Prolog I

778 55 80
                                    

Davor

„Villain!" Empört stemmte ich meine Hände in die Hüfte. Fast bereute ich es das schöne blaue Kleid nicht angezogen zu haben. Aber nur fast. „Arabella." Er deutete eine leichte Verbeugung an und ich verbannte das Grinsen von meinen Lippen, als er sich wieder erhob. „Seid Ihr auf Erkundungstour?", fragte ich und strich über das Porträt des vorherigen Königs von Alhambrien. „Ihr seht ihm ähnlich." Ich zuckte mit den Schultern, ließ mir meine Freunde über seine Bemerkung nicht anmerken und drückte gegen einen Stein in der Wand. „Kommt mit."

Villain folgte mir, als ich um die nächste Ecke bog und ich hörte wie er erstarrte, als er das dunkle Loch sah, dass vorher nicht da war. Ich tat als bemerkte ich es nicht und betrat den dunklen Gang, der sich in der Steinmauer aufgetan hatte. „Angst?", forderte ich ihn heraus. Und wie Jungs eben sind folgte er mir einen Wimpernschlag später. Mit einem Hebel schloß ich den Eingang und stieg die moddrigen Treppen herab, ohne Licht zu machen.

„Arabella." Ich verdrehte die Augen und hoffte, dass er das spürte. „Nennt mich Belle." Ich hasste meinen vollen Namen. Er erinnerte mich immer daran, wie meine Mutter sich von meinem Vater unterbuttern ließ. Das Wort hatte ich gestern in der Küche aufgeschnappt. Jolyn hat mir Kuchen gebacken und ein roter Wilkie mit grünen Schuppen kam laut schimpfend in die Küche rein. Er fluchte so ausgiebig, dass ich aufpassen musste um nicht in lautes Gelächter auszubrechen.

Bis Jolyn ihn auf meine Anwesenheit aufmerksam machte, war ich schon grinsend mit dem Kuchen in mein Zimmer verschwunden. Unterbuttern hatte ich trotzdem in meinen Wortschatz aufgenommen. Genau wie Jolyns Bemerkung er schimpfe wie ein Rohrspatz. Ich habe noch einen Moment gelauscht, bis ich mich wirklich auf mein Zimmer begeben habe. Ich bin neun, da durfte man schon an Erwachsenengesprächen teilnehmen. Selbst wenn die das anders sahen.

„Okay, Belle." Villain kam näher und ich beschleunigte meine Schritte. „Wohin gehen wir?" „Redet Ihr immer so viel?" „Redest du immer so förmlich?", stellte er mir eine Gegenfrage auf meine Gegenfrage. „Verrate ich dir gleich", wispere ich leise. Erst als ich sein amüsiertes Schnauben hörte wusste ich, dass er mich gehört hatte. „Das hier ist ein Weg nach draußen." Ich öffnete eine Falltür und wir landeten in dem Wald, der an das Schloss grenzt. Überraschung stand in seinen Augen, als wir ins Freie kletterten. „Warum zeigst du mir diesen Weg? Der ist doch geheim." Ich zuckte mit den Schultern. „Nur so ein Gefühl."

Mit federnden Schritten lief ich zum nahegelegenen Stall. Die Stallburschen waren um diese Zeit beim Abendessen und somit konnte mich niemand daran hindern, statt meines Schimmelponys eines der schwarzen andalesischen Stallions zu besuchen. „Du willst das da reiten?" Ich lachte perlend auf, bevor ich mir eine Hand vor den Mund hielt. „Wow, Vill. Dabei habe ich schon so viel Lob über deinen Mut gehört. Alles nur Geschwätz! Wenn ich das meiner Freundin Arya erzähle, lacht sie sich kaputt!" Ich freute mich über seinen zerknirschten Gesichtsausdruck und drehte ihm zufrieden meinen Rücken zu. Alessandro war mein Liebling von ihnen und ohne ihn zu satteln, führte ich in aus der Box. Er war riesig und sein Fell glänzte pechschwarz. Seine Stirn war mit einer kleinen weißen Blesse geschmückt, die ich kraulte, als er den Kopf senkte.

„Lunifer würde ich dir nicht empfehlen. Ansonsten nehm einfach irgendwen. Alle freuen sich raus aus den Boxen zu kommen." Villain beobachtete die Pferde mit einem Blick aus dem Bewunderung sprach. „Werden sie nicht viel bewegt?" Ehrfürchtig strich seine Hand über den Hals von Baleria. „Nein, mein Vater setzt sie nur im Krieg ein", erklärte ich wehmütig. Wie schön wäre es jedem zeigen zu können, wie wahnsinnig toll und schlau diese Tiere waren!

An einem umgefallenen Baumstamm schwang ich mich auf Alessandros Rücken. Er war wie immer ungeduldig und ich musste ihm gut zu reden, damit er auf die Nachzügler wartete. Als Villain zu mir aufgeschlossen hatte, war sein Gesicht entspannter und voller Vorfreude. Ich grinste in mich hinein und schnalzte leise, während ich mich nach vorne lehnte. Vorhin beim Essen hat er mich wie ein kleines Mädchen auflaufen lassen und tada hier ist meine Rache. Ich hörte, dass Baleria uns folgte und warf einen Blick zurück. Statt des erwarteten grünbleichem Gesicht grinste Villain mich an. Obwohl ich es ihm eigentlich nicht gönnte, musste ich über seinen glücklichen Ausdruck schmunzeln.

The Lost PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt