| Chapter One-Hundred |

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Marek's Sicht:

Wie ein Engel lag er da.
Sein Mund war zu einem leichten Lächeln verzogen, sein Gesicht war komplett entspannt.
Ich hatte ihn wahrscheinlich Stundenlang angestarrt.

Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, strich ich Quinn einer seiner blonden Locken aus der Stirn, die im schwachen Schein der Straßenlaternen, die durch das Fenster fielen, glitzerten.
Seine weiche Haut strahlte wie Marmor und lud mich ein, sie zu küssen.

Ich wünschte, ich könnte seine Augen sehen.
Seine träumerischen Augen.
Immer, wenn er mich mit diesem Blau ansah, fühlte ich mich verloren und gefunden gleichermaßen.
Ich fühlte mich schwerelos in diesem ruhigen Ozean, fühlte mich unaufhaltbar in diesem mitreißenden Fluss.

So ein Bullshit, was ich da dachte.
Kotz.

Mein Herz pochte in meiner Brust und ich zog Quinn noch ein kleines bisschen enger zu mir.
Ich konnte es nicht erklären und wollte es auch nicht, aber dieser Junge hatte mich verändert und ich wusste nicht, ob das gut war.
Auch, wenn ich glücklich war, wusste ich, dass ich ihn von mir stoßen musste.
Nicht, weil ich ihn nicht mögen würde, leider, ganz im Gegenteil.
Ich würde ihn zerstören, mit mir in die Tiefe ziehen und das hatte er nicht verdient.

Früher hatte ich meinen Spaß daran, ihn zu ärgern, doch nun war alles anders.
Ich hatte mich verliebt, obwohl ich es nicht wollte und ich würde einen Teufel tun es zu zeigen, geschweige denn, zu sagen.
Die Angst, diese panische Angst, mich zu outen, und dass dann das gleiche passiert, wie auf der anderen Schule, war zu groß.
Viel zu groß.
Das Mobbing hatte mich geprägt, hatte mich zerstört und gleichzeitig stärker gemacht.
Das ich das gleiche nun mit anderen machte, zeigte nur, wie schwach ich trotzdem noch war.
Die Zeit heilte alle Wunden?
Bullshit. Man gewöhnte sich nur an den Schmerz.

Vorsichtig holte ich mein Handy vom Nachttisch und entfernte mich von Quinn.
Er lag ganz ruhig da, atmete tief ein und aus und es war dumm von mir, doch ich konnte nicht anders.
Vorsichtig, sodass ich ihn nicht weckte, machte ich ein Bild von ihm.
Man sah sein weiches Gesicht, seinen noch leicht geschundenen, aber perfekten Oberkörper und die Decke, die seine Körpermitte verdeckte.

Seine Haare waren noch etwas verschwitzt und ich konnte nicht anders, als zu lächeln.
Während ich auf das Bild starrte und dann wieder auf Quinn, hatte ich eine Entscheidung gefällt.

Ich musste ihn los werden, bevor er weiter mit mir kaputt ging.

Alle diese Gedanken waren widerlich und ich hasste mich dafür.
Aber noch mehr hasste ich mich, weil ich einen Fehler gemacht hatte.
Mit Quinn zu schlafen war das Beste, was ich je getan hatte und ich wusste, dass ich nie mehr so glücklich sein konnte, wie mit ihm.

Und das war falsch.

Ich werde immer vor mir selbst weglaufen, werde nie aufhören damit und es war unfair, was ich Quinn antat.
Ich wollte ihn.
Ich wollte ihn mehr, als nur einen Freund.
Ich wollte ihn für mich haben.
Für mich allein.
Aber das ging nicht.

Ich hatte zu sehr Schiss.
Meine Angst mich zu outen, geschweige denn, mit einem Jungen zusammen zu sein, war viel zu groß.
Angst, Panik, Furcht.

All der Scheiß saß mir im Nacken, wie meine Oma, wenn sie an Hochzeiten mit mir tanzen wollte und ich konnte langsam nicht mehr.

