Kapitel 129

2K 112 3
                                    

(Hailys Sicht)

Das Licht blendete mich so stark, dass sich meine Hand vor die Augen legte und ich erst nach kurzem Warten näher hinschauen konnte. Das blaue Licht blinkte immer wieder auf und drehte kreisförmige Bewegungen. Erst jetzt bemerkte ich die riesen Menschenmenge auf der Straße, versammelt um einen Krankenwagen, einem weiteren Krankenauto und einer Polizei. Was ist denn da passiert?

In unserer kleinen Stadt passieren fast nie riesige Unfälle. Zumindest nicht so groß, dass sich die ganze Nachbarschaft versammelt.

Ich beschloss näher heran zu gehen, um den Ursprung der Aufregung zu sehen. Meinen Körper presste ich durch die Menschen, welche dichter nicht stehen könnten. Müssen denn immer so viele Menschen glotzen, wenn es um einen Unfall geht? Alle müssen immer da stehen und wie die Ampelmännchen glotzen, was passiert. Als ob das Leid anderer so spannend wäre. Ich will nur ganz kurz wissen, um was es überhaupt geht.

In der ersten Reihe stellte ich ersteinmal fest, dass ein großer Bereich mit dem rot weißem Band abgesperrt war und man nicht weiter vordringen konnte. Die Polizei stand am Rand und beruhigte die Leute oder redete mit ihnen.

In der Mitte stand ein Auto, welches nichteinmal großartig beschadet aussah. Die Autotür stand offen und ein weiterer Polizist vernahm den sichtlich verstörten Autofahrer. Der versuchte etwas zu erklären und fuchtelte unbeholfen in der Luft umher. Mein Blick schweifte weiter auf den Boden.

Ein wenig rotes Blut lag auf der Straße und langsam steigerte sich ein Besorgnis erregendes Gefühl in mir. Wieso? Keine Ahnung. Ich habe ein mulmiges Bauchgefühl bei der ganzen Sache. Nun fiel mir der Krankenwagen in den Blick. Auf einer Trage wurde eine Person aufgeladen und in den Krankenwagen verfrachtet.

Ich musste zwei Mal hinschauen, doch ich würde ihn mit verbundenen Augen erkennen. Ein Stich durchzog meinen ganzen Körper und mein Blick erstarrte zu weit aufgerissenen Augen mit kreidebleicher Haut. Nein, bitte das kann nicht sein.

Tyler lag, mit Wunden und Blut übersäht auf der Trage. Ich schluckte einmal, doch es tat unglaublich weh. Mein Hals war trocken und alles in mir versagte.

Die durcheinander redenten Menschenstimmen wurden zu einem dumpfen Brummen. Ein gedämpfter Schall, wie Unterwasser. Die Tränen kamen wieder hoch und dieses erstickende Gefühl verkrümmte meinen Magen. Er zog sich unangenehm zusammen. Das Absperrband begann zu verschwinden und existierte für mich praktisch nicht mehr. Die erste Träne fand den Weg nach Außen und lief über die Wange, während sie eine brennende Spur auf meiner Wange hinterließ.

Ehe ich mich versah war ich unter dem Band durchgeschlüpft. Die Polizisten, welche mich zurückhalten wollten, überrannte ich und ignorierte mein Gehirn gekonnt. Auf dem schnellstmöglichen Weg lief ich zum Krankenwagen, in den Tyler hineingeschoben wurde. Die Tür sollte geschlossen werden, doch ohne mich geht dieses Ding nicht weg.

Ich schrie „Stop." Der Arzt, der hinten mitfährt schaute aus der halb geschlossenen Tür heraus. „Kleine du hast hier keinen Zutritt. Es war abgesperrt." Diese blöden Belehrungssprüche soll er sich bloß klemmen.

Durch zusammengebissene Zähne und mit Tränen überall im Gesicht presste ich „Ich werde jetzt da mitfahren." heraus. Ein flehendes „Bitte" schob ich dennoch hinterher. Ich musste einfach bei ihm sein. Er verdrehte die Augen „Bist du aus seiner Familie oder die Freundin?" fragend hob er die Augenbrauen. „Familie... ähm... Freundin..." Warte was? Ich bin nicht mit Tyler zusammen, trotzdem habe ich das jetzt gesagt. „Familie." Verbesserte ich mich erneut. Er schien durch meine Unschlüssigkeit leicht verwirrt zu sein. Darf die Freundin überhaupt mitfahren? Ich will jetzt bei ihm sein und muss wissen, was passiert ist. „Irgendwie beides" nuschelte ich nun hervor.

„Na gut spring schnell rein" das brauchte er mir nicht zwei Mal sagen. Sofort sprang ich hinten rein und kam vor der stehenden Trage zum Stillstand.

Mein Blick klemmte sich an Tyler fest und ich konnte ein geschocktes Aufatmen nicht unterdrücken. Die Hände schlug ich vor dem Mund zusammen und versuchte krampfhaft nicht noch mehr bittere Tränen zu vergießen.



Only One Person and your Life is changing! TEIL 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt