Invasion

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Allana

Sieben Stockwerke.
Vorbei an Schülern, Auroren und Todessern.
Erst dann wäre Jaime in Sicherheit.

Mein Bruder hatte sich mit dem Zauberstab den Dreck und den Staub der letzten Wochen von den Klamotten gezaubert und sich den Kragen seiner Schuluniform so hochgestellt, dass sein Gesicht zumindest halb verborgen war.
Wie viel würde ich jetzt für Harrys Tarnumhang geben!
,,Aber warum gehen wir in den Raum der Wünsche?", fragte Jaime flüsternd, nachdem ich ihm von meinem Plan erzählt hatte.
,,Komm schon, der Weg durch die Große Halle nach draußen ist deutlich kürzer ... nur ein einziges Stockwerk ... in den Raum der Wünsche zu gelangen, dauert garantiert länger."
,,Das weiß ich", zischte ich genervt und umklammerte meinen Zauberstab fester.
Jeden Moment könnte uns jemand erblicken und nach Verstärkung schicken ... Und ich wäre genauso schuldig wie Jaime.
Ich schluckte und versuchte diese immer weiter wachsende Anspannung zu ignorieren, nicht in jeden Schatten nach Augen zu suchen, nicht bei jedem entfernten Geräusch zusammenzuzucken.
Wir schlichen uns die Kerkertreppen nach oben und huschten dabei von einer dunklen Ecke zum nächsten.
Mittlerweile war der Strom an Hufflepuff-Schülern verebbt, wir begegneten nur einem einzigen Nachzügler, der an uns vorbei in die Richtung der großen Halle sprintete. Mir blieb dabei fast das Herz stehen und ich war bereit den Fünftklässler mit einem Zauber außer Gefecht zu setzen, sollte er meinen Bruder erkennen. Doch Jaime flitzte geistesgegenwärtig hinter eine Säule und wartete, bis die Schritte des Jungen verhallten.
,,Das halte ich keine sieben Stockwerke aus", flüsterte er mir sichtbar blass zu und blickte sich sorgenvoll nach allen Seiten um.
,,Wir müssen!", zischte ich eindringlich. ,,Jetzt komm weiter-"
Doch Jaime war an mir vorbeigehastet, wie ein verschrecktes Tier, und bewegte sich nun schnurschracks auf die Große Halle zu.
Mein Magen stülpte sich um. ,,Jaime!"
Die Angst schien mir Flügel zu verleihen und so holte ich ihn ein, gerade reichzeitig, bevor er die Halle betreten konnte.
Ich bekam seinen Umhang zu fassen und zog, sodass er das Gleichgewicht verlor und gegen die Wand stolperte. ,,Uff!", grunzte er.
Ich hielt ihm die Hand vor dem Mund und presste ihn mit meinem ganzen Gewicht (was nicht viel war) gegen die kalte Mauer. Glücklicherweise wehrte er sich nicht, denn ich hatte keinen Zweifel, dass er mir auch trotz der langen Zeit im Kerker noch immer körperlich überlegen war.
,,Hör mir ganz genau zu, Jaime", zischelte ich mit zusammengebissenen Zähnen. ,,Du magst es zwar nicht glauben, aber ich habe den Plan gut durchdacht!"
Jaime blickte mich nur finster an und grummelte etwas.
,,Das Tor nach draußen ist nachts immer durch mächtige Zauber verschlossen, hast du das etwa vergessen?! Und wenn du versuchen würdest, es zu öffnen ... da sind massenweise verängstigte und panische Schüler in der Halle, denen du sofort auffällst!" Ich nahm die Hand von Jaimes Mund, der augenblicklich nach Luft schnappte und mich mit einem wirklich mörderischen Glitzern in den Augen ansah.
,,Und überhaupt: Wie willst du von dort aus fliehen?!"
,,Ich könnte versuchen zu apparieren", meinte Jaime starrköpfig.
,,Du hast nicht einmal die Prüfung abgelegt!"
Schritte ertönten plötzlich und wir beide zuckten zusammen. ,,Versteck dich!", wies ich meinen Bruder an, der in gebückter Haltung augenblicklich in den Schatten flüchtete.
Vorbei kam eine Gruppe jüngerer Schüler, einer von ihnen blutete aus einer übel aussehenden Kopfverletzung. Zwei seiner Freunde stützten ihn.
Kaum waren sie weg, schlich Jaime aus seinem Versteck hervor. Er war aschfahl geworden. ,,Ich- ich verstehe nicht- was ist hier überall los? Warum sind hier Verletzte, warum-"
,,Es sind Todesser in Hogwarts", flüsterte ich und erkannte, dass sich Jaimes Augen vor Schock weiteten, ,,Draco hat sie eingelassen und sie kommen um Dumbledore zu töten und ich habe keine Ahnung, was sie noch planen, a-aber ... einige Schüler wehren sich."
Jaime ließ sich sichtlich ermattet gegen die Wand sinken. ,,Verdammt", flüsterte er rau, ,,ich würde ja helfen ..."
,,Ich weiß", murmelte ich mit belegter Stimme. Der Anblick des Verletzten hatte mich tiefer getroffen, als ich zugeben wollte.
Gab es noch mehr Verletzte? Oder sogar Tote?!
Ich musste mich zwingen ganz normal weiterzuatmen.
,,Über deinen Plan ... " Jaime räusperte sich kurz. ,,Ich dachte ... ich wusste nicht, was hier los ist ... dachte, es wäre vielleicht Tag", meinte er beinahe schüchtern, ,,dann wäre es leichter gewesen ..."
Ich winkte ab. ,,Ist jetzt egal. Das einzige, was jetzt zählt, ist der Raum der Wünsche."

Seine Erben (2)Where stories live. Discover now