Kapitel 24

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Ich positionierte mich hinter einer Gruppe Fae, die mir entfernt bekannt vorkamen und dessen Magie starke Schwingungen aussandte. Damit hoffte ich meine eigene Magie und Empfindungen abschirmen zu können.

Wie ist die Lage bei euch? Ich tastete nach der Verbindung zu Villain und Coilin, die am Rand des Saals mit einer Gruppe weiblicher Fae standen.

Sind das alles Halbfae? Sogar in seinem Gedanke war Villains Wut deutlich herauszuhören und auch Coilin hatte Mühe nach außen den Schein zu wahren.

In dem Käfig befanden sich um die zwanzig Halbfae. Alle weiblich und alle so spärlich bekleidet, dass man nahezu alles sehen konnte. Bis auf einzelne Blessuren schienen sie unverletzt, doch ihre Mienen waren derart hoffnungslos und angsterfüllt, dass ich ihre Mutlosigkeit körperlich spüren konnte.

Der König kostete die Spannung der Fae und die wachsenden Angst der Halbfae aus. Das leichte Pochen meiner Magie war zu einem Hämmern angeschwollen. Die Zeit verging quälend langsam. Es war als könnte man einzelnen Sandkörnern dabei zusehen, wie sie durch das Glasgefäß der Sanduhr rutschten. Als er sich von seinem Thron erhob, verstummten die die Anwesenden augenblicklich. Die Blicke waren gebannt nach vorne gerichtet und erwartungsfrohes Entzücken breitete sich auf ihren Gesichtern aus. Ich vergrub mein Gesicht am Hals des Faes, der mich unwissend vor dem Blick des Königs schützte.

„Lasset uns beginnen", verkündete Phineas und hob die Arme in einer ausladenden Geste. Nach einem kurzen Wink zerrte einer der maskierten Wächter ein blondes Mädchen aus dem Käfig. Das einzige, was an ihr an eine Fae erinnerte, waren die spitzen Ohren und leicht hervorstehende Schneidezähne. Ihre Züge waren rund, menschlich und ihre Figur zu kurvig für eine Fae. Sie gab keinen Ton von sich, als der Wächter sie grob vor die Füße des dunklen Königs schubste und sie auf den Knien landete.

Er genoss seine Machtposition sichtlich und sah sich beifallheischend um. „Wer ist bereit für sie zu kämpfen?" Ein grausames Lächeln legte sich auf seine Züge. Erst beim genaueren Hinsehen bemerkte ich, dass sich einige Fae doch von den anderen unterschieden. Ein junger Fae ließ eins der Mädchen im Käfig nicht aus den Augen. Mein Blick fiel auf zwei ältere weibliche Fae, die sich an den Händen hielten, während sie mit reglosen Mienen nach vorne schauten.

Ich schickte Villain und Coilin das Bild. Ich glaube von einigen der Mädchen sind Verwandte oder Liebhaber anwesend. Es dient der Demonstration seiner Macht und der Demütigung der ihr nahestehenden Fae.

Meine Lungen begannen bei jedem Atemzug zu brennen. Abscheu und Hass loderte heller in mir als eine feuernde Flamme es je könnte. Meine Muskeln schmerzten vor Anspannung. Ich war bereit.

Was können wir tun?, fragte Villain und war im Begriff sich einen Weg durch die Menge zu suchen.

Bleibt wo ihr seid!, forderte ich. Wir müssen abwarten, was als nächstes geschieht.

„Niemand?" Der König schüttelte den Kopf. „Wie bedauerlich." Er wedelte mit der Hand und ein einzelner Schrei hallte durch die Menge als der Kopf des Mädchens auf dem Boden aufschlug. Dann nahm lautes Jubeln die Halle ein. Siegessicher nahm der König wieder Platz. Wie versteinert sah ich mich um. Die einzelnen Geräusche vermischten sich zu einem dröhnenden Brummen. Alles verschwamm vor meinen Augen. Das einzige, was ich scharf sah, war der Kopf des Mädchens.

Wir müssen etwas tun! Ich hörte die Stimme nur undeutlich.

Arabella! Wie kriegen wir ihn dazu nicht jedes einzelne Mädchen zu töten? Coilin sprach leise.

Doch in meinem Kopf herrschte Leere. Meine Gedanken verhedderten sich. Erinnerungen brachen über mich herein, als wäre das der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Schreie. Flehen. Bitten. Dann Stille, die schmerzhafter war, als alles andere.

„Machen wir es doch noch etwas spannender. Lasst uns doch mal sehen, ob auch nur ein einziger für diese Mischlinge kämpfen würde." Der Ruf wanderte über die Köpfe der Fae nach vorne. Er wurde von verächtlichem Schnauben und höhnischem Gelächter begleitet. Einige reckten die Köpfe um einen Blick auf den Fae zu erhaschen, dem diese Idee gekommen war.

In den Augen des Königs glänzte die Gier nach einer Herausforderung. „Warum nicht? Das wird nichts ändern." Sein dunkles, höhnisches Lachen drang durch den Saal. „Also wer von euch ist bereit sein Leben zu riskieren für eine von diesen Mischlingen?" Er spie das letzte Wort so voller Verachtung aus, dass die gesamten Fae für einen Moment den Atem anhielten. Einen kurzen Augenblick lang war allen klar, wie wenig es benötigen würde, damit der König auch sie auslöschen würde. Ein falsches Wort, ein falscher Blick würde ausreichen und ihr Ende wäre besiegelt.

Im hinteren Bereich der Halle wurde das Gemurmel lauter. Einige reckten mit abschätzigem, boshaftem Blick die Köpfe. In anderen meinte ich eine Spur Hoffnung zu erkennen.

„Ich erhöhe", triumphierte der König. „Wer kämpft und gewinnt, bekommt all diese niederen Wesen geschenkt. Nur ein einziger Kampf und ihre Leben werden verschont." Er genoss es wie die Blicke der Halbfae über die Anwesenden wanderten. Er genoss es wie er Hoffnung in ihnen entzündete und sah bereits den Augenblick vor sich, in dem er sie zertrümmern würde. Ein für alle Mal.

„Wer ist denn der Gegner?", erscholl wieder die Stimme. Als ich erkannte, dass sie Villain gehörte, fluchte ich still.

Der König grinste und beantwortete die Frage nicht sofort. Er wartete bis die Blicke sich ihm wieder zuwandten. Bis die Aufmerksamkeit wieder vollständig auf ihn gelenkt war. „Der Fae, der Anspruch auf diese niederen Wesen erheben will, muss gegen mich bestehen. Für sagen wir." Er tat, als würde er in einem Anflug von großzügigem Verhalten, darüber nachdenken müssen." „Drei Schwerthiebe. Der Fairness halber." Wieder lachte er und schaute dann abwartend in die Gesichter der versammelten Fae. Ich drückte mich augenblicklich näher an die Wand, zog den Fae noch enger und verstärkte meinen Verhüllungszauber.

Das brodelnde Getuschel nahm zu, doch niemand wagte es die Stimme zu erheben. Zufriedenheit spiegelte sich in den Zügen des Königs wider. Das Erstaunen seines Hofes verlieh ihm eine Euphorie, die ihn in eine seltene Hochstimmung versetzte. „Wirklich niemand? Habt ihr so großen Respekt vor eurem König? Ich fordere euch ein letztes Mal auf, tretet vor!"

The Lost PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt