Zurück zur Normalität

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Qen - Die Beerdigung unserer getöteten Kameraden war ohne Zweifel traurig. Mit den meisten hatte ich nie ein Wort gewechselt und doch war ich wahrhaftig betroffen. Insgesamt sieben Kameraden trugen wir zu Grabe, zu den vier die direkt auf der Schießbahn verstorben waren, kamen noch drei, die auch die Ärzte nicht mehr retten konnten. Wir trugen unsere Paradeuniform: Schwarze Jacke mit blauen Umschlägen und goldenen Knöpfen, weiße Reiterhosen, schwarze Stiefel und zum ersten Mal die schwere Pickelhaube. Die Toten trugen ihre Uniform ebenfalls. Zum ersten und zum letzten Mal.

Und ihre Tode waren so verdammt sinnlos.

Es hatte sich herausgestellt, dass die Kriegsbestie tatsächlich aus unseren eigenen Reihen stammte und sich auf dem Weg zum Training losgerissen hatte. Auf der Suche nach Nahrung und einem Unterschlupf war er auf der Schießbahn genau zwischen den Rekruten gelandet. Noch ein untrainiertes Jungtier, hatte sie wild um sich geschlagen und ihre Instinkte befolgt, die ihm befohlen zu töten. Die Schüsse der Ausbilder und der verängstigten Rekruten hatten sie nur noch mehr angestachelt.

Am Tag nach der Beerdigung begann für Feldwebel Stark eine Reise durch fast ganz Carcan. Als der für uns Verantwortliche fühlte er sich in der Pflicht, den Familien der toten Soldaten persönlich über deren Tod zu benachrichtigen.

„Er wird wohl mindestens eine Woche unterwegs sein", erklärte uns Unteroffizier Hauser. „Bis dahin liegt das Kommando bei seinem Stellvertreter Unteroffizier Miltenberger, den ihr ja schon kennengelernt habt. Aber glaubt nicht, dass es hier jetzt entspannter wird. Der Unteroffizier wird da übernehmen, wo der Feldwebel aufgehört hat."

Tatsächlich kehrte am Freitag wieder die Routine ein. Miltenberger übernahm den Morgensport und er war kein bisschen nachgiebiger als der Feldwebel.

Da wir durch die Vorfälle wichtige Ausbildungsstunden verloren hatten, wollten wir diese am Wochenende nachholen. Das hieß für uns alle kein Wochenende und keine Erholung.

„Können die das mit uns machen?", fragte Wint. Er war in unserer Gruppe nach Rito der kleinste und um einiges schwächer als Aaros. Bei physischen Anstrengungen war er nicht selten der erste, der zusammenbrach.

„Jammer nicht rum!", schnauzte Klaus ihn an. „Du hast es doch am nötigsten hier!"

„Lass ihn in Ruhe", sagte Elmar.

„Oder was?"

Inzwischen ignorierten wir ihre Auseinandersetzungen nur noch. Sie gehörten zu unserem Tagesprogramm wie der Morgensport oder der Zapfenstreich und da sie seit Elmars betrunkenem Schlag nicht mehr handgreiflich geworden waren, ließen wir sie machen.

„Wir brauchen alle eine Pause. Die Woche war hart, wir haben sie uns verdient", stimmte auch Jupiter zu. Seine Haare waren inzwischen nicht mehr so gut gegelt wie noch zu Beginn der Ausbildung.

„Aber die bekommen wir nun mal nicht! Wenn ihr deswegen rum heult, führt das auch zu nichts!", konterte Klaus.

Stimmt wohl, dachte ich. So sehr ich Klaus auch hassen wollte, gelang es mir einfach nicht. Wie Fitz gesagt hatte, war er kein schlechter Mensch, er war nur in seinen Prinzipien gefangen. Und die sagten aus, dass der Stärkste das Recht auf seiner Seite hatte.

„Vielleicht lenkt es uns auch ab. Von den Toten meine ich...", warf Rito ein.

Wir senkten die Köpfe. Was für eine dämliche Diskussion. Besonders zu diesem Zeitpunkt. Von unserer Gruppe hatte es glücklicherweise niemanden erwischt, doch Hans Gelfuß aus Gruppe 2 war ums Leben gekommen und wir alle hatten ihn mit leeren Augen im Schnee liegen sehen. Ein Flügelschlag des Falken hatte ihm das Genick gebrochen, er war sofort tot. Von seinen Stubenkameraden hatte ich gehört, dass er ein wirklich korrekter Typ gewesen war, der immer gerne geholfen hatte.

Carcan - Die WinterkriegeNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