Ich hasste mich und das was ich war.
Niemals würde sich das ändern.

Ich unterdrückte meinen Tränen und sah Quinn wieder ins Gesicht.
Sein ebenmäßiges Kinn, seine hohen Wangenknochen, seine markanten Züge.

Er war wunderschön und ich könnte kotzen, dass ich sowas dachte.

Ich hasste das Kribbeln, welches ich bei ihm bekam und ich hasste dieses Wohlsein, dass ich nur bei ihm hatte.

Ich verstand nicht, wieso er noch hier war.
Wieso war er hier, obwohl ich ihm sein Leben zur Hölle gemacht hatte?
Wieso war er hier, obwohl ich alles getan hatte, um ihn von mir fern zu halten?
Wieso...?

Es tat mir leid.
Alles.
Alles tat mir unendlich leid, aber ich konnte es nicht zugeben.
Ich war unfair und unnötig gemein zu ihm gewesen.
Alles nur, um mich selbst zu schützen.

Quinn war ein guter Mensch und ich hatte gewusst, wie das alles endete.
So wie es nun enden musste.
Ich würde ihn nur vollständig zerstören und das hatte er nicht verdient.
Er hatte Besseres verdient.
Jemand besseren.

Wohl stundenlange sah ich ihn an. Verlor mich in seinem Duft nach Lavendel und Sand und wusste, was ich zu tun hatte.
Wie alles in meinem Leben musste ich auch das hier kaputt machen.
Ich musste einfach.
Das war ich ihm schuldig.
Das alles ging schon viel zu lange.
Ich musste es endlich beenden.



Es war der Horror, trotzdem zog ich es durch und schmiss Quinn am nächsten Tag aus dem Auto.
Es tat mir selbst weh, das zu tun und in dem Moment, als er wegrannte, wusste ich, dass es falsch gewesen war.

Ich fühlte mich so schlecht.
Das schlechte Gewissen erdrückte mich, aber ich tat so, als wäre nichts.

In der Schule konnte ich nicht aufhören an ihn zu denken.
An seinen Duft. Seine Haare. Seine Stimme.
Vor allem jedoch machte ich mir Sorgen um ihn.

Seit er heute Morgen aus dem Wagen gestürzt war hatte ich ihn nicht gesehen.
Das schlechte Gewissen fraß mich auf.

„Hey, Ches", begrüßte ich meinen Kumpel mit einem Handschlag und bemerkte mal wieder, wie angespannt unser Verhältnis war, seit ich mehr mit Quinn zu tun gehabt hatte. Das Chester mal auf mich eifersüchtig war hätte ich auch nie gedacht.

„Was geht?", begrüßte mich der Dunkelhaarige und ich steckte meine Hände in die Hosentaschen, um lässiger da zu stehen.
„Hast du Quinn heute schon gesehen?", versuchte ich so unauffällig wie möglich zu fragen und sah mich kurz um, ob es jemand gehört hatte, doch wir waren allein.
Chester sah mich einen Augenblick lang nur an. Verwirrt, nachdenklich, dann misstrauisch.

„Solltest du das nicht besser wissen?", meinte er dann und seine grauen Augen blitzten aufmerksam auf.
Das Gefühl von Schuld nahm mich mal wieder ein und ich kratzte mich am Hinterkopf.
„Wir... Wir haben uns gestritten", meinte ich nur ausweichend und ich sah, wie Chester seufzend den Kopf schüttelte.

„Ich geb dir Bescheid, wenn ich von ihm höre", erklärte mir der Kleinere und ich nickte ihm dankbar zu, bevor ich davon ging.
Ich wollte nicht, dass er etwas bemerkte, wobei ich das Gefühl hatte, dass dieser Zug bereits abgefahren war.
Immerhin war Chester Quinns bester Freund und er war nicht dumm.

Nervös spielte ich mit meinen Fingern und unterdrückte einfach mal wieder alles.
Tief durchatmend betrat ich das Klassenzimmer und setzte mein Pokerface auf.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon