Kapitel 52

2.6K 153 88
                                    

Grace' Sicht:

Am nächsten Tag musste ich gleich um 8 Uhr zu dem Arzt, den Justin eingestellt hatte. Josi musste zum Blutabnehmen, um zu testen, ob die Medikamente anschlugen oder nicht. Ehrlich gesagt war ich vor diesem Termin aufgeregter, als Josi. Aber die Kleine hatte wieder einmal Angst, so wie bei jedem Termin, bei dem ihr Blut abgenommen wurde.

„Wird Dr. Macklin mir wehtun?", fragte meine Tochter mit zittriger Stimme, als wir in seinem Zimmer auf ihn warteten. Die wichtigsten Dinge zur Untersuchung hatte er immer mit dabei, damit er auch spontan Backstage eingreifen könnte, falls etwas mit Josi passierte.

„Nein, mein Schatz. Es wird ein ganz kleines bisschen unangenehm sein, wie bei den letzten Malen auch", flüsterte ich leise in ihr Ohr.

Sie vergrub ihr Gesicht an meiner Brust und ich hielt sie vorsichtig im Arm, während der Arzt ihr ein bisschen Blut abnahm. Leise sang ich ein bisschen für meine Tochter, damit sie sich ganz auf meine Stimme konzentrieren konnte und von dem Schmerz abgelenkt war. Josi war tapfer und als Belohnung bekam sie, wie jedes Mal, einen leckeren Schokoriegel geschenkt, den sie sich aussuchen durfte. Justin hatte dafür gesorgt, dass es immer genügend Süßigkeiten zu Josis Arztterminen gab.

Ich würde in einer Stunde das Ergebnis bekommen, ob die Medikamente halfen oder nicht. Aber in der Zwischenzeit gingen Josi und ich zurück in unser Zimmer.

„Darf ich zu Justin ins Zimmer?", fragte sie neugierig, als sie ihr pinkes Einhorn an die Brust drückte. Mit großen, erwartungsvollen Augen starrte sie mich an und ich konnte es ihr einfach nicht verbieten. So sehr ich es auch wollte, weil ich keine Lust hatte, Justin zu begegnen, ich konnte ihr diese Bitte nicht ausschlagen.

„Okay, mein Engel. Ich bringe dich rüber, ja?"

Sie nickte glücklich und sammelte noch ein paar Kuscheltiere ein, die sie mit durch den Hotelflur trug. Lachend hob ich die Stofftiere auf, die ihr auf dem Weg runterfielen und legte sie bei ihr wieder oben rauf, als ich bei Justins Suite klopfte.

Wir warteten und warteten.

Natürlich hätte ich darüber nachdenken könnten, dass er vielleicht noch schlief, immerhin war nicht jeder ein Frühaufsteher, wie wir. Wobei ich nur so früh aufstand, weil meine Tochter eine Frühaufsteherin war und sie jeden Morgen kuscheln kam. Aber ich liebte das Kuscheln mit ihr, also beschwerte ich mich nicht.

Nur heute war ich extrem müde, weil Mykell und ich erst um halb 4 morgens zurück im Hotel waren. Natürlich hatte Josi da schon tief und fest geschlafen und sie war auch nicht wachgeworden, als ich ins Zimmer kam.

Nachdem ich ein weiteres Mal geklopft hatte, öffnete sich die Tür und Justin stand in Boxershorts und halb geschlossenen Augen vor uns. Als er erkannte, wer vor ihm stand, riss er die Augen auf.

„Grace", murmelte er mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht. Ich ignorierte das Hämmern meines Herzens und das Kribbeln in meinem Bauch und schaute hinunter zu Josi, die ihr Idol breit grinsend ansah.

„Hi Josi", flüsterte Justin schließlich. Sie rannte in seine Suite hinein, ohne dass sie ihn gefragt hatte, ob sie überhaupt bei ihm bleiben durfte. Justin sah ihr verwirrt hinterher und runzelte die Stirn, als er sich wieder zu mir umdrehte.
„Darf Josi ein paar Stunden bei dir bleiben? Sie möchte mit dir spielen", fragte ich mit kalter Stimme. Justin wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und seufzte leise. Offensichtlich hatten wir ihn aus dem Bett geholt.

„Klar, kein Problem. Grace, wegen gestern Abend...", murmelte er, aber ich unterbrach ihn, bevor er weitersprechen konnte. Jedes einzelne Wort von ihm, ließ mein Herz nur noch mehr brechen. Ich glaubte ihm gar nichts mehr. Aus seinem Mund kamen nichts als Lügen.

Lifeline - j.b.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt