Epilog 11 ~ Haldir, Elben und Haleth

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Das Tor wurde geöffnet und ungefähr 300 Elben maschierten in die Festung. An ihrer Spitze lief Haldir. Vor König Theoden blieben die Elben stehen und Haldir trat ein paar Schritte nach vorne. ,,Wie ist das möglich?", fragte Theoden erstaunt. ,,Ich bringe Kunde von Elrond von Bruchtal", sagte Haldir, ,,Einst bestand ein Bündnis zwischen Elben und Menschen. Wir kämpften und starben gemeinsam. Nun wollen wir dieses Bündnis erneuern." Aragorn kam, gefolgt von Gimli, Meril und Legolas, die Treppe, vor der König Theoden stand, hinunter. ,,Mae govannen, Haldir", sagte Aragorn und schloss den Elb kurz vor Erleichterung in seine Arme. Haldir war sichtlich überrascht von dieser Geste. Auch Meril und Legolas begrüßten Haldir, allerdings ohne Umarmung, und Gimli brummte nur etwas unverständliches, was wohl auch eine Begrüßung sein sollte. ,,Wieder mit den Menschen in die Schlacht zu ziehen erfüllt uns mit Stolz", sagte Haldir. ,,Da seid Ihr nicht der Einzige, Haldir", ertönte nun Thranduils Stimme, der, warum auch immer, zuvor kurz verschwunden war. ,,Der König unter Buche und Eiche...", sagte Haldir und neigte den Kopf, ,,Herrin Galadriel weiß, dass Ihr hier seid und was Ihr vorhabt." ,,Nun, solange nur sie es weiß und nicht der Feind", entgegnete Thranduil und Haldir nickte. Jetzt mit etwas mehr Mut und Hoffnung wurden die letzten Vorbereitungen getroffen.
Langsam ging die Sonne unter. Aragorn saß auf der Treppe vor der großen Halle und Thranduil stand neben ihm. ,,Wisst Ihr bereits, wie wir bei der Schlacht vorgehen werden?", fragte Aragorn. ,,Um ehrlich zu sein nicht", antwortete Thranduil, ,,Mir ist lediglich die Verteilung der Männer bekannt." ,,Wir warten bis die Uruks uns angreifen", erklärte Aragorn, ,,Dadurch können wir vielleicht etwas Zeit gewinnen. Eurem Heer wegen." Thranduil nickte. ,,Etwas anderes bleibt uns wohl auch nicht übrig, wenn wir Zeit gewinnen wollen", meinte er. Eine Weile schwiegen Aragorn und der Elbenkönig und beobachteten, was alles in der Festung getan wurde. ,,Gib mir dein Schwert", sagte Aragorn plötzlich und stand auf. Verwirrt sah Thranduil zu ihm, bemerkte aber, dass der Waldläufer mit einem Junge sprach. Der Junge war vielleicht 14 Jahre alt. Etwas zögernd ging er auf Aragorn zu und reichte ihm sein Schwert, während er den Kopf stets gesenkt hielt. ,,Wie heißt du?", fragte Aragorn freundlich. ,,Haleth, Hámas Sohn", entgegnete der Junge und sah Aragorn nun doch an. Allerdings vermied er es, Thranduil anzusehen und wenn sein Blick trotzdem auf diesen fiel, senkte er sofort den Blick. ,,Die Männer sagen, dass wir die Nacht nicht überleben werden. Es ist hoffnungslos", meinte Haleth traurig. Aragorn wollte etwas sagen, doch Thranduil kam ihm zuvor. Der Elbenkönig legte Haleth eine Hand auf die Schulter. Der Junge zuckte leicht erschrocken zusammen und senkte den Blick sofort, was sowohl Thranduil als auch Aragorn etwas irritierte. ,,Es gibt immer Hoffnung", sagte Thranduil. Kurz musterte er Haleth, die Hand noch immer auf dessen Schulter. ,,Sieh mich an", bat er schließlich sanft. Langsam und zögernd hob Haleth den Blick und sah Thranduil, der sich ein wenig zu dem Junge heruntergebeugt hatte, damit dieser sich nicht allzu klein vorkam, an. ,,Was siehst du?", fragte Thranduil. Haleth zögerte kurz und sah unsicher zu Aragorn. Dieser nickte ihm ermutigend zu, wenn er auch selbst über das zurückhaltende Verhalten des Jungen verwirrt war. Haleth richtete seinen Blick wieder auf Thranduil. ,,Ihr...ihr seid ein Elb", sagte Haleth leise und schüchtern, ,,Ihr wirkt sehr majestätisch und elegant, was kein Wunder ist, da Ihr schließlich ein König seid. Und Ihr seid mit großer Schönheit gesegnet." Thranduil nickte leicht, um dem, noch immer ungewöhnlich schüchternen, Junge