41. Kapitel

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Wieso hatte ich das gesagt? Wieso hatte ich um eine Familie gebeten, obwohl ich keine mehr brauchte? Was war gestern mit mir los gewesen? «Möchtest du darüber reden?» Bianca hatte meinen Sessel wenige Zentimeter vom Fenster weggezogen, was mir dir...

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Wieso hatte ich das gesagt? Wieso hatte ich um eine Familie gebeten, obwohl ich keine mehr brauchte? Was war gestern mit mir los gewesen? «Möchtest du darüber reden?» Bianca hatte meinen Sessel wenige Zentimeter vom Fenster weggezogen, was mir direkt aufgefallen war, doch ich denke, sie hatte dies nur getan, um zu schauen, wie ich mich verhielt, wenn sich das «vertraute» Umfeld etwas veränderte. 

Ich schüttelte meinen Kopf und schaute wieder raus aus dem Fenster. «Darf ich dir erzählen, was ich gesehen habe, als deine Eltern hier waren?» Schweigen. Eine Antwort bekam sie nicht. Ich hörte sie leise seufzen. «Ich habe ein verängstigtes Kind gesehen. Ein kleines, verletztes Kind, das nach einem Unterschlupf sucht. Du hängst sehr an deinen Eltern, Dario. Und das ist durchaus möglich. Auch, wenn sie dir wehgetan haben. Und ich nehme an, du versuchst es mit deiner Bissigkeit und dem Abschaum in der Stimme zu verdecken, weil du denkst, dass es nicht okay ist, sie beide noch zu mögen, obwohl sie dich so verletzt haben.» 

«Sie können von mir aus verrecken...» «Sicher?», fragte Bianca nach. Ich nickte zwar, doch es fühlte sich wie eine Lüge an. «Schau, Dario. Du musst den beiden nicht verzeihen. Das ist hier nicht das Ziel. Das Ziel ist, dass du für dich selbst eine Basis findest, mit der du leben kannst. Und deswegen arbeiten wir dran, schwere Themen nach und nachzulösen und verarbeiten. Und ein durchaus großes Thema ist deine Beziehung zu deinen biologischen Eltern. Deshalb halte ich es für sehr sinnvoll, wenn du ein paarmal in der Woche etwas Zeit mit ihnen verbringst.» Ein Kopfschütteln. Das wollte ich nicht. 

Verstand Bianca nicht, dass ich mich umso mehr nach ihnen sehnte, wenn ich sie besser kennenlernen würde? Ich wollte mich von ihnen abschotten und sie vergessen. Meine Familie war Giorgia und-, Meine Familie war Gio, Noè, Giacomo, Vicky und irgendwie auch Marco. Und Rosie auch... 

«Was soll ich denn mit ihnen machen?» «Das liegt an dir. Denkst du, du könntest heute mit ihnen in die Cafeteria gehen?» Mit Santiago bei Esswaren? «No.» «Und versuchen möchtest du es auch nicht?» Ich nickte und drehte mich komplett ans Fenster. 

Innerlich wusste ich, dass ich keine Wahl hatte und Grenzen auszutesten hatte, doch ich tat es überhaupt nicht gerne, weil es wehtat. Nach der Verhaltensanalyse, die ich beinahe jeden Tag selbst ausfüllen musste, hatte ich etwas Ruhe und ich hatte mich wieder ans Klavier gesetzt, doch weiterkommen tat ich ganz und gar nicht. 

Mir kribbelte es in den Fingern und eigentlich wollte ich es auf den Entzug schieben, doch es war schlichtweg die Angst vor dem Mittagessen mit Mom und Santiago. Und als die Uhr halb 12 schlug und JJ hinter mir auftauchte, wusste ich, dass die Zeit gekommen war. «Darf ich mich kurz umziehen?» Er nickte, ließ mich aber nicht alleine, als ich mir meinen Hoodie über den Kopf zog und nach einer Jeans suchte. 

Es hieß, man sollte sich hier genauso zurechtmachen, wie wenn man draußen war. Nur in Jogginghose und Pullover zu chillen, war nicht ideal, aber ich tat es trotzdem gerne. Zumindest in den ganzen Therapiestunden, wo ich eh nur dämlich dort sitzen durfte. «Ready?» Ich presste meine Lippen zu einer Linie zusammen und JJ lachte leise auf. «Ich bin da, falls es zu viel wird.» «Das ist ja genau das Doofe», konterte ich leise. 

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