Traum und Wirklichkeit

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Jaime

Mit einem einzigen Satz war ich bei Harry und schüttelte ihn heftig. Er lag zu einem Ball zusammengekrümmt am Boden und hielt sich schreiend die Stirn.
Ich kniete mich neben ihn hin und gab ihm eine Ohrfeige.
Von den Umstehenden vernahm ich empörtes Murmeln.
,,Gaunt, ich warne dich-!", fauchte Ron drohend.
,,Mund halten!", herrschte ich ihn nur an. Dann zog ich Harry an seiner Krawatte näher zu mir, sodass unsere Nasenspitzen sich nun fast berührten. ,,Potter, was immer du gesehen hast, scheint wichtig zu sein, also sag mir jetzt genau, was los ist!", zischte ich ihm ins Ohr.
Harry öffnete die Augen einen Spalt breit. Sie glänzten merkwürdig fiebrig. ,,Sirius", flüsterte er nur heiser. Dann schien er zu bemerken, dass ich ihn festhielt und riss sich grob von mir los. Er stolperte zurück zu seinen Freunden, zu Allana. Sie starrte mich mit großen Augen an. Ihr Gesicht war vollkommen blass. Auch sie hatte Harrys Äußerung mitbekommen. Ich blickte sie flehend an. Sie nickte stumm. Ich werde herausfinden, was er gesehen hat, meinte ihre mittlerweile vertraute Stimme in meinem Kopf.
"Danke", formte ich mit den Lippen.
Ich bekam noch mit, wie Hermine Harry sanft zur Tür führte. ,,Komm schon, Harry, du hast bestimmt nur zu viel Stress ... besser in den Krankenflügel ..."
Die beiden Mädchen führten ihn hinaus, während Weasley mir noch einen dunklen Blick zuwarf, bevor er ihnen folgte.
Ich ließ mich erschöpft auf den kühlen Boden der Halle sinken und dachte nach.

Allana

Harry wehrte sich mit aller Kraft gegen Hermine. Er stemmte sich gegen sie. ,,Ich will nicht in den Krankenflügel!"
Endlich gab Hermine auf und pustete sich eine schweißnasse Haarsträhne aus der Stirn. Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
Harry rieb sich erneut die blitzförmige Narbe und kniff die Augen zusammen.
,,Harry, was ist los?", fragte Hermine zaghaft.
,,Sirius wird gerade von Voldemort gefoltert!", brach es laut aus ihm heraus, bevor sich erneut an die Schläfen griff.
Wir wechselten bestürzte Blicke. Das hieß, Hermine und Ron wechselten bestürzte Blicke.
Mir wurde heiß und kalt zugleich. Mein Mund war wie ausgetrocknet und ich schluckte schwer. Ein Schauer rieselte über meinen Rücken und plötzlich war es so, als würde mein Kopf vor Gedanken bersten. Voldemort foltert Sirius ... Wollte er ihn auch umbringen? Voldemort foltert Sirius ... Wir mussten unseren Onkel so schnell wie möglich retten! Aber wie konnten wir das tun? Er wurde gerade von niemand anderen als Voldemort festgehalten! Wir hatten keine Chance gegen ihn. Aber irgendetwas mussten wir doch tun können!
Oder wollte Voldemort uns zeigen, dass er die Kontrolle hatte? Voldemort foltert Sirius ... Würde er Sirius die Wahrheit erzählen? Wenn Sirius die Wahrheit über uns wüsste ... Wir könnten ihm nie wieder unter die Augen treten! Seine einzigen Verwandten, die Kinder des größten Feindes ...  Aber wo befanden sich Voldemort und Sirius überhaupt? Ihm durfte nichts geschehen! Voldemort foltert Sirius ... Dachte er womöglich, dass Sirius Informationen über uns oder die Horkruxe besaß und wollte ihn aus dem Weg räumen? Voldemort foltert Sirius ... Benutzte er ihn als Druckmittel gegen uns? Aber warum hatten Jaime und ich dann nicht diese Vision gehabt?
Meine Beine zitterten wie verrückt, so sehr, dass ich mich unter einiger Anstrengung auf dem Boden niederließ. Aber ich musste doch irgendetwas unternehmen!
Ich rappelte mich zittrig wieder auf und trat zu Harry. ,,Harry, hast du noch etwas gesehen? Einen Ort, seine Absicht dabei, irgendetwas?!"
Ich merkte, dass ich ihn leicht schüttelte, genauso wie Jaime eben.
,,Mysteriumsabteilung", nuschelte er. Ich ließ ihn los. Mysteriumsabteilung ... wieso ausgerechnet dort? Dieser Ort stellte doch eher eine offenkundige Gefahr für Voldemort dar, schließlich war es das Zentrum der gegen ihn agierenden Zauberer.
Ich fluchte einmal laut auf und ging mit schnellen Schritten durch das Zimmer. Was war sein Plan? Wieso ausgerechnet dort? Wieso ausgerechnet Sirius? Und wie konnten wir zu ihm kommen?
,,Allana, wir sollten das ganz ruhig betrachten und-", meinte Hermine zaghaft.
Ich wirbelte zu ihr herum. ,,Hermine, mein Onkel wird offenbar gerade vom dunkelsten Magier Europas gefoltert, da fällt es mir schwer einen kühlen Kopf zu bewahren!" Ich stoppte mitten in der Bewegung. Andererseits ... Jaime war der kühlste Kopf, den ich kannte. Wenn man von den letzten Tagen mal absah.
Ich hob die Hände. ,,Keiner rührt sich oder verlässt diesen Raum ... Ist das klar? Ich muss etwas ... erledigen." Dann drehte ich mich um und rannte so schnell ich konnte in die Richtung der großen Halle. Hermines verwirrten und besorgten Ausruf hörte ich deshalb schon gar nicht mehr.

Seine Erben (2)Where stories live. Discover now