Kapitel 7

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Die Ereignisse des Festes zur Sommersonnenwende lagen einige Tage zurück, als mein Vater grob an unserem Band zupfte und mich, wie durch einen magischen Sog in seine Räumlichkeiten leitete. Wie so oft in letzter Zeit lag eine Zufriedenheit in seinem Ausdruck, die mir Unbehagen bereitete.

„Tochter, setz dich." An der langen Tafel, an der wir auch an meinem Geburtstag speisen würden, war wie immer nur für zwei Personen gedeckt. Wortlos  setzte ich mich ans gegenüberliegenden Kopfende. Wenigstens trug die lange Tafel dazu bei den Abstand zwischen  uns fast auf ein erträgliches Maß zu heben. Doch sobald ich länger  darüber nachdachte, wurde mir schnell klar, dass es dieses erträglich  Maß gar nicht geben konnte.

„Du hattest jetzt einige Tage um  dich auszuruhen und dich von den vergangenen Strapazen zu erholen." Ich nicke, fragte mich, was  das hier sollte und rührte trotzig weder den süßlichen Wein noch etwas von dem dampfenden Essen auf den zahlreichen Tellern an. Seine Brauen wandern ungeduldig nach oben. „Du wirst gleich erfahren, was das hier soll." Ich nickte wieder, die Wut, die ich eben noch empfunden habe, verrauchte, wie ein ersticktes Feuer.

Die Züge meines Vaters entspannten sich sichtlich und ich griff nach einem Stück kandierten Obst, obwohl ich gerade noch fest entschlossen war, nichts zu essen. „Was hast du geträumt?", fragte er mich und sofort öffnete sich in meinem Kopf die Tür zu meinen dunklen Träumen. Er sah mich konzentriert an und in mir bannte sich wieder das Gefühl an, dass mir eine entscheidende Information fehlen würde. Als stünde ich kurz davor ein Rätsel zu lösen, nur das letzte Puzzlestück fehlte noch.

Ich fragte mich, ob ich als Kind Rätsel zu schätzen gewusst hatte und wunderte mich sogleich, dass ich die Antwort darauf nicht kannte. Ein vertrautes Bild blitzte vor meinem inneren Auge auf. Ein junger Fae in einem Stall. Die Boxen mit den prächtigen andalesischen Stallions und sogar mit zwei der noch selteneren Stuten gefüllt. Die Augen des Jungen blitzten mich aufgeregt an. Sein Lachen dröhnte durch meinen Kopf.

Dann ein neues Bild. Dieselben Augen, ein anderer Ort. Der Geruch von Stroh und Heu wurde von einem kalten Wind abgelöst, der sich metallischen und stechend in mein Bewusstsein klammerte. Blut. Ich stand am Boden einer Arena, doch ich hatte keine Kontrolle über meine Züge, über die Bewegungen meines Schwerts oder meine Stimme.

„Was ist passiert?" Die Stimme wütete direkt in meinem Kopf. Sie ließ alles in  seine Einzelteile verfallen. Doch es war nicht meine. Das sollte  nicht... „WAS IST PASSIERT?" Ich hörte die Worte, wieder und wieder. Sie  hallten in einem endlosen Echo durch meinen Kopf. Steigerten sich zu einem unerträglichen Dröhnen, dass ich nicht aushalten konnte. Ein Knistern in einer Ecke meines Kopfes, dann folgte eine lähmende Stille.

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Was schaut ihr gerade für eine Serie?✨

The Lost PrincessWhere stories live. Discover now