

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  Dicht an seine Brust gekuschelt wachte ich am nächsten Morgen auf. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht betrachtete ich sein Gesicht und Strich ganz vorsichtig über seine Wange. Ich dachte an letzte Nacht,an unser Wiedersehen und an unser erstes Mal zusammen. Ich war froh,dass wir es erst jetzt getan hatten.
Überstürzt wäre es nicht das Gleiche gewesen.
Ich lehnte mich vor und gab ihm einen sanften Kuss.
"Guten Morgen"flüsterte ich in sein Ohr. Er schlug verschlafen seine Augen auf und rieb sich durchs Gesicht. "Morgen."antworte er und lächelte. "Hast du gut geschlafen?" Ich nickte grinsend.
Josh strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr."Soll ich uns Frühstück machen und wir essen hier im Bett?" "Klar." Während er weg war zog ich mir schnell ein paar Sachen über,dann legte ich mich wieder zurück unter die Decke.
Josh kam mit einem riesigen Tablett,auf dem Kaffee, Saft,Pancakes,Sirup,Obst und Süßkram waren,zurück.
Sofort legte ich mich wieder an seine Brust und ließ mich von seiner Wärme einhüllen.
Ich nahm ein paar Beeren und steckte sie nach und nach in
seinen geöffneten Mund.
Jedes Mal,wenn er ihn wieder schloss,bekam er einen Kuss.
"Warum kann nicht jeder Morgen so beginnen?"seufzte Josh und streichelte mich.
"Weil wir Schauspieler sind und Zeit da eben knapp ist. Aber ohne diesen Beruf hätten wir uns nicht kennengelernt."
"Okay,stimmt. Trotzdem hätte ich gerne mehr Zeit mit dir."
"Die nächsten Tage hast du die Macht über mich."grinste ich und er lachte. "Wann musst du wieder weg?"
Ich stand auf und suchte mein Handy und legte mich wieder an ihn. Ich scrollte durch meinen Terminkalender und sah,dass schon nächste Woche die Promo Tour für 'Silver Linings' begann.
Josh blickte über meine Schulter und seufzte auf. "Und ich dachte,wir hätten mal mehr als nur ein paar Tage."murmelte er traurig.
"Tut mir Leid."
"Muss es nicht. Du kannst ja auch nichts dafür."
Ich streichelte seine Wange.
Diese Traurigkeit in seinen Augen blieb.
Wir verbrachten unsere Tage mit Filme Schauen,Essen und Musik hören. Wir tanzten und sangen,aber dieser Wunsch,zusammen in einen Club zu gehen oder Essen zu gehen,steckte tief in uns drin.
Oder einfach nur das Tageslicht zu sehen. Wir mussten die Jalousien permanent zu lassen und konnten die Fenster nur in Zimmern aufmachen,in denen wir nicht waren.
Einen Tag vor meiner Abreise war es wieder das selbe Prozedere wie letztes Mal. Wir klammerten mehr aneinander und unsere Berührungen hatten einen Hauch von Verzweiflung.
"Es ist nur für zwei Wochen."sagte ich ihm zum Abschied. Er nickte.
Ein letzter Kuss,dann musste ich durch einen Hinterausgang verschwinden.

Ich flog als erstes nach New York,wo wir eine Woche bleiben würden. Interviews,Screenings,Pressekonferenzen,Meetings.
Alle waren aufgeregt. Wie würde der Film ankommen? Würde er den Geschmack der Zuschauer treffen? David O 'Russel,der wunderbare Regisseur besprach voher Dinge,die wir sagen und nicht sagen durften. Von Missgeschicken, Fehlern und Pannen dürften wir nicht erzählen. Immer nur das Gute. Wie toll alles war. Was für eine Ehre es war mit so einer tollen Crew zu arbeiten.
Überall sagte man das Gleiche.
Ob den Leuten überhaupt auffiel,dass ich mich wiederholte?
Jeden Tag verbrachten sie Stunden damit,mich hübsch zu machen,die ganze Pressetour war ich in Schwarz gekleidet.
Dann trafen wir andere interessante Leute,die uns von ihrer Arbeit erzählten und wir erzählten von unserem Film.
Als ich ihn zum ersten Mal sah,war ich wirklich zufrieden mit mir.
David hatte etwas Tolles geschaffen und das sagte ich ihm auch. Ich würde gerne noch mal mit ihm arbeiten,was jedoch eher unwahrscheinlich war bei der Qualität seiner Filme. Ich glaubte nicht,dass ich in sein Schema passte.
Die Crew und ich tauschten uns wie sonst auch nur wenig aus.
Natürlich,wenn man gefragt wurde,lobte man den Anderen in den Himmel und erzählte wie toll man sich verstand,aber hinter den Kameras?

