Date mit Nicolas

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  Am nächsten Morgen wachte ich schon früh auf-und wollte mich am liebsten gleich wieder zurück in meine Kissen werfen.Heute war für mich ein Treffen mit einem Mann angesagt,mit dem ich einen Xmen Film gedreht hatte.Allerdings haben wir am Set kaum miteinander gesprochen,weil der Dreh genauso oberflächlich gewesen war,wie bei allen anderen Filmen.
Jedenfalls hielt meine Agentin es für eine gute Idee,uns beide in der Öffentlichkeit auftreten zu lassen.

Dann war es wohl so weit.Ich wusste genau wo das drauf hinauslaufen sollte.Erst ließ man sich ein paar Mal in der Öffentlichkeit zusammen blicken,dann ging man plötzlich sehr vertraut miteinander um,damit man für die Presse so richtig interessant wurde.Und dann,nach ein paar Wochen ,gab es die offizielle Bestätigung,dass man ein Paar war.
Und weil alle das so süß fanden,gingen sie natürlich aufgeregt ins Kino,um uns gemeinsam auf der Leinwand zu sehen.
Ich fand das ekelerregend.Diese Leute mischten sich nicht nur in mein Privatleben ein,nein-sie glaubten auch noch alles,was man ihnen erzählte.Sie merkten nicht,dass wir alle hier Schauspieler waren.Dass das leider nichts mit Liebe zu tun hatte,sondern mit brutalen Marktstrategien.Und das Schlimmste war,dass es auch noch klappte.Ich kannte diesen Mann noch nicht einmal gut und trotzdem würden die Klatschzeitungen über die Liebe des Jahres reden.
Immer hatte ich mich vor diesem Moment gefürchtet und gehofft,dass es mich nicht treffen würde,dass es an mir vorbei gehen würde.Da war meine Hoffnung wieder geplatzt.Wie eine Seifenblase,die nie dafür bestimmt war lange zu halten.

Ich schlurfte runter in meine Küche und holte mir einen Kaffee und machte mir Pancakes zum Frühstück.Währendessen durchblätterte ich desinteressiert die Zeitung.In ein paar Tagen würde man dort einen Bericht über mich und meinen Co-Star finden....
Schnell aß ich auf und eilte nach oben um zu Duschen und mich umzuziehen.Ich würde am liebsten lässige Klamotten anziehen,aber damit würde ich mir bloß wieder Ärger einfangen.Deswegen trug ich am Ende ein weißes Kleid und etwas höhere Schuhe.
Dann klingelte es auch schon an der Tür.Was würde mich erwarten?Wir hatten bis jetzt echt nur das Nötigste miteinander besprochen...
Fühlte sich diese Situation genauso unangenehm für ihn an?
Ich öffnete.
"Hi"sagte er und lächelte.
"Hallo"entgegnete ich."Wo gehen wir hin?"fragte ich kühl und musterte ihn.
Seine Lächeln fiel"Ich dachte,wir gehen Essen..."
"Na dann lass es hinter uns bringen"presste ich hervor und stieg in seinen Wagen ein.Ich wusste selbst gar nicht,warum ich mich ihm gegenüber so kalt aufführte.Er konnte ja auch nichts dafür.Trotzdem war ich einfach nur sauer und enttäuscht,dass ich mir nie selbst einen Mann aussuchen dürfte.
Und das zeigte ich ihm auch.Ich war es satt,immer meine Emotionen zu verstecken.
Nach einer fünfzehnminütigen Fahrt voller unangenehmer Stille,erreichten wir ein Restaurant.Wie ironisch,es hieß auch noch 'Amor'.
Ich hörte ein Räuspern.Nicholas sah mich abwartend an.Ich hatte gar nicht bemerkt,das er mir die Tür aufgehalten hatte.Nun hielt er mir steif seine Hand hin,um mir beim Aussteigen zu helfen.Ohne ein Wort zu sagen,stieg ich ohne seine Hilfe aus und ging demonstrativ auf das Restaurant zu.Innen angekommen wies die Kellnerin mir einen Platz zu.
Kurze Zeit später kam Nicholas und setze sich zögerlich auf den gegenüberliegenden Platz.
Nachdem wir unsere Bestellungen abgegeben hatten,herrschte wieder dieses Schweigen.Ich lauschte den Gesprächen der anderen Gäste,die anscheinend ziemlich viele Probleme hatten.Vom abgebrochenen Fingernagel,bis zur verlaufenen Schminke war alles dabei.
Ich würde gerne mal einen Tag mit ihnen tauschen...
"Warum gibst du mit eigentlich keine Chance?Du kennst mich doch gar nicht."durchbrach meine Begleitung das Schweigen.
"Ach ja?"antwortete ich und nahm einen Schluck von meinemWein.
"Du findest es also gut,das wir jetzt jede Woche miteinander abhängen müssen,nur damit die Produktion noch mehr Geld einnimmt?"
Er schaute auf den Boden.
"Nein.Aber man kann doch das Beste draus machen oder?"
Ich antwortete nicht,sondern fing an zu essen.

