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Legolas:
Der Adler landete vor den Toren zum Palast. Die Tore wurden sofort geöffnet, sodass ich Tauriel hineintragen konnte. ,,Wenn Meril kommt, bringt sie zu meinem Gemach", sagte ich zu den Wachen am Tor. Dann trug ich Tauriel in mein Zimmer und legte sie behutsam auf mein Bett. Ich selbst setzte mich neben sie und nahm ihre Hand, damit sie spürte, dass ich da war. Warum nur hatte das passieren müssen? Gerade waren alle meine Sorgen wie weggeblasen gewesen, doch jetzt waren sie wieder da und mit ihnen noch eine weitere Sorge. Und zwar die Sorge um Tauriel. Ich befühlte ihre Stirn. Sie glühte regelrecht. Wo blieb Meril nur? Tauriel verkrampfte sich plötzlich und bewegte sich unruhig. Offenbar hatte sie Fieberträume. In diesem Augenblick betrat Meril das Zimmer.
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Meril:
Die Wachen am Tor zum Palast des Düsterwaldes brachten Thranduil und mich zu Legolas Gemach. ,,Ich weiß, dass Ihr so schnell wie möglich mit Legolas sprechen wollt", sagte ich zu Thranduil, ,,Aber ich glaube es wäre besser, wenn Ihr erst einmal wartet, bis ich Tauriel versorgt habe." ,,Wenn du meinst...", grummelte Thranduil. Er wartete nicht gerne auf ein Gespräch mit seinem Sohn, doch er tat es trotzdem. ,,Ich warte hier", sagte er noch, bevor ich die Tür zu Legolas Gemach öffnete und eintrat. Tauriel lag, immer noch bewusstlos, auf Legolas Bett. Er selbst saß neben ihr und hielt ihre Hand. Tauriel bewegte sich unruhig und hatte sich verkrampft. Ich ging zu Tauriel, befühlte ihre Stirn und kontrollierte ihren Puls. Sie hatte hohes Fieber und ihr Herzschlag war etwas schneller als normal. Ich gab ihr etwas Wasser und suchte dann nach getrocknetem Athelas in meiner Heilertasche. Zum Glück fand ich etwas davon. Dann bereitete ich ein Elixier zu und gab Tauriel ein bisschen davon. ,,Wann wird sie wieder aufwachen?", fragte Legolas. ,,Genau kann ich das nicht sagen", entgegnete ich, ,,Aber es wird wahrscheinlich schon ein paar Tage dauern." Legolas sah meine Cousine an. In seiner Seele war so viel Zuneigung, Liebe und Sorge zu sehen, dass ich fast weinen musste. Auch ich machte mir Sorgen um Tauriel, aber dann auch noch zu sehen wie sich Legolas um sie sorgte, war doppelt schlimm. ,,Dann bleibe ich bei ihr, bis sie aufwacht", verkündete er. Ich nickte nur, denn er würde sowieso bei Tauriel bleiben, egal was ich sagte. Ich ging aus dem Zimmer. Im Flur stand immer noch Thranduil. ,,Ich denke Ihr könnt jetzt zu Legolas", sagte ich. Thranduil war ziemlich nervös und er atmete einmal tief durch, bevor er das Zimmer betrat. Hoffentlich würde das Gespräch gut verlaufen. Während ich wartete checkte ich, was ich noch alles in meiner Heilertasche hatte. Ich hatte den kompletten Inhalt der Tasche auf den Sockel einer Säule gelegt und begann, alles wieder in die Tasche zu packen. Dabei stieß ich unglücklicherweise zwei Reagenzgläser so an, dass sie über die Kante des Sockels fielen. Na super. Ich erwartete das Klirren des Glases, wenn die Reagenzgläser auf dem Boden auftrafen, aber nichts geschah. ,,Ihr solltet besser darauf achten, wo Ihr solche Dinge hinlegt", hörte ich hinter mir Elduins Stimme, ,,Sie könnten sonst vielleicht runterfallen." ,,Und Ihr solltet darauf achten, Euch nicht immer anzuschleichen", entgegnete ich und drehte mich um. Elduin trug noch immer die Rüstung, die alle Elbenkrieger in der Schlacht getragen hatten, allerdings hatte et seinen Helm abgenommen. Er gab mir die Reagenzgläser. ,,Nun, tut mir leid, wenn ich das tue", meinte Elduin, ,,Es war nie meine Absicht." Ich verstaute die Reagenzgläser in meiner Tasche