| Chapter One-Hundred-Fifteen |

170 22 7
                                    

Lesenacht (6/7)
_______________
*Mareks PoV*

Traurig drückte ich die Hand meiner Mutter.
Der Bildschirm neben ihrem Krankenhausbett piepste so laut, dass es in meinem Kopf nachklingelte.
Nun waren zwei Menschen, die ich liebte, auf der Intensivstation und es gab in beiden Fällen nichts, was ich tun konnte, um ihnen zu helfen.

Es waren nun bereits einige Tage vergangen, seit Quinn von dieser Brücke gesprungen war und trotzdem sah ich es immer noch jede Nacht in meinen Träumen.
Ich sah, wie sein letzter Lebenswille erlischte, wie er fiel und dann, wie sein Körper von den Wellen unter Wasser gedrückt und mir aus den Händen gerissen wurde.
Falls ich es schaffte, ihn an die Wasseroberfläche zu ziehen, dann war er meist bereits tot und sah mich einfach nur vorwurfsvoll, aus leeren Augen, an.
In einem Traum hatte er noch meine Hand gepackt und schrie: „Das ist alles deine Schuld".

Ich schlief kaum noch, Essen hatte seinen Reiz verloren.
Ich vermisste Quinn so sehr, dass es bereits körperlich weh tat.
Und doch schaffte ich es nicht in ihn erneut zu besuchen.
Seine Nachrichten hatte ich auch ignoriert.

Ich durfte nicht schon wieder schwach werden.
Der letzte Besuch war bereits ein Fehler gewesen.
Ein Fehler, den ich nicht wiederholen durfte.

Ich musste es verfickt nochmal endlich schaffen ihn loszulassen.
Es wäre einfach unfair ihn weiter festzuhalten.
Er war der beste Mensch, den ich kannte.
Und ich eben der schlechteste, den es überhaupt gab.

Ich liebe dich.
Seine Worte spukten mir Tag und Nacht durch den Kopf und machten mir das alles umso schwerer.
Und was hatte ich gesagt?
Dass ich nicht wusste, was Liebe war.
Pah.
Ich war einfach nur ein Angsthase, mehr nicht.

Nein.
Er hatte etwas Besseres verdient.
Jemand besseren, der ihn nicht zu sowas treibt, wie von einer Brücke zu springen.

Als ich meinen kleinen Bruder wieder schluchzen hörte, drehte ich mich zu ihm und nahm Moe in den Arm.
Der Kleine drückte sich an mich und auch ich hielt mich an ihm fest.
Ich spürte die Hand von meinem Dad auf meinem Rücken und sah, wie Ivar auf der anderen Seite von Moms Bett stand und ihre Hand hielt.

Plötzlich hatte ich ein unglaublich schlechtes Gewissen, da ich jetzt über Quinn nachdachte, obwohl meine Mutter hier lag und um ihr Überleben kämpfte.
Ich war nicht nur ein scheiß Mensch, sondern auch ein kack Sohn.
Gerade konnte ich jedoch Quinns Sprung von der Brücke verstehen.
Manchmal scheint dies wirklich einfacher zu sein, als das Leben zu leben.

Doch so weit würde ich es nicht kommen lassen.

Die ungeweinten Tränen in meinen Augen brannten, doch ich schaffte es einfach nicht, diese loszulassen.
Ich konnte einfach nicht weinen.
Es ging einfach nicht.

Fuck.

Als ich Abends in meinem Zimmer saß und mal wieder an die Decke starrte, nahm ich endlich mein Handy und antwortete Quinn auf seine Nachrichten. Wenigstens das hatte er verdient.

Die darauf folgenden Tage waren nicht besser.
Mein Dad ließ mich Zuhause, wusste er doch genau, dass ich in der Schule eh nicht aufpassen könnte.
Jeden Tag besuchten wir Mom im Krankenhaus und waren für jede Minute, die sie wach war, dankbar.
Dass Quinn im gleichen Krankenhaus war blendete ich einfach aus.
Jetzt ging es nicht um mich, sondern um meine Mutter.
Sie kämpfte tapfer und wir würden an ihrer Seite bleiben.
Bis zum Schluss.

Deshalb beschloß ich, dass das mit Quinn ein für allemal vorbei war.
Das Treffen, welches auf diesen Entschluss folgte, war kurz und hart und nur sein Geschmack auf meinen Lippen und ein leichtes, blaues Auge blieben zurück.
Es war besser so, versuchte ich mir einfach weiter einzureden.
Es war besser so.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyOnde as histórias ganham vida. Descobre agora