Das hektische Rufen hörte ich schon von weitem.Ich würde sie an jedem Ort der Welt antreffen können.
Die Fotografen.Wie schnell waren die hierhin gelangt?Natürlich,jeder wollte das erste exklusive Foto von uns.Damit Verdienten sie ja schließlich ihr Geld.Aber dieses Mal würden sie noch nichts besonderes bekommen.Wir gingen einfach nur still nebeneinander her.
Nicholas hielt mir die Tür auf,ich stieg ohne Mucken ein und wir fuhren davon.
Zuhause angekommen wollte ich direkt aussteigen,aber Nicholas hielt mich am Arm fest.
"Was soll das?"zischte ich.Was wagte er es,meine Zeit noch länger zu beanspruchen?
"Warum bist du so zu mir?So kalt..."
"Ich bin nicht kalt zu dir."widersprach ich,obwohl ich genau wusste,dass er Recht hatte.
"Doch das bist du.Was ist los mit dir?"
Was los mit mir war?Er fragte mich was los mit mir war,obwohl er mich überhaupt nicht kannte?!
"Ich sag dir mal was los mit mir ist!
Ich werde angerufen und mir wird mitgeteilt,dass ich ab sofort die große Liebe in einer Person gefunden haben muss,mit der ich nur die Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht habe!
Ich kenne dich nicht!Und plötzlich muss ich mit dem strahlendsten Lächeln in der Welt rumlaufen,weil ich ja nun endlich den Mann an meiner Seite gefunden habe.Ich kann das nicht.Ich kann dann nicht noch gute Laune haben!"schrie ich.
Betreten schaute er mich an.
"Es tut mir Leid,das ich der Mann bin,der für dich ausgewählt wurde.
Aber ich wollte das doch auch nicht.
Weißt du,ich hatte eine Freundin,die ich über alles liebe.Aber sie wurde mir weggenommen,weil sie nicht "von Nutzen"für mich war."
Plötzlich Tat er mir furchtbar leid.
Er musste Schlimmeres durchmachen und ich meckere ihn auch noch an..
"Hey...Nicholas.Das Tut mir Leid.Das wusste ich nicht."sagte ich leise.
"Schon gut.Ich werde schon über sie hinwegkommen"meinte er,doch sein Blickte zeigte Anderes."Ich hatte nur gehofft,dass es dir ähnlich geht und wir versuchen könnten,einfach Freunde zu sein."
"Natürlich können wir Freunde sein.Sorry,dass ich mich eben so benommen habe,ich wusste nichts von dem,was du durchmachen musstest."
Er nickte nur.
"Willst du..willst du noch einen Kaffee trinken gehen?"
Er schüttelte nur den Kopf.Vermutlich war er in Gedanken bei seiner Freundin.Verständlich.
"Okay"sagte ich nur."Dann bis bald"
"Ja bis bald"murmelte er nur noch.Er war wohl zu weit weg gewesen...
Das schlechte Gewissen verfolgte mich noch den ganzen restlichen Tag.