In der zweiten Woche waren wir in Los Angeles und gingen nochmal durch das selbe.
Bei der Premiere schrien die Fans,welche meist Hungergames Fans waren. Sie hielten mir kaum Plakate von diesem eigentlichen Film hin.
Und wieder gingen wir durch Interviews,Pressekonferenzen,bei denen man in jeder Pause neu gepudert wurde und man am Ende eigentlich nur noch seine Mundwinkel hochzog,weil man einfach zu müde war.

Als ich zurück nach Hause kam,brauchte ich erst zwei Tage für mich. Presse Touren waren für mich persönlich immer hart,weil mich dieses gefakte Lächeln einfach fertig machten. Zu allem Überfluss riefen andauernd Freunde oder Familie an und beschwerten sich,dass ich kaum noch Zeit für sie hatte. Woher sollte ich sie denn nehmen?
Josh wollte auch Zeit mit mir verbringen und er war der einzige bei dem ich wieder Kraft tanken konnte. Aber natürlich wollte ich meine Freunde auch nicht vernachlässigen. Deswegen verbrachte ich weniger Zeit bei Josh und ging öfter mal Essen mit Freunden oder ging aus.
Für ein paar Tage flog ich dann nach Kentucky um meine Familie glücklich zu machen.
Ich fühlte mich einfach,als ob alle an mir zerrten und ich einfach zu wenig Zeit hatte. Für Urlaub oder Spaß.
Aber mir fiel es schwer nein zu sagen. Das war eine große Schwäche von mir.
Immer öfter wurde ich von Produzenten angerufen,die sich zum Essen mit mir treffen wollten,oder von Modedesignern,deren Stücke ich tragen sollte.
Ich wollte das alles nicht,aber dennoch fühlte ich mich so,als wäre es meine Pflicht.
So kam es,dass als ich angerufen wurde um der neue Werbeengel für Dior zu werden,Ja sagte.
Mehr Pflichttermine,Essen,Modenschauen zu denen ich kommen müsste.
Mein Leben wurde immer hektischer und stressiger.
Josh war mein Ruhepol,bei dem ich einfach ich selbst sein konnte.
Bei ihm musste ich mich nicht verstellen.
Aber auch wir lebten uns weiter auseinander. Die ganzen Termine standen einfach zwischen uns.
Josh fand trotzdem etwas Positives an der ganzen Sache.
"Wenn wir uns mal länger nicht gesehen haben,freue ich mich umso mehr,wenn wir mal Zeit für einander haben. Unsere Wiedervereinigungen wären sonst nicht so toll."sagte er immer wieder und meinte damit unsere Nächte des Wiedersehens.
Unsere Beziehung wurde durch diesen Schritt,miteinander zu schlafen,immer mehr gefestigt.
Wir fühlten uns nun noch verbundener als voher,kannten uns besser.

Die Zeit flog nur so davon. Mein Terminplan war vollgestopft mit Fotoshootings für Magazine und Kleideranproben für die kommenden Award Shows.
Es war eines Tages,als ich zu Josh fuhr und er mich von Anfang an so merkwürdig ansah. Ich konnte es nicht beschreiben,es war eine Mischung aus Ungläubigkeit,Bewunderung und Stolz. "Jennifer" rief er und umarmte mich."Herzlichen Glückwunsch"
Verwirrt blickte ich ihn an."Wozu?"
Zuerst schien er mir nicht zu Glauben,doch dann fing er schallend an zu lachen. "Du weißt es echt nicht,oder?"
Ich schüttelte den Kopf. Wovon redete er?
Er lachte weiter. Ich wurde ungeduldig. "Hör zu Josh. Ich möchte einfach meine Zeit mit dir verbringen,lass uns das später klären." Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und küsste ihn sanft. "Herzlichen Glückwunsch zur Oscar Nominierung."flüsterte Josh gegen meine Lippen.
Ich erstarrte."Was?"
Er nickte lächelnd."Die Nominierungen wurden heute morgen verkündet."
Ich konnte es nicht Glauben. Ich war schon einmal für einen Oscar nominiert,für Winters Bone,aber dieses Gefühl wurde nicht alt.
Freude und Aufregung. Eine bessere Ehrung für seine Leistung konnte man nicht bekommen,auch wenn ich mich über jeden noch so kleinen Preis freute.
Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Josh hob mich hoch und schleuderte mich im Kreis. "Keiner verdient das mehr als du Jen."sagte er als er mich runterließ.
"Lass uns anstoßen." Er führte mich in die verdunkelte Küche und holte Champagner.
Die ganze Zeit behielt er sein Lächeln auf dem Gesicht.
"Ich bin stolz auf dich."sagte er und wir stoßen an. Das prickelnde Gefühl auf meiner Zunge spiegelte meine Gefühle dar. Ich fühlte seit langem mal wieder,dass sich meine Arbeit lohnte. Das Drehende von Catching Fire hat mich an diesem Job zweifeln lassen. Doch jetzt wurde ich wieder an die Dinge erinnert,für die ich in meinem Job kämpfte.
Josh hob mich hoch und trug mich zu seiner Couch wo er mich auf seinen Schoß setzte. "Ich werde alles per Livestream sehen. Jede kleine Peinlichkeit,Miss."
Ich lachte. "Ich möchte dich gerne dabei haben."seufzte ich.
"Du hast mich hoffentlich immer dabei."sagte er und legte seine Hand die Stelle,an der mein Herz war. Ich legte meine Hand auf seine und drückte sie leicht.
"Immer."