zu zeigen, dass er nichts falsches gesagt hatte. ,,Sag mir, was siehst du in meinen Augen?", fragte der Elb dann. ,,Sie sind von einem schönen, hellen Blau", sagte Haleth, ,,Sie strahlen im Dunkel der Nacht, doch etwas trübt dieses Strahlen ein wenig." Unsicher sah der Junge den Elbenkönig an. ,,Ja, du hast recht", sagte Thranduil, ,,Etwas trübt das Strahlen meiner Augen ein wenig. Etwas, was auch das Strahlen deiner Augen trübt. Soll ich dir sagen, was es ist?" Haleth nickte kaum merklich, doch Thranduil entging es natürlich nicht. ,,Es ist Angst", sagte Thranduil, ,,Du fürchtest dich vor dem, was auf uns zukommt. Doch auch ich tue das. Auch ich fürchte mich vor der Schlacht, denn ich habe nicht nur Angst, mein eigenes Leben zu verlieren, sondern auch die zu verlieren, die ich liebe." ,,Ihr...Ihr fürchtet Euch?", fragte Haleth ungläubig. Thranduil nickte nur. ,,Es ist keine Schande, sich zu fürchten", sagte der Elbenkönig noch und nahm seine Hand von Haleth' Schulter. ,,Dies ist ein sehr gutes Schwert", ergriff Aragorn wieder das Wort und gab Haleth das Schwert zurück. ,,Wie ich sehe bist du auch ein Bogenschütze", meinte Aragorn und deutete auf den Köcher mit Pfeilen, den Haleth am Rücken trug. ,,Ja, aber das nützt mir nichts, wenn ich in den Nahkampf übergehen muss", meinte der Junge. ,,Trägst du noch andere Waffen bei dir?", fragte Aragorn, ,,Es ist immer ratsam mindestens zwei Waffen in solch einer Schlacht bei sich zu tragen." Haleth schüttelte jedoch den Kopf. ,,Es gab fast keine Waffen mehr und ich war einer der Letzten, die welche bekamen. Von daher habe ich für den Nahkampf nur dieses eine Schwert." Jemand rief nach Aragorn. ,,Bitte entschuldigt mich", sagte er und ging. Haleth wollte ebenfalls gehen. ,,Haleth", sagte Thranduil und hielt den Jungen somit auf. Zögerlich drehte er sich wieder zu dem Elb um. ,,Warum bist du so zurückhaltend?", fragte Thranduil, ,,Ich beiße schon nicht." ,,Nun, zum Einen ist dies meine allererste Begegnung mit Eurem Volk, mein Herr. Ich wusste nicht genau, welche Sitten bei diesem gebräuchlich sind und zudem seid Ihr ein König", erklärte Haleth, ,,Und zum anderen, trauere ich. Mein Vater ist während dem Angriff der Warge getötet worden. Jetzt habe ich keine Familie mehr..." ,,Das tut mir leid", sagte Thranduil ehrlich. ,,Das muss es nicht", entgegnete Haleth. ,,Um auf das Thema Waffen zurückzukommen...", meinte Thranduil, damit Haleth wieder auf andere Gedanken kam und löste einen Langdolch samt Halterung von seinem Gürtel. ,,Diesen Dolch fand ich auf dem Weg nach Edoras", erklärte er, ,,Sein Besitzer, ein Elb meines Volkes, hat ihn vermutlich im Kampf gegen eine Orkmeute verloren. Ich trage genug Waffen bei mir, du hast nur ein einziges Schwert." Thranduil hielt Haleth den Dolch in der Halterung entgegen. ,,Nimm ihn, du wirst ihn noch brauchen", sagte Thranduil. Zögerlich nahm Haleth den Dolch entgegen und strich kurz über die schlicht gehaltene Halterung aus Leder. Dann zog er den Dolch aus der Halterung und betrachtete ihn. Das scharf geschliffene Metall glänzte und der Griff, der mit dunklem Leder umwickelt war, lag gut in der Hand. In der Mitte waren elbentypische Verzierungen mit äußerster Präzision in das Metall eingekerbt worden. ,,Das...das kann ich nicht annehmen", meinte Haleth und wollte den Dolch wieder zurückgeben, doch Thranduil schüttelte den Kopf. ,,Er gehört dir bereits. Und ich verlange nichts dafür, denn es ist ein Geschenk", meinte er und wandte sich zum Gehen. Nach ein paar Schritten hielt er aber noch kurz inne und drehte sich noch einmal um. ,,Solltest du je Hilfe brauchen, Haleth", sagte er, ,,Du kannst jederzeit zu mir kommen." Haleth schien zu perplex zu sein, um etwas zu erwidern, also ließ Thranduil ihn mit diesen Worten alleine.

Die Reise zum EreborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt