Unteroffizier Hauser und die illustre Truppe

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Qen - Im Gegensatz zu dem Bärenfeldwebel war Unteroffizier Hauser ein sehr quirliger Kamerad. Auch wenn er krampfhaft versuchte, ernst zu bleiben, kam dann und wann seine lockere Seite ans Tageslicht. Einerseits genoss ich seine Andersartigkeit, andererseits war sie maximal nervig. Zusätzlich zu den Tratschtanten auf meiner Bude bekam ich es jetzt also mit einem genauso aktiven Gruppenführer zu tun.

Hauser führte uns zuerst durch die Kaserne und zeigte uns wichtige Orte wie das Stabsgebäude mit der Poststelle, den Sanitätsbereich, die Wäschekammer, wo wir am Wochenende unsere Uniformen zum Reinigen abgeben konnten, die Truppenküche, den kleinen Kasernenladen, wo eine alte Dame Seife, Knabbereien und andere Dinge des täglichen Gebrauchs verkaufte, und die Freizeithalle, wo er uns gleichzeitig erklärte, dass wir nicht viel Freizeit haben würden. Auch an den verschiedenen Kompaniegebäuden kamen wir vorbei. Wir gehörten der 1. Kompanie an, die sich um die Grundausbildung der Soldaten kümmerte. Die 2. bis 6. Kompanie waren ganz der Alchemie verschrieben. Dort wurden die Kriegsbestien gezüchtet und ausgebildet und die alchemistischen Waffen hergestellt. Wir kamen an den Käfigen und der großen Trainingshalle vorbei und Hauser riet uns dringen davon ab, diese aus Neugier nachts aufzusuchen. „Auch von den Waffen solltet ihr die Finger lassen. Nur die Alchemisten wissen, wie sie richtig funktionieren, ein falscher Handgriff könnte euch in tausend Stücke sprengen."

Da ich nicht vorhatte, freiwillig auch nur einen Fuß in die Nähe dieser Wahnsinnigen zu setzen, ließ mich seine Ansprache relativ unberührt.

Nach unserem Rundgang folgte der Formaldienst, wo wir lernten, anständig anzutreten, uns bei der Wendung auf einem Fuß zu drehen, ohne umzukippen, richtig militärisch zu grüßen, zu marschieren, unseren Anzug herzurichten und sonstige Dinge, die einem frischgebackenen Soldaten das Leben leichter machten. Zum Glück verinnerlichte ich das Gelernte schnell. Der Bibliothekar und der Märchenprinz waren noch eifriger.

Ich wusste wirklich nicht, was ich von ihnen halten sollte. Elmars Verhalten heute morgen hatte mich innerlich rasend gemacht. Er wollte unbedingt für die Schwachen einstehen und die Störenfriede in ihre Schranken weisen, aber an der Ausführung haperte es gewaltig. Es sei denn, er hatte es auf ein blaues Auge angelegt, dann hatte er alles richtig gemacht. Trotzdem... Dieser Blick, mit dem er Klaus angesehen hatte, hatte selbst mir einen Schauer über den Rücken gejagt. Für einen Moment hatte ich ihm seine Mordlust abgekauft. Nun war ich mir sicher, er scheute keine Konfrontation, er begrüßte sie sogar, selbst wenn er wusste, dass er nicht gewinnen konnte. Was für eine noble und doch dumme Eigenschaft. Der Titel Märchenprinz war echt treffend.

Aber auch Aaros, den ich zunächst für einen Schwächling gehalten hatte, schien seine starken Momente zu haben. Sein Beschützerinstinkt mochte nicht ganz so ausgegoren sein wie Elmars, trotzdem versuchte er verzweifelt, den Leuten zu helfen. Im Gegensatz zu seinem Kumpel ging er Konfrontationen dabei aber lieber aus dem Weg.

Rito schien uns nur auf die Stube geschickt worden zu sein, um die beiden anzufeuern. Ich fragte mich, wie alt er wirklich war und welches Arschloch ihn der Armee hatte beitreten lassen. Aber er hatte ein ehrliches Wesen und seine Art, sich für Dinge zu begeistern, war was besonderes. Ich hoffte, das würde er nicht verlieren.

Nun blieb noch abzuwarten, welche Rolle mir zugeschrieben war.

Worüber machte ich mir denn nur Gedanken? Seit wann interessierte ich mich so sehr für andere Menschen?

Ich war so versunken, dass ich beinahe versäumt hätte, Unteroffizier Hauser zu grüßen, der überprüfte, ob wir seine Anweisungen verstanden hatten und in die Tat umsetzen konnten. Zum Glück reagierte ich gerade noch rechtzeitig.

Um zwölf Uhr gingen wir zum Mittagessen. Es gab Kartoffeln mit Sauerkraut und ein kleines Stück Kasseler. Wir alle schlangen gierig unsere Portion herunter. Bei all den neuen Eindrücken hatten wir ganz vergessen, dass wir seit gestern nichts mehr gegessen hatten. Der Essen konnte man kaum als lecker bezeichnen, doch es war zweckmäßig und machte uns satt. Als wir fertig waren, hätte man unsere Teller direkt wieder verwenden können, so blitzblank waren sie.

Carcan - Die WinterkriegeTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon