Vergeltungsschlag

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Allana

Regeln sind doch nur so etwas wie flexible Richtlinien. Eine klitzekleine Übertretung schadet doch nicht.
Und überhaupt ... eigentlich hielt ich mich immer an Regeln. Dann konnte ich mir doch zumindest einmal eine kleine Ausnahme erlauben.
Außerdem hatte Umbrigde es verdient. Mehr als nur verdient. Ich rief mir Jaimes und Harrys blutige Hände in Erinnerung. Wut durchflutete mich wie eine Welle. In meinem Fingerspitzen sammelte sich Magie. Oh ja, und wie sie es verdient hatte.
Ich straffte mich und verstaute meinen Zauberstab in der Tasche meiner schwarzen Jacke. Anschließend schlich ich in den leeren Schlafsaal der Jungen und holte Harrys Tarnumhang aus seinem Koffer.
Es war gerade etwa sieben Uhr, was bedeutete, dass hoffentlich alle Schüler und Lehrer gerade beim Abendessen waren. Auf den Gängen und in den Korridoren befand sich also niemand, der auf mich aufmerksam werden konnte. Ich hatte zwar vor den Tarnumhang zu tragen, aber wenn sich viele Menschen in den Fluren befanden, würde ich ohne Zweifel irgendwann gegen jemanden stolpern. Dann könnte ich den Umhang auch gleich weglassen.
Um acht gingen die meisten Schüler vom Essen zurück in ihre Schlafsaale. Spätestens dann müsste ich wieder zurück sein.
Ich schwang den Umhang über meine Schultern und spürte sogleich diesen kalten Schauer, als ob man in eisiges Wasser getaucht worden wäre.
Ich blickte auf meine Beine hinab, beziehungsweise den polierten Boden unter meinen noch zu erkennbaren Kopf. Meine Beine waren unsichtbar.
Ich grinste und zog mir die Kapuze über den Kopf.
Es war genau so wie ich es mir erhofft hatte: Die Gänge waren menschenleer.
Ich stieg die Treppen zu Umbrigdes Büro nach oben und spürte, wie mein Herz immer schneller und schneller gegen meine Brust schlug. Eine seltsame Ausgelassenheit durchfuhr mich. Adrenalin rauschte nur so durch meine Adern und meine Fingerspitzen kribbelten förmlich vor Magie, die ich nur allzu gern freilassen würde. Ich fühlte mich mächtig.
Umbrigdes Büro lag nun direkt vor mir und ich zückte meinen Zauberstab. ,,Alohomora." Das Schloss klickte hörbar. Viel zu lasche Sicherheitsmaßnahmen. Nach meinem Besuch würde Umbrigde bestimmt nicht mehr so fahrlässig sein. Meine Lippen zuckten spöttisch.
Umbrigdes Büro sah genauso aus, wie ich es mir vorgestellt hatte: Pink. Die Tapeten waren pink, der Teppich, ja sogar die gehäkelten Spitzendeckchen auf den polierten Tischen.
Ein paar der wuscheligen Kätzchen in den an der Wand hängenden Bildern trippelten maunzend näher, zögerten jedoch, als sie niemanden entdeckten und drehten sich verwirrt um ihre eigene Achse. Dabei miauten sie wehleidig.
Ich zog den Zauberstab aus meiner Tasche und murmelte eine Beschwörungsformel. Einen Augenblick später vernahm ich das mittlerweile vertraute Zischeln von Scar, der seine gespaltene Zunge kostend vorschnellen ließ und über den Teppich glitt.
Die flauschigen Kätzchen stoben panisch tiefer in ihre Bilder und fauchten ab und zu unterdrückt in Scars Richtung. Dieser gab einen zischenden Laut von sich, der einem Lachen nicht unähnlich war. Dann neigte er seinen eckigen Kopf vor mir. ,,Meine Herrin."
,,Scar", antwortete ich auf Parsel und ließ meine Stimme bewusst etwas tiefer klingen, nur für den Fall, dass Umbrigde Gespräche in ihren Räumlichkeiten aufnehmen ließ. Dies bezweifelte ich jedoch stark  ,,Wir haben etwas zu erledigen."

Das erste, wobei Scar mir half, war Umbrigdes Folter-Federn unbrauchbar zu machen. Nur ein paar Tropfen seines Giftes waren bereits wirksam genug, dass sie zusammenschrumpelten, einen hässlichen schwarzen Farbton annahmen und begannen nach Schwefel zu stinken.
Danach schlängelte er sich träge durch den Raum und sprizte Gift auf einige Gegenstände, die augenblicklich anfingen zu dampfen, während sich die Säure hindurchfraß.
Ich ließ meiner angestauten Magie, gemischt mit einer ungeheuerer Wut auf Umbrigde freien Lauf. Ihr Mobiliar wurde durch einen Zauber zu Splittern zertrümmert. Das ist für Jaime. Ein Stuhl brach mit einem unüberhörbaren Knacken in mehrere scharfkantige Einzelteile. Und das für Harry.
Das wichtigste kam jedoch noch. Ich grinste, als ich meinen Zauberstab nutzte, um mit Scars Gift Buchstaben an der tapezierten Wand zu hinterlassen: All deine Taten werden gerächt werden. Gib Acht.
Eine simple Warnung. Und eine offensichtliche Drohung.
Sie würde nicht wissen, wer hierfür die Verantwortung zu tragen hatte, wer einfach so ... dreist, so unverschämt in ihr Büro eingedrungen war. Ich hatte ihr bewiesen, dass ich wusste, was sie den Schülern antat. Das würde ihr zu denken geben. Ich hatte ihr bewiesen, dass sie nicht unantastbar war. Ich hatte ihr auch bewiesen, dass ich durchaus ernst zu nehmen war, ja, eine Bedrohung. Wenn sie ihre magischen Federn hatte, besaß ich eine magische drei Meter lange, dicker als mein Oberschenkel, Gift spuckende Killer-Schlange.
Mein Ziel war es, ihr Angst zu machen.
Ich warf einen Blick auf das Chaos, das ich verursacht hatte. Es war befreiend gewesen, meinen Kräften und meinen Hass auf Umbrigde freien Lauf zu lassen. Es hatte mir gefallen diese Macht, die ich innehatte, zu demonstrieren.
Ich warf noch einen letzten, zufriedenen Blick auf das zerstörte Zimmer vor mir und trat durch die Tür nach draußen.

