Auf dem schwarzen See

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Allana

Mein ganzer Körper kribbelte.
Heute war es besonders kalt, bestimmt zehn Grad unter Null. Ich bemerkte die klirrende Kälte jedoch gar nicht, die durch die geöffneten Fenster hereinströmte. Im Gegenteil: Ich verspürte eine fast schon angenehme Wärme, gemischt mit Aufregung und freudiger Erwartung.
Ich grinste schelmisch und schlug die Bettdecke zurück, um mich anzuziehen.
Der Gemeintschaftsraum war ziemlich leer, nur Hermine befand sich dort und schien ziemlich vertieft in ein Buch zu sein.
,,Hi", murmelte sie, ohne den Blick zu heben.
Ich setzte mich neben sie. ,,Du bist aber schon früh wach."
Erst jetzt sah sie mich an und ein überlegender Ausdruck trat in ihre Augen. ,,Schläfst du nicht normalerweise auch länger?"
,,Jaaa, schon", drugste ich herum, ,,aber ich habe heute noch eine Verabredung, deshalb ..." Ich spürte wie ich rot anlief.
Hermines Augen weiteten sich leicht. ,,Eine Verabredung?", wiederholte sie und ich könnte schwören, dass eine Spur von Neid in ihrer Stimme mitschwang. ,,Mit wem denn?"
Ja, das ist so eine Sache ... Hermine würde ganz sicher weder Luftsprünge veranstalten, noch begeistert Beifall klatschen, sollte sie erfahren, dass ich mit Draco Malfoy ein Date hatte.
,,Ähm, mit so einem Jungen ... aus meiner Stufe ..."
Ihre Augenbrauen zogen sich unmerklich zusammen. ,,Kenne ich ihn?"
Darauf konnte ich antworten. ,,Ja, tust du, allerdings magst du ihn nicht so gerne."
Sie stieß ein kleines Schnauben aus. ,,Das trifft im Moment auf eine ganze Menge von Leuten zu."
Apropos ... Ich holte tief Luft. ,,Ich weiß, du bist wütend auf Jaime, wegen dieser Geschichte mit der Ravenclaw, aber ... du musst es nicht. Es war eine Lüge." So, jetzt war es raus. Das tue ich nur für dich, Brüderchen.
Hermine blinzelte mehrmals und Verwirrung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. ,,Woher ...?"
Jetzt wurde es Zeit mir schnell etwas einfallen zu lassen. ,,Ich habe etwas nicht ganz ... Legales gemacht und Jaime überredet mir dabei den Rücken zu decken, aber ..." Ich biss mir überlegend auf die Lippe. ,,Harry ist in dieser Hinsicht wie ein Bluthund, du weißt ja, dass er Jaime immer im Verdacht hat - na ja - da brauchte er ein passendes Alibi." Ich zuckte lahm die Schultern. ,,Tut mir leid, dass du deswegen sauer warst."
Hermine blinzelte erneut. Ihr Mund war leicht geöffnet. Ich blickte sie nervös an.
,,Okaaay", murmelte sie schließlich und nickte langsam. ,,Das sind doch ... erfreuliche Neuigkeiten."
Dann lächelte sie leicht und umarmte mich zu meiner Überraschung. ,,Danke, dass du es mir gesagt hast."

