32. Kapitel

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«Mili!» Ich hörte kleine Schritte den Flur runter tapsen und Sekunden später hing Dario an Amilias Bein, welche noch nicht einmal dazugekommen war, sich die Schuhe auszuziehen

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«Mili!» Ich hörte kleine Schritte den Flur runter tapsen und Sekunden später hing Dario an Amilias Bein, welche noch nicht einmal dazugekommen war, sich die Schuhe auszuziehen. Endlich war sie da. Ich musste dringend lernen und Dario konnte mich einfach nicht in Ruhe lassen. 

«Na, Rio?» Sie hob ihn lächelnd hoch und umarmte ihn. «Hast du die Bude unsicher gemacht? Papa sieht ganz schön fertig aus. Warst du auch ganz schön lieb zu ihm?» Er schaute mich an und nickte dann brav. Er mochte Amilias Haare so gerne und spielte wieder mit ihnen. 

«Ich bin im Zimmer und lerne. Bringst und holst du ihn von der Verhaltenstherapie ab? Er hat von 14 Uhr bis 14:45 Uhr diese dumme Lernphase auf der Station.» Amilia nickte und ließ ihn zurück auf den Boden. «Diese dumme Lernphase hat's uns schon viel einfacher gemacht mit ihm, Tiago.» Mochte ja sein, doch ich hatte keine Zeit. 

Ich könnte auf der Stelle toben, und die ganze Wohnung auseinandernehmen. Dario kapierte gar nicht, welch Druck er auf mich ausübte. Amilia sah mir an, dass ich an meine Grenzen kam und legte eine Hand auf meine Schulter. Dario rannte ins Wohnzimmer und räumte dort wahrscheinlich in seiner Spielkiste rum. Ruhe konnte er keine geben, aber was überraschte mich das auch? Irgendetwas musste er ja von meinen Genen abbekommen haben. 

«Ich geh' jetzt mit ihm los und du kannst die Zeit nutzen und dich in Ruhe ausruhen oder entspannt lernen, okay? Es ist alles gut. Ich habe es im Griff. Du weißt, du kannst mir vertrauen.» Ja, ich schuldete ihr echt die Welt. Sie war eine Riesenhilfe und nahm die Rolle seiner Mutter phänomenal ein. Wenn da nicht immer die echte auftauchen würde, hätte Dario sich sicherlich noch besser gemacht. Samantha war nüchtern und durfte ihn Samstags- und Sonntagsnachmittag sehen. Mit Beaufsichtigung natürlich. 

«Dario? Gehen wir zu Rosie?» Wir hörten, wie er sich wahrscheinlich an der Couch auf rackerte und dann wieder angerannt kam. Man konnte sagen und tun, was man wollte, aber er war schon verdammt niedlich und eigentlich eine nette Bereicherung, wenn er nicht so an mir hängen würde. Er hatte das Talent, immer etwas von mir zu wollen, wenn's mir ganz und gar nicht gut ging. 

Fiona meinte, ich musste ihm einfach klar kommunizieren, wann ich Ruhe brauchte und er das zu verstehen lernen musste, doch er hielt nicht viel davon. Böse konnte man ihm da ja auch nicht wirklich sein. Das hier war sein erstes Zuhause, mit Leuten, die ihn nicht einsperrten, schlugen, vernachlässigten oder abwiesen. 

Amilia kam mit einem schlummernden Dario nach Hause. Solche Sessions machten ihn immer ganz müde. Sie waren nicht einfach für ihn. Er tat sich so verdammt schwer, andere und deren Mienen zu verstehen. Man hatte bereits Verdacht auf Autismus gehabt, doch das konnte dann ausgeschlossen werden. 

Es waren wohl bloß seine turbulenten ersten Lebensjahre, die ihm da im Nacken lagen und sich an ihm festhielten. Aber mit Amilia und Rosie würde er da gut davonkommen. Ich machte mir da keine Sorgen. «Besser?» Ich nickte nur und rieb mir über meine Notizen lauernd, die Stirn. Ich könnte auf Knopfdruck losheulen und in mich zusammenfallen. 

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