Jaime

Ich schlich auf Zehenspitzen durch die menschenleeren Gänge, auf meiner Schulter die Tasche mit meinen Basiliskenzahn.
Ich hatte bereits einen von ihnen in meinem Koffer verstaut, direkt neben dem Buch über schwarze Magie. So würde ich immer darauf Zugriff haben, selbst wenn ich nicht in Hogwarts war.
Zuerst hatte ich vorgehabt einen der Zähne hier in Hogwarts zu verstecken und war losgezogen um ein geeignetes Versteck zu suchen. Und dann war mir aufgefallen, dass nur ein paar Meter unter uns ein vergammelter Basilisk in einer geheimen Kammer lag, zu der nur eine Handvoll Personen Zugang hatten. Unter anderem Ich. Es war also nicht wirklich logisch einen Basiliskenzahn im Schloss zu verstecken, wenn sich doch in erreichbarer Nähe ein ganzes Arsenal dieser Beißerchen befand. Deswegen wollte ich den Zahn wieder in meinen Koffer legen und in den Ferien irgendwo in Sirius' Haus deponieren.
Dazu musste ich nur erst wieder in meinen Schlafsaal gelangen.
Mein Magen knurrte merklich und ich verfluchte mich, dass ich nicht in die große Halle gegangen war. Vielleicht könnte ich mir später noch einen Happen aus der Küche klauen ...

Ich setzte mich an den Tisch der Slytherins und schob mir ein Brötchen in den Mund. Ich hatte den Basiliskenzahn wieder in den Koffer gelegt und war schnurstracks nach unten gerannt, um wenigstens noch ein paar Reste ergattern zu können. Glücklicherweise saßen jetzt nur noch wenige Schüler an den Tischen, weshalb ich nach Herzenslust zugreifen konnte.
,,Hungrig?", fragte Draco trocken.
Ich nickte kauend.
,,Ich verstehe nicht, wie du bei dem Mengen, die du zu dir nimmst, nicht schon die Maße von Crabbe und Goyle erreicht hast."
,,Ich wachse in die Höhe, nicht in die Breite", erklärte ich, ,,und ich mache Sport." Einmal in den Ferien im winzigen Park joggen gehen.
Auf einmal kam Filch, der Hausmeister rot und nach Luft schnappend in die Halle gehechelt. Er stolperte zum Lehrertisch. Vielleicht sollte ich doch demnächst etwas für meine Kondition tun, sonst ende ich noch wie Filch ...
Aber Filch war nahezu nie in der großen Halle. Er verabscheute Schüler vom ganzen Herzen. Und natürlich Peeves, den Poltergeist.
Etwas musste vorgefallen sein.
Das muntere Geplapper wich einem leisen Getuschel. Köpfe wurden gereckt, um den Hausmeister im Auge zu behalten. Filch griff sich an die Brust und keuchte heftig, während er versuchte wieder zu Atem zu kommen. Dumbledore wartete ruhig.
,,Es gab einen Anschlag ... mit Gift", japste Filch und Raunen erhob sich augenblicklich in der Masse der Schüler. Draco und ich wechselten verwirrte Blicke. 
,,Ein Raum wurde verwüstet und Gegenstände wurden verätzt ... mit Gift, da bin ich mir sicher!"
Snapes Lippen hoben sich ein winziges Stück. Als Meister der Zaubertränke konnte er sich bestimmt nichts besseres vorstellen, als den Fall zu untersuchen.
,,Welcher Raum?", fragte Dumbledore, der weiterhin die Ruhe in Person zu sein schien. Filch schluckte angestrengt. ,,Von Professor Umbrigde, Sir."
Alle Blicke hefteten sich auf Umbrigde, die ganz entspannt dazusitzen schien, nur ein kurzes Blinzeln verriet ihre Überraschung.
Snapes Lippen hoben sich ein weiteres Mal. Er lächelte schon beinahe!
Dumbledore nickte nachdenklich. ,,Wir werden uns den Vorfall genauer ansehen. Bis dahin gehen bitte die Schüler in ihre Schlafsaale zurück."
,,Wer glaubst du war es?"'flüsterte Draco in mein Ohr.
Ich ließ meinen Blick durch die große Halle schweifen. Harry saß da und starrte mich an, ohne ein einziges Mal zu blinzeln. Neben ihm befand sich Weasley, der Hermine gerade etwas zuraunte. Der Platz neben ihr war frei. Mir schwahnte übles. ,,Ich habe keine Ahnung", log ich.

Ja, lang, lang ist's her. Meine Entschuldigung dafür ist mehrheitlich Stresss, zum Beispiel wegen Klausuren. Außerdem war ich teilweise nicht Zuhause und dort gab es kein WLAN (ja, solche Orte gibt es noch). Jedenfalls habe ich seit heute Ferien und dementsprechend Langeweile, will heißen, dass demnächst wieder häufiger Kapitel kommen.

Seine Erben (2)Onde as histórias ganham vida. Descobre agora