Ich war nun eingemummt in eine dicke Kapuzenjacke, Stiefel und Handschuhe und ging den Abhang zum See hinunter. Eine dicke Schneeschicht hatte sich über Nacht gebildet, weshalb ich einen Wärmezauber nutzte, um den Schnee vor mir zum Schmelzen zu bringen. Dafür spritzte das entstandene Wasser nun auf meine Hose und durchnässte diese. Ich seufzte und deutete mit dem Zauberstab einige Sekunden auf den Stoff, bis die Wasserflecken verdampften.
Draco erblickte ich bereits aus einiger Entfernung, denn sein schwarzer Mantel stach aus dem Weiß seiner Umgebung so klar hervor, dass er praktisch unübersehbar war. Ich winkte ihm zu und beschleunigte leicht meine Schritte. Er grinste schelmisch und hob zwei Paar Schlittschuhe empor.
Mein Herzschlag beschleunigte sich bei seinem Anblick.
Am See angekommen trat er auf mich zu und zog mich überraschend in eine Umarmung. Ich spürte, wie ich mich augenblicklich entspannte und meinen Körper leicht an ihn lehnte. Er war einige Zentimeter größer als ich, wie mir erst jetzt auffiel, denn mein Kinn lag perfekt auf seiner Schulter.
Endlich lösten wir uns voneinander und Draco wedelte mit den Schlittschuhen herum. ,,Die Größe sollte dir passen."
Ich zog mir die Stiefel aus und stützte mich mit der Hand an Draco, damit ich die Füße nicht in den Schnee absetzen musste. Dann schlüpfte ich in die Schlittschuhe und wackelte probehalber mit den Zehen. ,,Passt", grinste ich.
,,Perfekt", meinte Draco und zog sich ebenfalls schnell die Schlittschuhe an. Er reichte mir die Hand. ,,Bereit?"
Ich nahm sie und meine Fingerspitzen kribbelten nun förmlich. Er zog mich in Richtung See. ,,Bereit wenn du es bist."
Ein breites Lächeln schlich sich auf sein Gesicht und bevor ich auch nur blinzeln konnte, spürte ich bereits die spiegelglatte Oberfläche des Sees unter den Kufen meiner Schuhe. Ich klammerte mich an Dracos Arm fest und kiekste überrascht. Er prustete los.
,,Sooo bereit war ich nun auch wieder nicht", entgegnete ich gespielt beleidigt. Er gluckste nur und bewegte sich elegant über das Eis. Dabei zog er mich mit.
Ich fühlte mich ungefähr so grazil wie ein Sack Kartoffeln, während Draco ... er hatte wirklich Talent!
Keine guten Voraussetzungen, jedoch schienen Draco meine gerade nicht sonderlich herausstechenden Eislauftalente nicht sonderlich zu stören - im Gegenteil - er lachte fast durchgehend.
Und die Tatsache dass Draco lachte, nein, viel wichtiger, dass er wegen mir lachte, war unglaublich.
,,Okay, das kann so ja nicht weitergehen", entgegnete er gespielt geschockt. ,,Komm, ich zeig dir wie es geht."
Und dann glitt er lässig über die Eisfläche, als hätte er sein Leben nichts anderes getan. Ich war beeindruckt.
,,Und jetzt du!"
Äh ...
Eigentlich hatte ich bereits ein wenig Erfahrung im Eislaufen, aber Dracos Nähe ließ mich wieder einmal all mein Wissen vergessen.

Ich konnte zwar einigermaßen gut laufen - oder vielmehr gehen - stockte aber immer wieder und als dann so ein bescheuertes Ästchen auf der Eisfläche lag, stolperte ich darüber. Ich landete äußerst unelegant auf dem Hintern und augenblicklich schoss mir die Röte ins Gesicht.
,,Oh, Allana", sagte Draco, der nun scheinbar glaubte, dass ich absolut talentfrei auf diesem Gebiet war, und kicherte vor sich hin.
,,Hör auf zu lachen", entgegnete ich mit dem Versuch böse zu klingen, jedoch war meine Würde zur Zeit recht klein, da ich immernoch auf dem Eis hockte.
Er zog eine Augenbraue hoch.
Mein kleiner Rest von Würde war verflogen und ich fing auch an zu lachen.
Draco hielt mir seine Hand hin um mich hochzuziehen.
,,So jetzt nochmal."
Ich wollte protestieren, doch Draco schlang seine Arme von hinten um meine Arme, sosass mir augenblicklich der Atem stockte.
Sein Körper war genau hinter meinen und ich spürte seine Brust, die sich hob und wieder senkte.
,,Jetzt schau mir mal zu."
Er setzte seinen rechten Fuß nach vorne um mir den genannten Vorgang zu demonstrieren.
Wie in Trance folgte ich seinen Anweisungen.
Links, rechts, links rechts.
Und tatsächlich schon nach wenigen Minuten glitten wir langsam und entspannt über den schwarzen See.
,,Siehst du war doch gar nicht so schwer oder?"
Seine Arme waren übrigens immernoch um mich geschlungen.
,,Ne..."
Ich drehte mich zögernd zu ihn um. ,,Es war ganz einfach"
Ich sah in seine grauen Augen, die mich anblickten. Seine Wangen und seine Nase waren wegen der Kälte gerötet und aus seiner - natürlich schwarzen - Mütze blitzte eine blonde Strähne heraus. 
Ich drehte mich nun komplett zu ihm um, sodass wir uns beide gegenüber standen.
Er musterte mich mit einen Lächeln im Gesicht.
,,Ich habe doch gesagt, es ist nicht schwer."
Er legte zögerlich eine Hand auf meine Wange und zog mich mit seiner anderen Hand näher zu sich hin, was durch das Eis relativ leicht war.
Ich starrte zu ihm nach oben und unsere Augen begegneten sich und dann setzte mein Herz vollkommen aus. Denn dann berührten seine Lippen die meinen.
Mein Herz pochte viel zu schnell, ich meine noch schneller als vor irgendeinem Quidditch Spiel.
Ich schloss die Augen und gab mich diesem perfekten, sensationellen, phänomenalen Gefühl hin.

Das Kapitel kommt spät, ich weiß ... Klausurphase und so. Schreibt eigentlich jemand von euch dieses Jahr schon Abitur?

Seine Erben (2)Where stories live. Discover now