| Chapter Sixty |

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„Was soll den der Scheiß?", forderte ich nun eine Erklärung und beobachtete ihn dabei, wie er sich seufzend durch die Haare fuhr. Daraufhin fiel ihm eine Locke in die Stirn und es erforderte meine ganze Selbstkontrolle sie ihm nicht aus dem Gesicht zu streichen. „Na was wohl, ich hab mir Sorgen gemacht natürlich", antwortete er wie selbstverständlich, als wäre ich begriffsstutzig.
Verwirrt kniff ich meine Augenbrauen zusammen und sah ihn weiterhin fragend an.

Sorgen?
Er?
Um mich?
Ha ha, der war gut!

„Jetzt guck doch nicht so blöd. Ich hab doch gemerkt, dass irgendwas war und dann wach ich auf und du bist weg! Hast dich einfach verpisst und sagst meiner Familie, dass du nach Hause gehst, da, wo irgendein Schläger auf dich wartet und dich wahrscheinlich ermordert, aber der hochwohlgeborenen Quintus hat es ja mal wieder nicht nötig, sich darüber Gedanken zu machen!", fuhr er mich zornig an und erschrocken zuckte ich zusammen, als er kräftig mit der Faust neben sich auf die Couch schlug.
Der Typ hatte doch echt Aggressionsprobleme!

„Sag mal, geht's noch?!", rief ich genauso angepisst zurück und sah, wie er überrascht die Augenbrauen hoch zog. „Was spielst du dich hier so auf? Wir sind keine Freunde und das werden wir auch nie sein! Seit wann interessiert es dich denn? Hat es dich schon interessiert, als du mich in der Toilette ertränken wolltest? Oder, als du mich geschlagen hast? Oder, als du-", kam ich richtig in Fahrt, bis ich Mareks große Hände an meinen Schultern fühlte, die mich somit unterbrachen. „Halt's Maul, Quinn. Das hattest du alles selbst provoziert, also heul jetzt nicht so rum!", erwiderte er, genauso zornig, und schüttelte mich leicht an den Schultern.
Seine Finger gruben sich dabei qualvoll in meine Haut und ich riss mich zusammen, um ihm meine Schmerzen nicht zu zeigen. 

„Hast du mich jetzt hier her beordert, nur um mir das vorzuwerfen?", murmelte ich, etwas eingeschüchtert und ärgerte mich über mich selbst. „Ja", erwiderte er immer noch sauer, seufzte aber dann und ließ mich los. „Nein", verbesserte er sich dann und ruckte wieder etwas von mir ab.
Komische Gefühle und seltsame Gedanken schossen mir durch den Körper und den Kopf und setzten mich total unter Druck. Meine Finger begannen mal wieder zu zittern und nervös bemerkte ich, wie mein Augenlied anfing zu zucken.
„Man, kann man mit dir auch mal normal reden, ohne, dass du persönlich oder sarkastisch wirst?", stellte er die wohl ehr rhetorische Frage, während er leicht mit dem Kopf schüttelte. „Nö", erwiderte ich sofort und fühlte Befriedigung, als er genervt seine Augen verdrehte.

Kurz war es still zwischen uns.
Die Stille dröhnte mir unangenehm laut in den Ohren und am liebsten wäre ich wieder gegangen, doch ich wusste, dass ich mal wieder keine Chance gegen ihn hatte.
„Pass auf... Ich habe einen Vorschlag", durchbrach er dann endlich die Ruhe und nachdenklich ließ ich meinen Blick wieder zu ihm wandern.
Ich sollte nicht nachfragen.
Ich sollte gehen.
Ich sollte...
„Schieß los", sagte ich trotzdem, obwohl ich es nicht wollte.
Es interessierte mich ja auch überhaupt nicht...
Also, so gar nicht!

„Pass auf", widerholte er und ich beschloß für mich, dass, egal was er sagen wird, ich ihm nicht zustimmen werde.
„Du hast Recht, wir sind keine Freunde und wir werden auch keine mehr, aber das ist doch perfekt! Ich will einfach nur neue Erfahrungen sammeln und ich glaube, dass es dir genauso geht. Zumindest hatte ich das Gefühl, dass es so ist", fuhr er fort und sofort schoss mir Hitze ins Gesicht, als ich daran denken musste.
War der Typ bescheuert?!

„Deshalb wäre es doch in unser beider Interesse, darüber einen Deal abzuschließen, oder nicht?", teilte er mir seine Idee mit und mein Herz blieb stehen.

Nein...
Das war nicht sein Ernst...
Wollte dieser Typ mich verarschen?!

„Hast du sie noch alle?! Ich will doch nicht mit dir schlafen, Marek!", rief ich wütend und sprang auf.
War er krank?!
Was sollte denn der Scheiß?
„Wir müssen doch auch nicht gleich ficken", versuchte er mich zu beruhigen und folgte mir.

Aufgebracht schüttelte ich den Kopf und lief schon mal Richtung Haustüre, erst langsam, dann immer schneller. „Du spinnst!", keifte ich und nahm die Türklinge in die Hand. „Jetzt komm schon, stell dich doch nicht so an. Ich weiß doch, dass es dir auch gefallen hat. Überleg doch mal, so eine Chance wirst du nicht mehr bekommen. Es wird sich ja sonst zwischen uns nichts ändern!", versuchte er mich zu überzeugen und wollte mich weiterhin zurückhalten, doch ich riss mich wutentbrannt von ihm los. „Wie oft denn noch, ich will das nicht!", wehrte ich mich gegen ihn und auch gegen meine Gefühle und meine Gedanken.
„Ich kann dich bezahlen", versuchte er es weiter, gab nicht auf.

Mein Herz blieb stehen.
Wie konnte er das sagen...?
Wie konnte er mir das vorschlagen, obwohl er Dinge aus meiner Vergangenheit wusste, die...
Der Schmerz, welcher sich in meiner Brust ausbreitete schien mich zu erdolchen, doch ich versuchte es einfach mit aller Kraft zu vergessen.
Geschockt und überfordert drückte ich ihn von mir weg, denn er stand viel zu nah!

„Ich bin doch kein Prostituierter!", rief ich zornig und konnte immer noch nicht glauben, dass er das wirklich gesagt hatte.
Was bildete er sich ein?!
Als ich sein blödes Grinsen sah, brannte in mir eine Sicherung durch. Mich hätte es nicht gewundert, wenn Rauchwolken aus meiner Nase gekommen wären, so sauer war ich. Ich wusste schon immer, dass ich Marek hasste, aber gerade jetzt wurde dieses Gefühl noch tausend mal unangenehmer.

Der Schmerz verschwand zum Glück, doch was ich jetzt spürte war irgendwie schlimmer.
Hass war ein schreckliches Gefühl.
Es hinterließ einen ekelhaften Geschmack in meinem Mund und machte mich angreifbar.

„Fick dich, Marinek", knurrte ich ihn an, betonte seinen Namen extra zickig und versuchte mich durch tiefes durchatmen zu beruhigen. „Du meintest wohl fick mich", meinte er mich verbessern zu müssen und brachte damit das Fass zum Überlaufen.

Eine unglaubliche Hitze und eine Welle puren Hasses brach tief aus meinem Inneren hervor und machte mich blind. Mit einem wütenden Aufschrei schuckte ich Marek, sodass er überrascht strauchelte und zu Boden ging. Mit einer Kraft, die ich nicht ahnte zu besitzen, warf ich mich auf ihn und drückte ihn auf das helle Parkett. Er keuchte schmerzhaft auf, als ich ihn dort fixierte und diese Geräusche brachten mir so eine Befriedigung, dass es mir kurz besser ging.
Ohne darüber nachzudenken hob ich meine Hand und bildete eine Faust.

Mein Herz pochte, mein Atem ging unglaublich schnell und vor meinem inneren Auge sah ich mich selbst, einen jüngeren, noch unsicheren Quinn.
Er spornte mich an das größte Arschloch der Welt endlich zu schlagen. Endlich diese unterdrückte Wut auf hin heraus zu lassen, sich zu rächen, für alles.
Für alle Worte, für alle Blicke, für alle Taten.
Ihn leiden zu sehen, genauso wie der Jüngere es musste.
Wie ich es musste...

Meine Hand zitterte und ich stellte mir vor, wie diese in seinem blöden Gesicht landete.
Stellte mir vor, wie er dann vor Schmerzen seinen Mund verzog, vielleicht sogar aufstöhnt.
Das, was ich mir seit Jahren wünschte, war direkt vor mir, zum Greifen nah:

Rache.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyDove le storie prendono vita. Scoprilo ora