Dementsprechend mies gelaunt wachte ich am nächsten Tag auf.
Und die Tatsache,dass ich heute ein "Fitting"für "The Hungergames" hatte,förderte meine Laune nicht gerade.Alles was ich tun wollte,war in meinem Bett liegen und mich selbst bemitleiden.Dafür,dass ich wohl niemals einen Mann wirklich lieben dürfte,dafür dass ich so gemein zu Nicholas gewesen war und mich nun mit dem schlechten Gewissen rumschlagen musste,dafür,dass es nichts gab,auf das ich mich in irgendeiner Art und Weise freuen konnte.Alles was in den nächsten Wochen anstand, war Arbeit. Xmen-Promoting,sich mit Nicholas in der Öffentlichkeit zeigen und irgendwann dann der Dreh von "The Hungergames".Nicht zu vergessen,das ständige Lachen und Witze machen während eines Interviews.
Ich war es so leid.

Gerade hatte ich noch mal meine Augen geschlossen,um der Realität zu entkommen,als das Telefon klingelte.
"Was ist denn?"rief ich entnervt und stand auf.Wahrscheinlich wieder meine Agentin,die mit mir das nächste Treffen mit meinen neuen Freund zu besprechen wollte.
Ich zögerte.Wenn ich nicht dranging,dann würde derjenige vielleicht denken,ich wäre nicht da und ich würde endlich mal meine Ruhe haben.
Aber vielleicht war es etwas wirklich Wichtiges?
Ich ging dran."Jennifer Lawrence?"sagte ich.
"Hi.Ich bin's Josh.Du weißt schon,der Josh von der Drehbuchlesung vorgestern."
"Ja ich hab dich nicht vergessen"lachte ich.
Ich war überrascht,dass er mich anrief.Noch nie hatte mich ein Co-Star angerufen.Warum auch?Man drehte einen Film zusammen und dann war man mich endlich los.
"Gibt's was?"fragte ich."woher hast du überhaupt meine Nummer?"
"Willst du nicht mit mir sprechen?"fragte er gespielt empört.Ich fing wieder an zu lachen.
"Natürlich will eine Jennifer Lawrence nicht mit einem wie dir reden"mimte ich eine von diesen typischen Hollywood Damen.
Wir kicherten beide.
"Ich habe mir deine Nummer von Gary besorgt und eigentlich wollte ich einfach nur so mit dir sprechen.Ich dachte nämlich wir wären jetzt sowas wie Freunde."
Er hatte sich extra meine Nummer bei Gary besorgt um einfach nur mit mir zu reden?Okay,ich konnte ihn definitiv als einen Freund bezeichnen.Obwohl wir uns erst seit zwei Tagen kannten,bekamen wir beide sofort einen Lachanfall,wenn wir miteinander redeten.
"Ja ich denke ,wir sind sowas wie Freunde."sagte ich und er lachte leise.
"Aber ich weiß kaum was über dich.Das müssen wir schleunigst ändern,Mister Hutcherson."
"Ja das müssen wir.Also was ist?Vor was hast du Angst?"
"Vor Spinnen.Oh,und ich Kriege Panik wenn ich an Geister denke."
"Hey ich habe auch Angst vor Geistern!Gruselst du dich auch,wenn du nachts irgendwelche Geräusche hörst?"fragte er.
"Ja"lachte ich."Und jedes Mal denke ich,gleich kommt jemand und packt mich."
Insgesamt verbrachten wir dann zwei Stunden damit,über Geister zu reden.Es waren zwar die unnötigsten Stunden meines Lebens,aber auf jeden Fall die lustigsten.Ich konnte all meine Sorgen mal vergessen,genau wie bei der Drehbuchlesung,bei der wir auch schon herumgealbert hatten.
Als wir dann auflegten,war ich fast schon traurig,dass es solche Momente in meinem Leben nicht öfter gab.Doch an diesen schönen,sorgenlosen Momente würde ich noch lange dran zehren können und das gab mir die Kraft,die nächsten Wochen in der Öffentlichkeit durchzustehen.Denn dann würde ich dem Publikum gehören und nicht mehr mir selber.



Hinter den Kameras -Jennifer LawrenceWhere stories live. Discover now