«Wenn du das deinen Ohren antun möchtest...» Und wie! Ich würde sie mit seinem Gesang ertränken, bis ich von seiner Stimme träumen würde. «Was haut ihr zwei immer ab?!» Rocco tauchte urplötzlich neben uns auf und ich erschrak mich beinahe zu Tode. 

Rio war ebenfalls zusammengezuckt und er behielt die Augen einige Sekunden zu, bis er sich von diesem Schrecken erholt hatte. «Man, Rocco. Erschrecke uns doch nicht so!», schimpfte ich eher spielerisch und wandte mich an ihn. Er schlang einen Arm um meine Schultern und zog Dario mit dem anderen mit zurück zu den anderen. 

«Das ist unser letzter Abend zusammen.» «Zum Glück», knurrte Rio nur, doch Rocco ging nicht darauf ein. «Und wir sollten den alle genießen. Ihr könnt auch später zusammen in der Dunkelheit rum turteln.» In gewisser Hinsicht hatte er halt schon recht, doch wir waren nur von den anderen abgekommen, weil Dario dringend eine rauchen wollte. 

Wir machten es uns alle wieder am Lagerfeuer bequem und ich nahm mir die Zeit, raus aufs Meer zu schauen. Es erinnerte mich irgendwie an unsere Abende in Tropea. Nur wurde dort kein Carlos von Arian und Tabea ins Meer geschleppt und halbwegs ertränkt. 

Es fiel mir schwer, zu realisieren, dass einige bald verreisen würden. Carlos ging für die nächsten Wochen nach Hause nach Mexiko und nach den Sommerferien würde er hier in Ohio weiter zur Schule gehen. Rocco hatte tatsächlich einen Platz in einer Sportschule in Chicago ergattert und Melina würde auch nach New York gehen und dort Modedesign studieren. 

Bei Arian war ich mir noch nicht ganz sicher. Er und Meli waren ja mittlerweile auch zusammen, doch unseren lieben Dario hatte das nicht wirklich beruhigt. Er war der Meinung, dass auch vergebe Typen Augen hatten und sich an mich heranmachen würden. True, aber nicht Arian. Er war mir so ein guter Freund geworden. 

Und schlussendlich war es echt scheißegal, wie viele Augenpaare auf mir lauern würden, denn meine hafteten nur an Dario. Auch jetzt, als er seinen Kopf anhob und zurück zu unseren Autos blickte. Er hörte etwas. 

Ach ja, es kamen andere. Keine Ahnung, ob wir sie kannten, doch das spielte auch keine Rolle. Schließlich gehörte uns dieses Land nicht. Es stand jedem zu, hier seine Zeit zu verbringen. «Kennst du die?», fragte ich leise nach und knabberte an einem fluffigen Marshmallow. 

Lio schüttelte den Kopf und seufzte, «No, aber ich hab' kein gutes Gefühl bei denen. Schau die dir mal genauer an.» Ich wagte es also einen zweiten Blick zu erhaschen und zuckte mit den Schultern. «Wieso?» «Die beiden ganz rechts schwanken krass und der in der Mitte läuft verdächtig.» 

«Dario, der Hauptkommissar, oder was?», scherzte ich. «Mit verdächtig meine ich, dass er etwas breitbeinig läuft, was auf eine Knarre im Hosenbund hindeuten könnte.» Eh... Okay. Fuck? «Sagst du das jetzt nur, damit ich Angst kriege und mit dir nach Hause fahre?» 

Er grinste schelmisch auf, aber schüttelte dann den Kopf. «Das mit dem breitbeinig Gehen stimmt zwar schon, aber ich glaube, der muss einfach auf Klo.» Ich lachte auf und legte meinen Ast, mit dem ich das Marshmallow übers Feuer gehalten hatte, wieder weg. 

«Wir können um 11 oder 12 gehen, okay?» Er nickte einverstanden und langte gedankenversunken nach meinen Fingern, die er mit seinen verflocht. «Du kannst entscheiden. Wenn's mir zu blöd wird, gehe ich einfach ins Auto pennen.» Typisch er... 

«Oi oi!» Ich zuckte zusammen, als der breitbeinige Typ Rocco die Hand hinhielt und ihn begrüßte. Ich glaube, die beiden kannten sich gar nicht, aber Rocco ging trotzdem darauf ein. Dieses Affentheater war nicht weiter spannend, bis Dario schwer schluckte und mich fragte, ob ich mit ihm ans Meer wollte. 

So einen Vorschlag von ihm zu bekommen, war in einer Situation wie dieser eher selten, weshalb ich nicht nein sagen konnte. Wir zogen uns die Schuhe aus und liefen den Strand runter, näher ans Wasser. «Bist du so müde? Ist alles okay?» Er rieb sich die Stirn und nickte etwas verwirrt. «Keine Ahnung. Hab' einfach ein schlechtes Gefühl heute.» 

PainkillerWhere stories live. Discover now