42~ How do you know grace, if you don't know sin

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Es ist der nächste Morgen, als Sonnenschein durch das Fenster tritt. Gähnend schlage ich meine Decke zurück und stehe auf. Ein kurzer Blick auf mein Handy verrät mir, dass es bereits halb elf ist. Leise tapse ich zuerst ins Badezimmer, wo ich mich kurz frisch mache und dann die Treppen hinunter. Durch die geöffnete Küchentür sehe, dass Phil als auch Alex am Tisch sitzen. Ist er also wieder da.
"Moin", hauche ich leise, als ich die Küche betrete und setze mich mit an den Tisch.
Obwohl ich ziemlich lange geschlafen habe, kommt es mir durch meine Müdigkeit so vor, als hätte ich gar nicht geschlafen. "Hey, alles wieder gut?", empfängt mich Phil und nimmt einen Schluck von seinem Kaffee. Unsicher werfe ich einen kurzen Blick zu Alex und nicke dann. Eigentlich bin ich ja nicht so davon begeistert, dass er das jetzt hier, vor Alex, anspricht. "Was war denn?", erkundigt sich mein Bruder und sieht fragend zwischen seinem Kollegen und mir hin und her. Genau das wollte ich nämlich vermeiden.

"Noa hatte gestern Nacht einen Albtraum, sie nimmt das Ganze ziemlich mit.
Sie dachte sogar schon, dass du sie schlagen wolltest, wie euer Vater", gegen Ende seiner Erzählung wird Phil langsamer. Seine Formulierung ist perfekt gewählt, genau so, dass es jetzt jeder dümmste begreift, dass nicht nur Alex von Papa geschlagen wurde. Und das obwohl ich es ganz klar abgestritten habe. "Bitte was?", erschrocken sieht er uns an. Ohne zu zögern stehe ich schwungvoll auf. Dass der Stuhl hinter mir zu Boden geht ist mir in diesem Moment scheiß egal. Ich will hier weg. "Noa, du hast mir gesagt, er hat dich nie-" Alex ist mir dicht auf den Fersen, als ich nach draußen gehe und dort mit schnellen Schritten das weite Suche. Seine Stimme klingt aufgeregt, immernoch schockiert. Mit einem kurzen Sprint holt er mich letztendlich doch ein und stellt sich vor mich. "Warum verschweigst du mir das?", fragt er, dieses Mal ruhig und irgendwie hilflos. Nervös weiche ich seinem Blick aus, starre hinter ihn. Selbst wenn ich jetzt die Flucht ergreifen würde, hätte ich keine Chance. Er wird schneller sein. "Weil ich genau das nicht wollte! Ich will nicht wieder so behandelt werden, wie so eine Irre, die deiner Meinung nach wahrscheinlich direkt in die Psychiatrie gesteckt werden sollte", beichte ich ihm mir lauter Stimme und hole Luft. Mit viel Mühe kann ich meine aufkommenden Tränen Unterdrücken. "Ich will deine Hilfe nicht und ich brauche sie auch nicht. Mir geht es gut. Therapier jemand anderen", füge ich hinzu und mache kehrt, um zurück Richtung Haus zu gehen. Inzwischen habe ich eingesehen, dass Weglaufen keinen Sinn macht. "Jetzt warte doch mal" Erneut höre ich schnelle Schritte hinter mir, kurz darauf befindet Alex sich neben mir und passt sich meinem Tempo an.

"Warum hattest du denn diesen Albtraum? Ganz sicher nicht weil es dir super gut geht", bringt er das heute Nacht passierte wieder auf. Ein genervter Seufzer entweicht mir, während ich einen Stein vor mir her trete. "Nein, das tut es nicht, richtig erkannt Sherlock. Aber das sollte dich einfach nicht interessieren. Schwester, wohl eher Halbschwester, hin oder her, bevor ich dich gekannt habe, bin ich auch ganz gut alleine mit meinen Problemen klar gekommen" Innerlich bereue ich es schon wieder, soviel mit ihm zu reden. Vor allem darüber. Wie gesagt, ihn geht das nichts an und fertig.
"Mhm, mit Schlägereien und Diebstählen schon klar" Dieser Typ bringt mich noch zur Weißglut. Er weiß gar nichts über mich, trotzdem tut er so, als wäre das der Fall. Warum kann er sich nicht einfach raushalten? Was ist so schwer daran.
"Du hast doch keine Ahnung", murmel ich leise und betrete das Hause, welches ich eben noch überstürzt verlassen habe.

Doch nach einem heftigen Zusammenzucken fahre ich herum, befreie mich von seiner Hand auf meiner Schulter und schaue ihn giftig an.
"Noa, warum läufst du immer weg?", fragt er mich ruhig. Er ist wie ausgewechselt zu den vorherigen Tagen. "Streit aus'm Weg gehen?", antworte ich unsicher, was durch meine halbe Frage kaum zu überhören ist. Anstatt etwas zu sagen muss Alex nur Schmunzeln. "Als ob du einem Streit aus dem Weg gehen würdest", bemerkt er grinsend. Leicht erwidere ich es. Komische Vorstellung da hat er schon Recht.

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Blubfisch

even the devil was once an angel [ASDS] Where stories live. Discover now