2~ You better fear me

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Mit Kopfhörern in den Ohren steige ich aus dem Bus und halte Ausschau nach den Fünftklässlern. Die sind schon immer eine leichte Beute gewesen, außerdem haben die meisten Kinder nagelneue Handys, was noch mehr Gewinn bringt. Nach einem kurzen ab scannen der Gegend fixiere ich einen kleinen Jungen und steuerte auf ihn zu. "Ey kleiner, gib Mal 'n Zehner", spreche ich ihn an und mustere ihn eindringlich. Verwirrt schaut er mir entgegen. "Wieso?", stellt er die Gegenfrage. Seine Stimme zittert leicht, er hat Angst. Das ist gut. "Weil ich es sage", erwidere ich bedrohlich und starre ihn mit funkelnden Augen an. Anscheinend ist das der entscheidende Punkt gewesen, denn langsam kramt er seinen Geldbeutel aus der Jacke heraus.
Mit den Augen rollend beobachte ich ihn dabei, wie er immernoch im Schneckentempo das Geld rausholt. Es sind aber keine Zehn Euro, sondern zwanzig. Ist wohl mein Glückstag heute. "Ich hab nur Zwanzig", stottert er verlegen und hält mir zögerlich den Schein entgegen. Grinsend nehme ich diesen an mich:"Das passt so. Und wehe du petzt was. Dann bist du dran"
Langsam streife ich mit meinem Finger an meinem Hals entlang, dann drehe ich mich um und begebe mich in die Richtung der Schule.

Die abwertenden Blicke auf dem Gang bin ich bereits gewöhnt. Ich bin nicht wirklich beliebt, aber immerhin wissen sie alle, dass sie sich nicht mit mir anlegen sollten. "Was glotzt du so?", fahre ich eine maximal Sechstklässlerin an, die stehen geblieben ist und mich anstarrt. "N-nichts", stottert sie und schließt wieder zu ihren Freundinnen auf. Etwas, was ich zumindest in der Schule nicht habe. Ich denke, das habe ich wohl selbst zu verschulden, aber ich seh's positiv. Meine Freunde sind nicht so, man kann sich ihnen anschließen, aber du musst dich nicht binden.

Der Unterricht fliegt nur so an mir vorüber. Englisch und Wirtschaft. Zum Sterben langweilig und selbst die Aussicht auf die Pause ist nicht besser. Mein Ruf ist wohl vorauseilend.
Ich verkrümele mich in die letzte Ecke und denke nach. Über die Worte meines Vaters gestern. Ich hab ihn lieb, immer und es waren die besten 13 Jahre meines Lebens, aber manchmal da wünsche ich mir, dass ich meine Familie mehr kennengelernt hätte. So richtig, nicht nur zu zweit. Aber was soll's. Wenn man es genau nimmt, komme ich auch gut so zurecht. Mein Vater ist mit abhängig von dem, was ich besorge. Dass das keiner versteht, ist schon klar, im Endeffekt aber egal.

"Hallo", ich schaue auf. Ein Mädchen, vielleicht fünfte Klasse, steht vor mir. "Hallo?", skeptisch mustere ich sie. Mit ihrer rosa Strumpfhose und dem kleinen blauen Rock sieht sie irgendwie... niedlich aus. "Wieso hast du meinem Freund heute Morgen Geld abgezogen?"
"Hatte er noch bei mir offen", antworte ich tonlos und stehe auf. Ich habe keine Lust auf diesen Kindergarten. "Aha, das war aber nicht nett", provoziert sie mich weiter. "Hat dich doch nichts anzugehen", ich will mich an ihr vorbeiquetschen, aber sie stellt sich vor mich. Süß.
"Er ist aber mein Freund, das macht man nicht, er wollte mir damit ein Geschenk kaufen", sie stützt ihre Hände in die Hüften. "Aww wie süß, Kindergartenbeziehung", lache ich und stoße sie ein Stück nach hinten.

"Hast du gerade etwa meine Schwester geschubst?", ertönt eine erboste Stimme neben uns. Unbeeindruckt fahre ich herum und mustere langsam das gleichaltrige Mädchen. Sie ist in meiner Parallelklasse, wenn ich mich recht erinnern kann.
"Lina, die hat 20 € von Lasse geklaut!", schält sich die kleine Möchtegern-Prinzessin wieder ein.
"Er hat es mir freiwillig gegeben, kleine", widerlege ich ihre Anschuldigung und nehme meine Tasche, um mich an meiner Mitschülerin vorbeizudrücken. Als sie jedoch meint mich am Oberarm festhalten zu müssen reißt mir schlussendlich der letzte Faden. Der Faustschlag, der sie genau im Gesicht trifft ist mehr ein Reflex, als pure Absicht, aber bereuen tue ich es nicht. Hinter mir quietscht die Fünftklässlerin auf. Ihre Schwester taumelt nur leicht benommen zurück, bevor sie sich wieder fängt und mich wütend anstarrt. Sie glaubt nicht ernsthaft sie könnte sich mit mir anlegen oder? Anscheinend schon, denn schneller als ich schauen kann, steht sie schon wieder vor mir und holt aus. Es ist keine Kunst, so einem Schlag auszuweichen.

Aber mit dem nächsten habe ich nicht gerechnet. Und genau das macht mich umso wütender. Wer sich traut mich zu schlagen, soll meinetwegen auch die gerechte Portion Rache zurückbekommen.

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So prudal ey

even the devil was once an angel [ASDS] Where stories live. Discover now