Kapitel 25

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Niemand rechnete damit, dass jemand seine Stimme hob. Ich überlegte fieberhaft, ob ich die Wächter lang genug ablenken könnte, um den Halbfae eine Chance zur Flucht zu ermöglichen. Doch selbst wenn ich die Wächter ausschalten könnte, wäre da immer noch der König, der bestimmt nicht geneigt war, tatenlos dabei zuzusehen, wie seinen Gefangenen die Flucht ergriffen.

„Ich werde es versuchen." Mein Kopf schnellte herum. Genau wie der aller anderen. Ich zweifelte keinen Augenblick daran, wem diese Stimme gehörte. Die Fae, die um Villain herum standen, distanzierten sich umgehend von ihm. Er war dem schneidenden Blick des Königs alleine ausgesetzt. Mit einem Lächeln auf den Lippen begegnete er seinem Blick. 

Ich lenke ihn ab. Du greifst ihn an. Villains Gedanke drang in mein Bewusstsein ein und sorgte dafür, dass der Nebel in meinem Kopf sich wieder klärte. Ich verdrängte die aufsteigende Verzweiflung. Ich musste mich konzentrieren. Eine Lösung finden. Die Situation war mehr als riskant, doch sie durfte nicht in einer Katastrophe enden. 

Der König verbarg seine Überraschung gründlich und neigte nur amüsiert den Kopf. Fein säuberlich legte er seinen weißen Umhang ab und schritt durch die Menge, die sich an die Wände drängte um ihm Platz zu machen. Seine schweren Schritte dröhnten durch die Halle und waren das einzig wahrnehmbare Geräusch. Während in meinem Kopf ein Plan Gestalt annahm, schob ich mich unauffällig durch die Menge und zog meine Kapuze dabei tiefer ins Gesicht. 

Coilin, erhöhe die Schutzzauber um dich herum und versuche zu den Halbfae durchzukommen. Ich suchte seinen Blick in der Menge. Er nickte kaum merklich und ich begann meine Kräfte zu sammeln. Die rohe Magie brodelte in mir und ich hoffe, mit allem, was ich konnte, dass sie ausreichen würde. 

„Bist du wirklich so mutig? Oder ist es eher Torheit, die dich antreibt?" Zwischen dem König und Villain lagen nur noch etwa hundert Schritte. Villain zuckte mit den Schultern. 

Du musst zwei Schläge durchhalten, Vill. Und lass ihn dann nicht aus den Augen. Egal, was passiert. Versprich mir das. Ich erreichte den innersten Ring des Kreises, der sich um Villain und den König gelegt hatte. 

Ich verspreche es dir. Villains Stimme klang klar und ruhig. Ich griff nach meiner Magie, sammelte sie, wie ich es bisher noch nie gemacht hatte. Immer weiter, immer mehr.

Die Fae um uns herum wurden lauter, brüllten, schlossen Wetten ab und nur einige wenige zitterten mit einem Ausdruck auf dem Gesicht, der eine Mischung aus Angst und Hoffnung trug. Der erste Schlag kam schnell. Villain hob sein Schwert gerade noch im richtigen Moment und ging auf Abstand. Der nächste Schlag war härter, präziser und es gelang Villain nur mit größter Mühe ihn abzuwehren. Triumph spiegelte sich bereits auf dem Gesicht des Königs wieder. Überheblichkeit in seinen Bewegungen. Siegesgewiss gab er Villain Zeit um sich neu zu positionieren. Dieser wich zurück, doch die Fae in seinem Rücken machten ihm einen weiteren Rückzug unmöglich. 

Achtung! Eine kurze Warnung an meine Verbündeten, dann fielen die unzähligen brennenden Lichter mit einem lautem Zischen von der Decke. Mit einer flammenartigen Explosion schlugen sie im mittleren Teil des Saals ein. Geschrei schallte durch den Saal und Panik ergriff die Menge. 

Die Flammen loderten höher und setzten alles in Brand, was sie zu fassen bekamen. 

Ich trat in den Kreis und schleuderte dem König meine Magie entgegen. Blaue Blitze schnellten durch die Luft und warfen ihn zu Boden. Ohne zu zögern zog ich mein Schwert und war mit einem Satz über ihm. 

„Ah, Tochter. Hätte ich mir denken können, dass du auch von der Partie bist." Er lächelte, während ich meine Klinge auf seinen Hals zuschnellen ließ. Sie traf auf nicht sichtbaren Widerstand. Nur einen Fingerbreit von seinem Hals entfernt. „Deine Überraschung ist dir zwar gelungen, aber hast du wirklich geglaubt, dass du mir in irgendeiner Hinsicht ebenbürtig bist?" 

„Ich will dir in keiner Hinsicht ebenbürtig sein", fauchte ich. Schweiß trat auf meine Stirn, weil ich immer noch versuchte mit der Klinge die Mauer zu durchbrechen. Doch meine Anstrengungen waren nicht von Erfolg gekrönt. 

„Wir hatten eine so schöne Zeit, Tochter. Es war deine Entscheidung dich gegen mich zu wenden und jetzt werde ich keinen Teil mehr von dir existieren lassen, wenn ich deinen Geist vollständig vernichte." Er richtet sich auf und ich konnte nichts tun. Seine Schutzzauber waren unüberwindbar. 

Mit einer Handbewegung flog ich durch die Luft und knallte gegen eine der mit Gold bestückten Mauern Meine Lider wurde schwer und nur durch einen Gedanken fand ich die Kraft mich aufzurichten. Es darf nicht so enden. 

Ich erhob mich und sah meinem Vater entgegen, der auf mich zukam. Dann spürte ich seine Magie an meinem Arm, der sich ungesund verbog und brach. 

„Ich werde das mit jedem deiner Knochen machen. Ich werde alles von dir brechen. Zuletzt deinen Geist. Unwiderruflich. Und dann bist du nichts weiter als meine Waffe. Ich weiß, dass das deine größte Angst ist und immer war." Er erschien in meinem Kopf, als wäre er nie weg gewesen. „Stell dir vor, was du nur für ein Leben hättest haben können. Mit deinem kleinen Prinzen", fügte er spöttisch hinzu. Er zwang Villain vor sich auf die Knie, das Schwert in der Hand. „Einen Schlag habe ich noch", verkündete er den Fae, die nicht aufgrund des Feuers geflohen waren. 

Eiskalte Angst breitete sich in mir aus und nahm alles von mir in Besitz. Dann war da ein anderes Gefühl. Stärker. Älter. Mächtiger.

Allumfassender. 

Es war alles was zählte.

Der König spürte es. Ich sah die Verwunderung in seinem Gesicht. Genoss sie. Diesen einen Moment. Bevor ich die Kontrolle verlor.

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The Lost PrincessWhere stories live. Discover now