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Meril:
Nach einem langen Ritt rasteten wir und schlugen unser Nachtlager auf. Ein Feuer wurde entzündet und die meisten Zwerge legten sich hin und versuchten zu schlafen. Ich stand abseits von den anderen an der Kante des felsigen Geländes, auf dem wir uns befanden. Vor mir ging es steil nach unten, deshalb hielt ich etwas Abstand zur Kante. Mein Pferd stand neben mir und knabberte genüsslich ein bisschen von dem Gras, das hier und da in kleinen Büscheln wuchs. Ich hörte wie die Zwerge sich unterhielten und das Essen, das anscheinend Bombur gekocht hatte, gerecht untereinander verteilten. ,,Kili, bring Meril ihr Essen. Ich glaube nicht, dass sie zu uns kommt", hörte ich Fili sagen. Kili protestierte, tat es aber schließlich doch. Ich musste grinsen. Hatte Kili irgendwie Angst vor mir oder was? ,,Habt Ihr Angst vor mir?", fragte ich leicht amüsiert und sah weiterhin geradeaus. Kili schien zu zögern. ,,N...Nein", meinte er schließlich nervös. Ich drehte mich um. ,,Seid Ihr Euch sicher? ", fragte ich, ,,Ihr scheint ziemlich nervös zu sein." Daraufhin hatte es Kili anscheinend die Sprache verschlagen, denn eigentlich sah er gar nicht nervös aus. Seine Körperhaltung war normal und auch sein Gesichtsausdruck zeigte keinerlei Nervosität. Doch seine Emotionen sagten mir etwas anderes. Ich musste leicht lachen. ,,Ich weiß, dass Ihr ein wenig Angst habt, dass ich Euch als lebendige Zielscheibe für meine Wurfmesser verwende", erklärte ich und nahm Kili die kleine Schüssel mit der Suppe und den Löffel aus der Hand. ,,Ich würde Euch allerdings nie umbringen. Zwerge sind treue und ehrenvolle Männer. Und sie sind nur schwer unterzukriegen. Vor allem das Geschlecht Durins", sagte ich. ,,Meint...meint Ihr das ernst?", fragte Kili immer noch etwas vorsichtig, ,,Ich dachte immer alle Elben hassen uns Zwerge." ,,Nicht alle Kili. Nicht alle. Aber es gibt durchaus Elben die Zwerge nicht mögen", erklärte ich, ,,Aber ich gehöre definitiv nicht dazu. Und ich glaube so ist es auch richtig." Kili nickte leicht. ,,Noch eine Frage", sagte Kili, ,,Esst Ihr als Halbelbin Fleisch?" ,,Gelegentlich, ja", antwortete ich. Kili nickte nur und ging zurück zur Feuerstelle, an der sich die anderen Zwerge und Bilbo befanden. Gandalf war gerade nirgends zu sehen. Ich aß die Suppe, die Kili mir gebracht hatte. Ich hatte schon besseres gegessen, aber es schmeckte nicht schlecht. An der Feuerstelle war es mittlerweile ruhiger geworden. Anscheinend schliefen die meisten Zwerge jetzt. Ich hörte, dass einer von ihnen aufstand, zu einem der Ponys lief und ihm einen Apfel gab. ,,Das bleibt unser kleines Geheimnis, ja?", sagte er. Es war keiner der Zwerge, sondern Bilbo. Plötzlich ertönte ein lautes Kreischen. Ich fuhr erschrocken zusammen. ,,Was war das?", fragte Bilbo erschrocken. ,,Orks", antwortete Kili. ,,Orks!?", wiederholte Bilbo ängstlich. ,,Ja, tausende von ihnen leben in den leeren Landen", erzählte Fili. ,,Sie greifen im Morgengrauen an, wenn alles schläft. Niemand schreit, sehr viel Blut", ergänzte Kili. Die beiden lachten leise. Was bitte war denn an einem Orkangriff witzig? Anscheinend war Thorin der selben Ansicht. Ich stand auf und ging lautlos zum Lagerfeuer. ,,Haltet ihr einen Orkangriff bei Nacht für lustig?", fragte er wütend. ,,Wir haben uns nichts dabei gedacht", sagte Kili unterwürfig zu seinem Onkel. ,,Nein, habt ihr nicht", schimpfte Thorin, ,,Ihr wisst nichts von der Welt." ,,Warum sollten sie nichts von der Welt wissen?", entgegnete ich. Ein erstauntes Raunen ging durch die Runde, denn niemand hatte damit gerechnet, dass ich die beiden Brüder verteidigen würde. ,,Ich kenne sie wirklich nicht sehr lange, aber ich habe den Eindruck, dass sie schon sehr viel von der Welt wissen", sagte ich. Thorin hatte es anscheinend die Sprache verschlagen, doch er war wütend, das konnte ich sehen. Er drehte sich um und murmelte etwas wie: ,,Bescheuertes Elbenpack." Ich ignorierte seine Beleidigung mit einiger Mühe, doch ich rastete zumindest nicht aus. Fili und Kili sahen mich erstaunt an. ,,Nehmt es ihm nicht übel, Jungs. Thorin hat mehr als genug Gründe Orks zu hassen", sagte Balin zu den beiden. ,,Welche denn?", fragte Bilbo. Balin begann von der Schlacht von Moria zu erzählen, bei der Thorins Großvater von einem bleichen Ork getötet wurde. Dieser bleiche Ork war unter dem Namen Azog der Schänder bekannt. ,,Und der bleiche Ork? Was ist aus ihm geworden?", fragte Bilbo. ,,Er kroch in das Loch zurück, aus dem er kam. Dieser Abschaum ist längst an seinen Wunden verreckt", sagte Thorin hasserfüllt. Ich bemerkte, dass Balin und Gandalf, den ich an einem Baum lehnend und Pfeife rauchend entdeckt hatte, einen bedeutungsvollen Blick tauschten. Wussten sie etwa etwas, was die anderen nicht wussten? ,, ...... Damals sagte ich mir: Diesem Einen will ich folgen. Diesen Einen kann ich König nennen", beendete Balin nun seine Erzählung. Langsam wurde ich müde und legte mich etwas abseits auf eine, mit vertrocknetem Moos bewachsene, Stelle. Ich spürte, dass die beiden jüngsten Zwerge mich nachdenklich ansahen, doch ich ignorierte ihre Blicke.

Die Reise zum EreborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt