| Chapter Forthy-Three |

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Da Minella mich immer noch fragend ansah räusperte ich mich kurz und antwortete dann: „Ich bin mir noch nicht sicher. Ich klär das noch kurz Zuhause ab".
Sie nickte lächelnd, legte mir kurz eine Hand auf die Schulter und ließ mich dann stehen.

Schnellen Schrittes ging ich kurz vor die Haustüre, um frische Luft zu schnappen und mein Handy zur Hand zu nehmen.
Fieberhaft überlegte ich, was ich tun sollte.

Es war ein Tag vor Heiligabend.
Chester und seine Eltern waren nicht mehr Zuhause, da sie um diese Zeit immer zu seinen Großeltern fuhren.
Joy war ebenso bei ihrer Familie in Kiel.
Griff war zwar Zuhause, aber ich verstand mich nicht gut mit seinen Eltern, weshalb ich auch ihn von meiner Liste strich.
Isa war mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester nach Ägypten geflogen und verbrachten dort ihre warmen Weihnachten.
Zu Sienna konnte ich auch schlecht gehen.
Theoretisch könnte ich auch nach Hause, mit der Gefahr auf Ben zu treffen und vielleicht umgebracht zu werden.
Das dezemierte meine Möglichkeiten auf...

Eine.
Scheiße.

Murrend packte ich das Handy, mit dem ich einen meiner Freunde hatte anrufen wollen, wieder in die Hosentasche und lief in das Haus zurück.
Im Esszimmer tummelte sich bereits Familie Pawlow und schweigend setzte ich mich auf den Platz zwischen Moe und Marek.

Meine Gedanken flogen wild umher und obwohl ich wusste, dass es nicht so wahr, fühlte ich mich unglaublich alleine auf dieser riesigen, brutalen Welt.
Als wäre mein Kopf unter Wasser, hallte alles um mich herum nach und überfordert nahm ich das Essen zu mir, während ich versuchte nicht all zu abweisend zu den Menschen um mich herum zu sein.

Moe erzählte von seiner Schule, Ivar von seinem Studium, Henriette von ihren Kätzchen.
Müde versuchte ich ihnen zu folgen, doch flogen die Worte einfach nur durch mich hindurch, ohne ihren Sinn mir Preis zu geben, ohne mich zu belehren.
Ich fühlte mich schwerelos und nachdenklich stich ich mir vorsichtig über mein linkes Auge, welches immer wieder seltsam zuckte. Den Rest meines Körpers spürte ich schon gar nicht mehr.

„Hast du Schmerzen, Quinn?", hörte ich Minella fragen und ich schreckte aus meinen Gedanken, als ich meinen Namen hörte. Ich wurde rot, als sich alle Augen auf mich richteten und ich nicht so recht wusste, wie ich reagieren sollte. „Alles gut", winkte ich ab und ignorierte das nervöse Zucken einfach. Ich wollte mir nicht die Blöße geben und schwach vor den anderen dastehen, dass das blöd war, wusst ich selbst...
Daraufhin wurde es ruhiger am Tisch und mit einem schlechten Gewissen schaufelte ich mir den Kartoffelbrei in den Mund.

Nach dem Essen half ich den beiden Frauen wieder und schielte dann auf die Uhr. „Ich muss dann mal Arbeiten", murmelte ich, als ich fertig war, die Schüssel abzutrocknen und versuchte unter Minellas nachdenklichem Blick nicht einzuknicken.
„Das glaube ich nicht", sagte sie und überrascht blieb ich stehen, da ich schon einige Schritte aus der Küche gegangen war.
„Wie?", fragte ich bedröppelt und sah die hübsche Frau verwirrt an.

„Du kannst nicht arbeiten gehen, Quinn", schüttelte sie, schon beinah enttäuscht den Kopf. Überrumpelt starrte ich sie einfach nur an und wartete darauf, dass sie weiter redete, doch sie trocknete einfach weiter den Teller ab, als wäre alles geklärt.
„Doch, ich muss", widersprach ich. „Ich brauche das Geld".

Wieder sah die Ärztin auf und mussterte mich dann eindringlich. Meine Finger zuckten, doch ich versuchte so ruhig wie möglich auszusehen. Sie konnte mir ja unmöglich verbieten, auf die Arbeit zu gehen! Oder doch?
„Tut mir leid, Quinn, aber als deine Ärztin rate ich dir, dich jetzt wieder hin zu legen und etwas zu schlafen", erwiderte sie streng, so wie es eine gute Mutter nunmal tat und überfordert stand ich einfach nur im Raum herum.

Nein, sie konnte es mir nicht verbieten! Auf der anderen Seite wohnte ich in ihrem Haus und wurde kostenlos von ihr behandelt, also...
Was sollte ich denn bloß tun?!
Überfordert fasste ich mir an den Kopf, als dieser wieder zu pochen begann.

„Quinn", kam Minella auf mich zu und berührte mich an der Schulter. „Du mutest dir viel zu viel zu. Irgendwann wirst du noch zusammen brechen mit dem ganzen Gewicht in deinem jungen Kopf", sagte sie einfühlsam und nahm das Telefon zur Hand. „Weißt du die Telefonnummer von deiner Arbeit? Ich melde dich für heute krank", gab sie nun von sich und klang so fest in ihrer Überzeugung, dass ich mich gar nicht erst traute ihr zu widersprechen, sondern ihr gleich die Durchwahl von Ricci's und der Aurora gab.
Susi und Lenny werden stinksauer sein...

Bedröppelt stand ich in der Küche und hörte zu, wie Minella mich für die ganze Woche entschuldigte, während sich alles in mir dagegen sträubte. Ich brauchte das Geld und darüber hinaus wäre es eine gute Ausrede mal etwas Zeit ohne Marek zu haben, vielleicht um sogar einfach nicht wieder her zu kommen...

„Komm, ich schau mir das mal an", lächelte mich die hübsche Frau an, betrachtete kritisch mein zuckendes Auge und zog mich mit sich in ihr weißes Zimmer.
„Morgen kommt dann der Rest der Familie zu Weihnachten, ich hoffe, dass macht dir nichts aus", sagte die Ärztin und befühlte vorsichtig mein noch leicht geschwollenes Gesicht. „Du bleibst doch, oder? Wir würden uns alle sehr freuen", fügte sie noch hinzu und ich musste zugeben, dass sie das verdammt geschickt eingefädelt hatte. So konnte ich ja nur noch ja sagen...

Mit verkrampften Fingern nickte ich also, während Minella mich anstrahlte.
„So, sehen wir uns das doch mal genauer an...".

Nachdem die Ärztin meine Wunden betrachtet und mir mein Gesicht mit einer schmerzlindernden Salbe eingerieben hatte, welche stark nach Lavendel roch, bedankte ich mich bei ihr und musste ihr versprechen, mich etwas hinzulegen. Ihre Sorge rührte mich und sie erinnerte mich mit ihrem nachdenklichen, mütterlichen Gesichtsausdruck sehr an Chesters Mom Ana.

Bei diesem Gedanken zog sich alles in mir zusammen, während ich die Treppen hoch lief. Sie und Erik hatten sich um mich gekümmert, als wäre ich ihr eigener Sohn und wie dankte ich es ihnen?!
Ich meldete mich nicht mehr, verhielt mich wie ein Arschloch und verstellte mich.
Ich war so ein blöder Egoist!

Mich über mich selbst ärgernd betrat ich das Zimmer und stellte erstaunt fest, dass Marek gar nicht da war.
Verwirrt, aber auch etwas erleichtert ließ ich mich an seinem Schreibtisch nieder und sah mir den Stoff, der mich nächstes Jahr wohl erwarten wird, etwas durch.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें