Mein Herz war stehen geblieben. War es denn meine Schuld, dass Dario keine Mutter hatte? Ich hatte seine Mutter doch gar nie geliebt, weder noch gekannt. Und Amilia... Ich zog mir das Jackett aus und füllte mir in der Küche ein Glas Jack Daniel's ein. Mir es in einem Zug herunterkippend, strich ich mir die Haare aus dem Gesicht und lief zu Dario ins Zimmer. 

Er hing zusammengekauert in der Ecke und zitterte am ganzen Körper. «Was sagst du so einen Mist?» Ich zeigte auf ihn und blieb vor ihm stehen. Er sah zu mir auf. «Sowas kannst du nicht einfach behaupten! Du kannst nicht einfach sagen, dass er dich angefasst hat! Weißt du, wie viel Geld da gerade aus meiner Haustür gerannt ist? Und das nur deinetwegen! Weil du einen Schaden hast und wieder so eine dumme Panikattacke hattest!» Mir flimmerte es rot im Augenwinkel und der Alkohol brannte sich meinen Hals runter. 

Dario weinte auf und schüttelte den Kopf. «Mein Knie. Er hat mein Kni-» «Weil er es gut meinte! Bist du dir überhaupt bewusst darüber, was du gerade behauptet hast?! Du hast mir alles versaut! Seit du auf der Welt bist, machst du mir nur Probleme! Du bist eine verdammte Bürde. Eine Platzverschwendung!» Ich rieb mir streng übers Gesicht und suchte festen Halt. 

Ich verlor mich. Meine Sicht wurde ganz rot. «Dad!» «Nein! Nichts, Dad!» Ich packte Darios Kragen und hob ihn vom Boden an. «Du bist das Problem! Niemand will dich hier! Ich will dich nicht! Ich wollte dich nie! Kein Wunder, dass dich jeder geprügelt hat, wenn du so ein Krüppel bist!» Dario vergrub sein Gesicht in seinen Händen und schluchzte. «Mi dispiace! Mi dispiace! Dad!» 

Ich ließ ihn auf den Boden fallen und drehte ihm mein Rücken zu. «Solche Worte zu sagen, sollte bestraft werden! Du hast einem wichtigen, reichen Mann - meinem verdammten Kunden - vorgehalten, dass er dich angefasst hat! Weißt du, was das-» «Es tut mir leid! Stopp!» «Was stopp?» «Ho paura!» 

«Gut! Weißt du was? Komm!» Ich packte ihn an seinen Oberarmen und hob ihn über meine Schulter. Wenn wir gerade dabei waren, zu klären, was das alles sollte, konnte ich ihm sein faules Maul endlich einmal auswaschen. «Stopp!» «Nein, wenn du so dummes Zeug von dir gibst und mich nur beleidigst, kannst du das jetzt durchstehen.» 

Ich hockte Dario beim Waschbecken in der Küche auf den Boden und fixierte seinen Kopf an der Theke hinter ihm. «Hoffentlich kapierst du endlich, dass dein dreckiges Maul nichts in meinem Haus zu suchen hat!» Ich langte nach dem Geschirrspülmittel und hielt Dario den Mund auf. 

Er wehrte sich, versuchte, mich umzustimmen, doch ich pumpte zweimal Mittel in seinen Mund und schloss ihn dann mit Gewalt. Er verstummte und sah mich aus verweinten Augen an. «Schlucken! Ist nicht lecker, was?» Dario war ganz bleich und sah mich einfach nur stumm an. Doch er schluckte. 

«Hast du's jetzt endlich verstanden? Keine faulen Wörter mehr und du passt in Zukunft auf, was du von dir gibst!» Keine Reaktion. Ich ließ seinen Kopf los und trat zur Seite. Dario rackerte sich auf und rannte ins Bad. Ich hörte, wie er sich übergab und würgte. 

Ich schenkte mir ein weiteres Glas Jack Daniel's ein und trank es zitternd. Mein Herz raste und mein ganzer Körper vibrierte unter der Wut, die ich verspürte. Ich lief langsam zum Badezimmer und schaute Dario zu. Er schwitzte und würgte gequält. «Du wirst das schon überleben. Hat mein Vater bei mir auch immer gemacht.» 

Dario weinte und rollte sich verkrampft ein. Er hielt sich den Bauch und schüttelte den Kopf. Wenn ich das überlebt und verstanden hatte, würde Dario das auch überstehen und hoffentlich daraus lernen. 

Und er hatte es verstanden. Es kamen keine Widersprüche mehr. Ein Blick zum Waschmittel reichte und Dario schwieg. «Iss das. Ich habe später keine Zeit mehr für dich zu kochen.» Er stocherte aber nur darin rum und rümpfte die Nase. «Kein Hunger.» 

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