Kapitel 33

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Grace' Sicht:

Nick und ich gingen aus dem Tanzstudio raus und stellten uns in den Flur ans Fenster, damit wir ungestört miteinander sprechen konnten. Da ich vermutete, dass es um Justin ging, war ich ganz froh, dass Justin schon abgehauen war. Allein bei dem Gedanken an Justin wurden meine Knie schon wieder ganz weich.

„Läuft etwas zwischen Justin und dir, das ich wissen muss?", fragte Nick mich ziemlich direkt. Ich schüttelte den Kopf und band meine Haare zu einem lockeren Zopf zusammen. 
„Zwischen uns läuft nichts, Nick. Und es würde dich auch nichts angehen, wenn es so wäre", murmelte ich und versuchte dabei aber irgendwie freundlich zu bleiben. Es fiel mir nur ein wenig schwer, wenn ich darüber nachdachte, dass Nick einer der Gründe war, wieso Justin nicht glücklich sein konnte.
„Es geht mich etwas an, solange es das Training beeinflusst. Du warst heute unkonzentriert, ihr hattet Beide Rückenschmerzen und ihr hattet immer noch die Sachen von gestern an. Ich bin doch nicht dumm, Grace." 

Ich lachte und warf mir meine Tasche über die Schulter.
„Wie gesagt, es geht dich nichts an, was zwischen Justin und mir passiert. Und man hat das Recht unkonzentriert zu sein, wenn man eine sterbenskranke Tochter hat und man nicht weiß, ob es ihr gut geht, wenn man nach Hause kommt." 

Ich war schon wieder den Tränen nahe, denn sobald ich das Training verließ, dachte ich nur noch daran, dass es Josi jeden Moment schlechter gehen könnte. Die Arbeit lenkte mich ab und bis jetzt wusste Nick nicht, dass ich eine kranke Tochter hatte, für die ich das alles hier tat.

„Das tut mir leid, Grace. Ich wusste nicht, dass deine Tochter schwerkrank ist." 

Ich nickte und schaute auf den Boden.
„Leukämie. Ich hätte die Therapie nicht bezahlen können, wenn Justin mich nicht eingestellt hätte. Ihm habe ich es zu verdanken, dass meine Tochter eine kleine Chance hat weiterzuleben. Ich gebe wirklich alles, um bei der Tour die beste Tänzerin zu sein, aber manchmal sind meine Gedanken einfach woanders", flüsterte ich traurig.

Nick kam auf mich zu und schloss mich in seine Arme. Ich genoss es einfach die Wärme von ihm zu spüren und getröstet zu werden. So sehr ich auch versuchte stark zu sein, es klappte nicht immer.

„Es tut mir wirklich leid, Grace. Ich bin froh, dass Justin dich eingestellt hat. Auch wenn er es nicht zugibt... Aber er hat ein sehr großes Herz. Und ich hoffe wirklich, dass Josi geheilt werden kann", sagte Nick mit einem ehrlichen Lächeln.

Ich hatte ihm nie etwas von der Leukämie meiner Tochter erzählt, weil ich nicht wollte, dass er mich aus Mitleid bevorzugte. Ich wollte, dass er genauso streng zu mir war, wie zu allen anderen Tänzern, aber jetzt musste er einfach die Wahrheit erfahren.

„Dir ist ja wohl klar, wieso Justin vorgibt, kein Herz zu haben. Ihr habt es ihm gebrochen", murmelte ich schließlich. Ich konnte dieses Thema einfach nicht ignorieren. Jetzt, wo Nick vor mir stand, musste ich es einfach ansprechen. Um es zu verstehen, warum man seinem besten Freund so etwas antun konnte.

Nick wusste sofort wovon ich sprach, denn er seufzte schuldbewusst.

„Aubree und ich haben das nicht geplant. Keiner wollte sich absichtlich in den anderen verlieben, aber es ist passiert. Ich wusste wie sehr Justin sie liebt. Ich war einer der Wenigen, der wirklich wusste, wie ernst es zwischen den Beiden war. Es tut mir leid, dass es so gekommen ist", murmelte Nick leise.

„Justin war dein bester Freund. Seine Freundin sollte für dich tabu sein."

„Ich weiß, Grace. Aubree und ich haben viel Zeit miteinander verbracht, um Choreografien zu lernen und sie ist zu meiner besten Freundin geworden. Und ich habe mich in sie verliebt, aber ich wusste, dass das nicht geht, also habe ich nichts gesagt. Bis sie eines Morgens vor meiner Haustür stand und geweint hat. Sie hat mir gesagt, dass die Beziehung mit Justin nicht funktionieren wird, weil sie sich in einen anderen Mann verliebt hat. Sie... sie hat mir gesagt, dass sie mich liebt. Aber, dass sie Justin nicht verletzen will. An dem Morgen ist es einfach passiert. Sie hat mich geküsst und ich konnte sie nicht wegdrücken, immerhin habe ich sie schon seit Wochen geliebt. Wir wussten Beide, dass es falsch ist, aber dann war es schon zu spät und wir hatten Sex." Nick holte tief Luft, bevor er weiterredete. „Aubree hat mit ihm per WhatsApp Schluss gemacht, obwohl ich wollte, dass sie persönlich mit ihm spricht. Sie ist gegangen, weil sie über alles nachdenken musste und wenige Minuten später stand Justin bei mir..."
„Und du hast ihn getröstet", ergänzte ich seinen Satz ganz von alleine. Nick sah mich mit großen Augen an.
„Justin hat es dir erzählt."
Ich nickte und leckte mir kurz über die Lippen.
„Ich wollte es nur aus deinem Mund hören, um zu verstehen, wie man seinem besten Freund so etwas antun kann."

Lifeline - j.b.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt