Man, ey. Und als ich wieder auf Tabeas Blick traf, konnte ich einfach nicht mehr nein sagen. Ihre Augen waren eingenommen von Furcht und Hilflosigkeit. War dieser Calvin so ein Monster? Und wieso? Basierend auf Noès Reaktion, schien er vorher nie so gewesen zu sein.

«Okay, ich schreib' kurz Lex und dann holen wir deine Sachen.» Und das tat ich auch. Ich tippte Lex, dass ich bei Noè und ihrer Freundin war und danach nach Hause kommen würde. Er las es, gab mir einen Daumen hoch zurück und erinnerte mich daran, keine Scheiße zu bauen.

Lex... Ich konnte nichts versprechen. Und ich war mir auch nicht wirklich sicher darüber, ob ich Calvin zurückhalten oder im Notfall sogar abwimmeln und -wehren konnte. Schließlich war ich im Gegensatz zu ihm nur ein halbes Paket.

Der spielte Football und war zwei Jahre älter als ich. Dude, ich hatte Anorexie und Depressionen... Mehr brachte ich nicht an den Tisch.

«Kannst du gehen?» «Ja, er hat mir nicht die Beine gebrochen», grummelte Tabea, die sich immer wieder die Stirn hielt. Ich glaube, er hatte ihr den Kopf gegen das Auto gestoßen. «Ist dir schlecht?» Noè machte sich unendlich große Sorgen und wich Tabea keinen Millimeter von der Seite.

Ich lief den Beiden bloß hinterher und überlegte, welche Art von Notwehr ich denn bringen sollte, falls die Kacke gleich zu dampfen anfangen würde. Schließlich hatte ich ihm gesagt, sich zu verpissen und jetzt tauchte ich bei ihm zu Hause auf.

Die Faust in meine Fresse war bereits vorprogrammiert, aber ja... Eine Faust mehr oder weniger würde meine wunderschöne Nase nun auch nicht mehr stören.

«Er rastet einfach wegen Kleinigkeiten aus und packt dich dann. Es kommt schubweise.» Noè wandte sich an mich und hob ihre Augenbrauen an. «Denkst du, es könnten Drogen sein?»

«Weiß ich nicht. Ich weiß nur, wie man sie nimmt und nicht, was sie für verschiedene Auswirkungen haben können...» Tabea lachte leise auf. «Aber ja, Aggressionen können schon auch eine Nebenwirkung sein.»

Wir alle drei hofften darauf, dass das Licht in Calvins Haus aus sein würde, als wir in die Straße einbogen, doch das Glück war heute Abend genauso vorhanden, wie mein Familienleben.

«Ich habe keinen Schlüssel.» «Okay, ich denke, es ist besser, wenn du nicht ins Haus gehst.» Noè wandte sich wieder an mich. «Wir beide gehen rein und holen ihre Sachen. Roxy bleibt bei Taby, okay?» So wie ich das ganze einschätzte, hatte ich gerade nicht wirklich eine andere Wahl, weshalb ich nur nickte und mir die Augen rieb.

«Noè, bitte pass auf, okay? Meine Sachen sind im Zimmer von ihm.» Noè nickte nur und schenkte ihrer besten Freundin ein trauriges Lächeln. Und ich? Ja... «Und du auch, Dario. Pass auf dich auf», warf ich selbst mit rein, weil ja...

Tabea nickte nur und senkte ihren Blick. «Bist du bereit?» «No...», seufzte ich und sah Noè zu, wie sie die Klingel tätigte. Wir konnten ja schlecht einfach einbrechen. Es polterte im Haus und Sekunden später schwang die Tür auf.

Da war er wieder. Nicht mehr so kochend und aufgepustet wie vor einer halben Stunde, aber genug, um meinem natürlichen Fluchtinstinkt Bescheid zu geben, dass es an der Zeit war, das Weite zu suchen. «Was?!» «Wir sind hier, um Tabeas Sachen zu holen. Sie schläft heute bei mir.»

«Wieso?» «Wieso?!», fragte Noè schockiert nach. «Du hast ihr beinahe das Gesicht eingeschlagen! Dürfen wir also ihre Sachen holen?» «Was macht der Junkie hier?» Seine Augen trafen auf meine und ich gab mein Bestes, ihm standhalten zu können. Geh nicht darauf ein. Ignoriere es, Dario.

«Tabeas Sachen holen.» «Ach, echt? Nach all dem, was sie über dich weitererzählt hat?» Ich schob Noè etwas an und deutete ihr, einfach das Haus zu betreten und die Sachen holen zu gehen.

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