50~ nope can't go to hell

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Eine Weile lang sitze ich nur so weinend da. Erst das Geräusch eines Fahrzeug in der Entfernung lässt mich aufschauen. Denn genau die Vermutung, die ich bereits hatte, bewahrheitet sich gerade. Mit meinem verweinten Blick beobachte ich Alex, der in seiner Notarzt Kleidung in Richtung Eingang spaziert. Ich kann noch nichtmal sehen, ob er sauer ist oder irgendwas anderes. Sein Gesichtsausdruck ist so monoton, so nichtssagend. Und genau das ist die Sache, die mir Angst macht. Er ist absolut unberechenbar.

"Noa, was machst du wieder für ne Scheiße?", empfängt mich Alex kurze Zeit später, der mit schnellen Schritten auf mich zukommt. Tolle Begrüßung, echt. Bevor er mich in eine Umarmung ziehen kann, drücke ich mich hoch und gehe ein paar Schritte zurück.
"Ich wollte sie nicht schlagen. Sie hat mich doch nur so provoziert.", stotter ich schluchzend, "Alle haben gelacht."
Erneut laufen die Tränen über meine Wangen. Ich weiß nicht warum ich so emotional bin. Ich sollte nicht weinen. Das zeigt Schwäche, ich will nicht schwach sein. "Was ist denn passiert?", hakt er nochmal nach, dafür, dass ich ihn eher sauer eingeschätzt hätte, sehr fürsorglich. "Ich bin zu schlecht für Erdkunde", nuschele ich. "Wie bitte?"
"Ich bin zu dumm, um ein scheiß Nachbarland zu wissen", wiederhole ich etwas lauter. "Und deshalb schlägst du jemanden, hm?"
"Nein, die haben alle gelacht und ich war sowieso so sauer und dann, ich wusste nicht, was ich machen soll", immer noch leise erkläre ich diesen verdienten Schlag. Wieso eigentlich, ich hätte es gar nicht nötig ihm das zu erzählen. Aber in diesem Moment finde ich es einfach nur toll, dass er nicht gleich wieder ausrastet, dass er mich nicht wieder anschreit. "Hey, es war wirklich nicht besonders nett, wenn sie gelacht haben, weil du etwas Falsches gesagt hast oder so, aber deshalb musst du auch nicht immer gleich zuschlagen, okay?"
Ich nicke nur, weil ich mehr damit beschäftigt bin meinen Tränen mit meinem Ärmel weg zu wischen.
"So schlimm?", fragt Alex. "Das war einfach so eine scheiß Situation", gebe ich kleinlaut zu. "Komm mal her", ohne dass ich mich wirklich wehren kann, zieht er mich zu sich. Kläglich scheiternd versuche ich mich wieder aus der Umarmung zu befreien, aber dieser Mann hat eine Kraft. Ich bin ihm und seiner brüderlichen Besorgnis voll und ganz ausgeliefert.

Mehr oder weniger lässt Alex mich wieder los, bringt mich aber gleichzeitig zu seinem Auto, wo er mich schließlich auf den Beifahrersitz drückt. "Ich muss noch einmal kurz zur Wache, Dienstkleidung loswerden", entschuldigend lässt er sich neben mir nieder und startet den Motor. "Aber ich muss doch zur Schule", protestiere ich. "Dein Lehrer und Direktor meinten es wäre vielleicht besser, wenn du heute erstmal nach Hause gehst."
"Aha. Und Arbeit ist dann bei dir auch nicht mehr", stelle ich fest. "Ich hab kurzfristig getauscht", erklärt er fast schon stolz. "Ich hätte auch alleine zu dir gefunden."
"Oder den ganzen Tag in dieser Ecke gehockt", skeptisch schaut er mich an. Da könnte er schon recht haben.
"Noa, du musst in Zukunft echt schauen, dass du deine Aggressionen in den Griff bekommst. Ich mein, du kannst ja nicht jedem, der dir blöd kommt, eine reinhauen", meint er in die Stille. Warum nicht? Ich bin bis jetzt auch recht gut damit zurecht gekommen. Die Leute sollen einfach wissen, dass man sich mit mir nicht anlegen sollte. "Die sollen einfach nicht blöd kommen, dann Schlag ich auch keinen", entgegne ich und muss grinsen. Das ist so ziemlich mein Lebensmotto. Genervt sieht Alex zu mir. Das ist ja Mal wieder typisch für ihn.
"Mann Noa. Du machst dir dein Leben damit kaputt" Da ist doch, nach seiner Ansicht, sowieso nichts mehr zu retten. Also was soll's.

"Kommst du kurz mit rein, dauert auch nicht lange", fragt Alex, sobald wir an seiner Wache angekommen sind.
"Wenns sein muss", seufze ich leise und steige mit aus. Ich hätte wahrscheinlich sowieso keine Chance, wenn ich widersprechen würde. "Schon Schule aus?", will Phil wissen, der im Aufenthaltsraum sitzt. Augenrollend setze ich mich neben ihn. "Sie hat ihre Mitschülerin geschlagen", kommt es von Alex, der gleich darauf in Richtung Umkleiden verschwindet. Zumindest gehe ich davon aus, was anderes will er hier ja nicht machen. "Ernsthaft jetzt?",fragt Phil, woraufhin ich schulterzuckend nicke. Sie hat's verdient.

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Hallo ihr kleinen Tüdelüs, wie geht's?

even the devil was once an angel [ASDS] Where stories live. Discover now