Ich hasste es. Ich hasste mich dafür, sie in solche Rage zu bringen, doch zugleich hasste ich auch sie, weil sie mich einfach aufgab. Ich hatte tatsächlich gehofft, sie würde bleiben.

«Dario, es ist klar, dass die letzten Wochen einiges passiert ist. Darf ich mit euch beiden zusammen reden? Erzählt mir, was im Moment los ist.» Ich schüttelte meinen Kopf. «Gibt nichts zu erzählen. Das Übliche.»

Noè stand auf und langte nach der Hand ihres Vaters, der uns beide schon seit einigen Minuten musterte. Als er Noè zum ersten Mal stehen sah, zog er scharf Luft ein. Keine Ahnung, wieso. «Noè! Du- Du hast extrem viel abgenommen!» Er langte nach ihren Unterarmen und strahlte Sorge aus.

Sie trug ein weites Shirt und Shorts. Ich schaute mir nur ihre Beine an und zum ersten Mal fiel mir auch auf, dass sie dünner war. Meinetwegen? Der Stress? Sie winkte ab. «Ist nicht schlimm. Ich habe immer gegessen. Ich bin einfach etwas gestresst.»

Kellys Augen lagen auf mir und ich schluckte die Schuld verkrampft runter. Meine Faust zitterte und ich konnte spüren, wie mich eine Hitze einnahm, die ich so verdammt krass hasste, dass es mir nur noch heißer wurde.

«Wie wärs, wenn du, Noè und ich uns mal kurz zusammensetzen?» Ich schloss meine Augen und verneinte. Gleichzeitig hob ich meine Hand an und deutete auf die Handschelle, «Komme hier nicht wirklich weg.»

Kelly ignorierte mich und bat Marco darum, etwas auf Abstand zu gehen, doch der Mann blieb stur bei Noè, die Tränen verlor. Ich konnte sie nicht mehr anschauen. Dass es ihr so ging, war meine Schuld. Ich hatte monströsen Mist gebaut. Sie hing an einem toten Jungen. Sie hielt sich an einer Leiche fest und traute sich einfach nicht, sie loszulassen.

«Es ging anfangs saugut. Wir hatten es echt im Griff, bis an dem Abend, wo du mit ihm telefoniert hast. Wir haben uns falsch verstanden und Dario hat sich selbstverletzt und von mir distanziert.» Sie zeigte auf meine mittlerweile gut verheilte Schulter.

Kelly sah mich wissend an. Sie wusste ganz genau, welcher Abend gemeint war. «Und später ging alles den Bach runter.» Ich biss mir auf meine Unterlippe und riss einmal an der Handschelle. Ich wollte hier weg, doch so doll ich auch an ihr zog, lösen würde ich mich nicht können. «Stopp!», warnte ich Noè und sah ihr giftig entgegen.

Sie zuckte zurück und Marco legte einen Arm um ihre Schultern. «Nein, sie müssen es wissen!» Sie schaute zu Kelly und begann zu schluchzen. «Er hat nach einem Messer gegriffen und wollte sich umbringen! Er- Er wäre nicht mehr hier, wäre ich nicht dazwischen gegangen!» Marco bemerkte Noès kleine Schnitte an ihrer Hand und schaute dann unsicher zu Kelly.

Diese schaute wieder einfach nur mich an. Sie war enttäuscht. Enttäuscht darüber, dass ich keine einzige ihrer Übungen oder Mantras befolgte.

Amallia kam mit dem Arzt raus und entspannte sich beim Anblick von Kelly und Marco. Ganz im Gegenteil zu mir. «Oh Gott. Zum Glück seid ihr da.» «War eine stressige Reise, aber jetzt sind wir da. Was meint der Arzt?» Meine Tante seufzte, «Dario weist kein aktives suizidales Verhalten auf, weshalb sie ihn nicht länger festhalten dürfen. Er hat keine offenen Wunden und hat gegen Ende auch kooperiert.»

Ich legte meinen Kopf schief und stieß die Luft aus. «Was eine Schande...», seufzte ich gespielt enttäuscht auf. Noè schaute mich böse an.

Ich wusste von Anfang an, dass sie mich nicht hierbehalten würden. Gestern, ja. Heute nicht mehr. Ich war wieder etwas klarer im Kopf. Kurz: Ich war keine Gefahr mehr für andere oder mich selbst.

«Okay, das ist okay. Wir fliegen morgen zurück und dort gehst du ins geplante Wohnheim, wo du mit anderen Jugendlichen leben wirst. So wie es von Anfang an geplant war.»

«Wieso?!» Der Arzt wollte mich von der Bank losmachen, doch mein bissiger Unterton stoppte ihn wieder davor. «Dario, du-» Ich konnte nicht glauben, dass die mich wieder an einen anderen Ort weiterschieben wollten. «Schon wieder ein neues Zuhause?! Dein ernst, Marco?!»

Er zuckte unbeholfen mit den Schultern. Es ging hier nicht nur um mich. Ich konnte ihm ansehen, dass es auch noch eine andere Absicht hatte. «Du brauchst ein organisiertes und sicheres Umfeld und ich will dich verdammt nochmal nicht mehr in der Nähe von meiner Tochter haben.»

Ich wurde noch nie direkt angeschossen, doch ich war mir sicher, dass sich so ein Schuss mitten ins Herz anfühlte. Noè wollte etwas einwenden. «Ich weiß, dass du ein guter Junge bist und dass Noè dir sehr wichtig ist, aber dein gutes Herz reicht jetzt im Moment nicht mehr, Dario.»

Er kam auf mich zu und kniete sich vor mich hin. «Du brauchst Hilfe. Professionelle Hilfe und-» Ich starrte ihm direkt in die Augen und krallte mich an ihnen fest. Den Hass, den ich in ihnen trug, brachte den Mann vor mir zum Schlucken und Räuspern.

Mein Blick trug Wut und Verabscheuung. Ich wusste, dass ich ihn gefährlich böse anschaute. Gerne. «Geh dorthin, werde wieder etwas stabiler und dann schauen wir weiter.»

«Dad, ich will das aber nicht.» Er seufzte und versuchte meinen stillen, einbrennenden Augen standzuhalten. Auf Noè ging er nicht mehr ein. «Ich kann sehen, dass du mich gerade abgrundtief hasst, und ich kann dich vollkommen verstehen, aber-»

Ich ließ meinen Kopf zur Seite fallen und forderte ihn so dazu heraus, fertig zu reden. Er stockte und rieb sich den Nacken. Er suchte die richtigen Worte. Doch was war im Moment das Richtige, was man mir sagen konnte?

Er entschied sich schlussendlich für die Wahrheit. «Ich kann dich nicht sterben lassen, Dario.» Er rieb sich die Augen. «Ich kann nicht.»

Schon wieder ein Tapetenwechsel für Dario

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Schon wieder ein Tapetenwechsel für Dario... Und ein Noè-Entzug... Vielleicht ist ja auch das Richtige?

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