Kapitel 12

187 17 7
                                    

               Villain

Es dauerte Stunden bis Ophelia, die Heilerin, nach der Aurin geschickt hatte, sich von Arabella löste. Mit zitternden Finger nahm sie eine Karaffe mit Wasser und füllte ein Glas. Ich wippte ungeduldig mit den Knien. Ich war nicht ein einziges Mal in meine Gemächer gegangen, sondern die ganze Zeit bei Arabellas geblieben. 

„Wie sieht es aus?", fragte ich ungehalten. Ophelia sah mich an. Sie sah jung aus, nur ihre Augen wirkten alt und klug. Sie bestanden nicht vollständig aus diesem hellen blau, wie die des Königs und Torin. Lediglich um die Iris herum waren ihre Augen von diesem stählernen blau. Am äußeren Ring ihrer Pupille war ein goldener Kranz zu erkennen. 

„Sie wird es schaffen. Aber es war sehr knapp. So knapp, dass wäre ich nur ein wenig später gekommen oder hätte nicht die richtigen Zauber gekannt..." Sie ließ den Satz unausgesprochen und lehnte ihren Kopf in einer nachdenklichen und erschöpften Geste zur Seite. 

Ich nickte erleichtert und nahm ohne zu zögern Arabellas Hand. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Ophelia jede meiner Bewegungen verfolgte. 
„Wie alt ist sie?" 

Ich öffnete den Mund und erstarrte. Ein Gesicht blitzte in meinem Kopf auf. Eine Erinnerung. Eine Warnung, dessen Existenz ich vergessen hatte. Meine Magie regte sich. Begann zu knistern und zu rauchen. 

„Könnt Ihr bei ihr bleiben, bis ich zurück komme?" Ehe Ophelia nicken konnte, stürmte ich aus dem Gemächern. Ich musste raus. Raus aus diesem Zimmer und raus aus diesem Schloss. Voller Wut und Schuld feuerte ich meine Magie in die nebelverhangene Nacht heraus. 

„Du bist noch sehr jung, Villain. Du konntest es nicht wissen und selbst wenn. Dieser Pfeil hat jeden eurer Schutzzauber durchbrochen. Er konnte nicht aufgehalten werden. Weder der König noch sein Sohn haben ihn kommen sehen." Ophelias Stimme klang eindringlich, ihre schmalen Finger legten sich um meine Faust. Hellbraune sanfte Locken fielen ihr bis zur Hüfte und selbst für eine Fae besaß sie eine besondere Anmut und eine außergewöhnliche Schönheit. Ich bemühte mich wenigstens einen Teil ihrer Worte zu akzeptieren. Ich erzählte Ophelia von meiner Begegnung mit dem König und von den Theorien, die seine Berater ausgearbeitet hatten. Einige von ihnen waren so weit hergeholt, wie ein plötzliches Auftauchen der Elfenkrone es wäre.

"Wieso wacht sie nicht auf?", fragte ich am folgenden Morgen. Noch immer brodelte die Wut in mir. Auf mich selbst, aber auch auf Arabella. Sie hatte meine Männer getötet und jetzt saß ich hier an ihrem Bett und hoffte, dass sie wieder aufwachen würde. Es war makaber. Ich war sauer auf mich selbst, weil ich es mir einfach nicht erklären konnte. Die Sorge. Die Angst, die ich bei dem Gedanken empfand, dass sie sterben würde.

„Ihr Körper heilt. Die Wunde ist nur noch oberflächlich und wird in den nächsten Tagen vollständig genesen sein. Es kann nur ihr Geist sein, der sie vom Aufwachen abhält."

„Könnt ihr ihrem Geist nicht auch helfen?"
„Ich beherrsche diese Fähigkeit." Ich spürte, dass jetzt etwas kommen wird, worüber ich mich gar nicht freuen würde. „Die Mauern ihres Geistes sind jedoch selbst in der Bewusstlosigkeit so stark, dass es für mich kein Durchkommen gibt. Wie der Schleier auf ihrem Gesicht scheint es unmöglich zu sein diese Mauern zu umgehen."

Ich sank in mich zusammen. Gestern hatte ich eine Nachricht an meinen Vater geschickt und nur wenig später die Antwort erhalten. Ich sollte zurück kommen. Auch hier gab es Weltenwandler, die gegen Bezahlung oder einen Tausch ihre Dienste anboten. Doch ich konnte mir nicht vorstellen Arabella hier alleine zurück zu lassen. Auch wenn ich damit gegen den Befehl meines Königs und gegen meine Vernunft handelte, würde ich meine Abreise noch etwas hinaus zögern.

The Lost PrincessNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