Die Preisverleihungen zogen an uns vorbei. 'The Hungergames' gewann etliche Preise,bei denen die Zuschauern voten konnten.
Josh,ich und Liam erschienen jedes Mal und bedankten uns überschwänglich bei all den Fans für ihre Unterstützung. Ohne sie wären wir gar nicht so weit gekommen. Filme lebten von ihren Zuschauern.
Mit 'Silver Linings' gewann ich auch einige Preise,über die ich mich natürlich genauso freute.
Meine Eltern waren immer zur Unterstützung dabei. Das stolze Lächeln meiner Mutter,zeigte mir,dass sich dieses damalige Kämpfen für diesen Job gelohnt hatte. Sie hatten nicht geglaubt,dass ich jemals so weit kommen würde und jetzt machte ich sie alle so stolz und glücklich.
Immer hörte man meinen Namen und ich gewann. Auch bei den Golden Globes. Nur an den Oscar glaubte ich nicht. Der war mir immer zu surreal,zu unerreichbar erschienen. Die Leuten sagten mir,dass ich die diesjährige Favoritin war,doch ich glaubte ihnen nicht. Es konnte doch nicht sein.
Josh glaubte ebenfalls fest an meinen Sieg und feierte jetzt schon."Du gewinnst."sagte er jedes Mal überzeugt und freute sich mehr als ich über die Nominierung. Er suchte mit mir zusammen das Kleid aus.
Wir entschieden uns für ein langes,Beiges Kleid von Dior,für die ich nun ja Werbung machte.
Am eigentlichen Tag konnte ich in der Nacht nicht schlafen. Josh hatte mir versucht,alle Zweifel abzunehmen,dennoch war ich nervös. Schon früh kamen Stylisten und machten mich fertig.
Sie schminkten mich und machten mir eine Hochsteckfrisur.
Das Kleid sah umwerfend aus,wie meine Mommy sagte. Früh mussten wir losfahren,zum Essen kamen wir nicht.
Auf dem Redcarpet war wie vor zwei Jahren viel los. Alle Prominenten trafen sich zur wichtigsten Filmpreisverleihung der Welt. Aufgeregt lief ich hin und her und posierte so,wie es mir beigebracht worden war. Lächelte und ließ mich interviewen,versuchte normal zu wirken.
Im Saal konnte ich kaum der Zeremonie folgen,ich bekam nur mit,dass plötzlich mein Name aufgerufen wurde. Ungläubig riss ich meinen Kopf zu meiner Mutter,die Tränen der Freude weinte und umarmte sie mechanisch. Leute beglückwünschten mich,doch ich bekam kaum etwas mit. Ich hatte gewonnen. Davon hatte ich immer geträumt. Ich hatte gewonnen.
Meine Gedanken überschlugen sich,als ich über eine Stufe stolperte und auf die Knie fiel.
Ich war nicht gerade gestürzt oder? Peinlich berührt verdeckte ich mein Gesicht. Josh hatte mich doch noch gewarnt.
Ich stand auf und ging auf die Bühne. Ich bekam einen Schock. So viele Leute saßen im Publik,sahen zu und waren nun alle klatschend aufgestanden.
Mein Herz raste. Es war etwas ganz anderes vor einer Kamera oder einem Live Publikum zu stehen. Mit zitternden Händen nahm ich den Preis an und hielt in krampfhaft fest,in der Angst ihn fallen zu lassen. "Ihr Leute steht auf,weil ihr euch schlecht fühlt,dass ich gefallen bin und das ist wirklich peinlich aber danke."sagte ich und versuchte meine Nervosität zu überspielen.
Ich dankte der Academy,den Produzenten,David,der Crew,meiner eigenen kleinen Crew aus Managern und Organisatoren, meiner Familie,wünschte einem alten Freund einen herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.
'Danke Josh 'fügte ich noch in Gedanken hinzu. 'Danke für all die Unterstützung,deinen Glauben an mich und deine Liebe'.  


Hinter den Kameras -Jennifer LawrenceWhere stories live. Discover now