und drehte mich dann wieder zu Elduin um. Erst jetzt bemerkte ich, dass seine linke Hand voller Blut war und er sie jetzt auf seinen rechten Oberarm presste. ,,Ihr seid verletzt", stellte ich fest. ,,Das kommt davon, wenn man an vorderster Front kämpft", entgegnete er und versuchte weiterhin die Blutung mit seiner Hand zu stoppen. ,,Ihr solltet zu einem Heiler", sagte ich. ,,Die Heiler haben auch ohne mich genug zu tun. Die Zimmer sind beinahe überfüllt", meinte Elduin. ,,Wenn es für Euch in Ordnung wäre, würde ich mir die Wunde einmal ansehen", schlug ich vor, auch wenn ich das eigentlich bei ihm hatte vermeiden wollen, schließlich könnte es sein, dass er sich dadurch falsche Hoffnungen machte. ,,Aber nicht unbedingt hier auf dem Flur", fügte ich noch hinzu, da das wirklich ein bisschen merkwürdig aussehen würde. ,,Mein Zimmer ist nicht weit von hier", meinte Elduin. Ich nickte und er führte mich zu seinem Zimmer, welches allerdings ein Stockwerk tiefer lag. In seinem Zimmer legte ich meine Heilertasche auf die Truhe, die dort stand und bat ihn, sich auf sein Bett zu setzen. ,,Nehmt bitte die Hand von der Wunde", bat ich ihn, was er auch tat. Ich zog scharf die Luft ein. Zwar war zum Glück kein Gift in der Wunde, dafür war sie aber umso größer und auch tiefer. Außerdem blutete sie stark. ,,Ich glaube Ihr müsst Eure Rüstung ablegen, damit ich die Wunde komplett verarzten kann", sagte ich, denn ich war mir sicher, dass sich ein Teil der Wunde noch unter dem leichten Kettenhemd befand, welches die Arme der Elbenkrieger im Kampf schützte. Elduin nickte und erhob sich, um seine Rüstung abzulegen. Allerdings funktionierte das mit einer Hand nicht so gut (er konnte den anderen Arm nicht bewegen, da es zu sehr schmerzte). Schließlich erbarmte ich mich und half ihm, den Brustharnisch abzulegen und das Kettenhemd über seinen Kopf zu ziehen. ,,Setzt Euch wieder", sagte ich und sah mich kurz im Raum um. Ich entdeckte, was ich suchte: Einen Krug mit Quellwasser und eine Schale. Ich stellte den kleinen Tisch, auf dem sich beides befand, neben das Bett und holte noch ein sauberes Tuch aus meiner Heilertasche. Dann setzte ich mich neben Elduin und zog den Ärmel seiner Tunika, die er jetzt noch trug, nach oben. Dort, wo sich seine Wunde befand, war der Ärmel gerissen und hatte sich durch das Blut rot gefärbt. Elduin zog scharf die Luft ein, als ich den Ärmel so vorsichtig wie möglich über die Wunde zog. ,,Verzeiht", sagte ich leise. ,,Schon in Ordnung, es lässt sich nicht vermeiden", entgegnete er. Ich schob den Ärmel über seine Schulter, sodass er nicht mehr runterrutschte und betrachtete noch einmal die Wunde. Die begann nur wenige Zentimeter unter Elduins Schulter und zog sich bis über die Mitte seines Oberarmes. Zudem war sie ziemlich tief und blutete wie gesagt stark. Elduins halber Arm war voller Blut. Ich nahm das Tuch, tauchte es ins Wasser, welches ich in die Schale gegossen hatte und entfernte zunächst das Blut von Elduins Arm. Dann reinigte ich die Wunde so gut es ging. Als ich auch damit fertig war, gab ich Elduin ein weiteres Tuch. ,,Drückt es auf die Wunde, hoffentlich stoppt die Blutung dann endlich", sagte ich und wandte mich meiner Heilertasche zu. ,,Wie schlimm ist die Wunde?", fragte Elduin, ,,Zwar sehe ich, dass sie groß ist, aber wie schlimm es ist, kann nur ein Heiler, wie Ihr es auczu sein scheint, beurteilen." ,,Die Waffe, mit der Euch die Wunde zugefügt wurde war zum Glück nicht vergiftet", erklärte ich, während ich in meiner Heilertasche rumkramte, ,,Allerdings ist die Wunde sehr groß und auch tief, was bedeutet.....dass ich sie nähen muss." Endlich hatte ich eine Nadel und Faden gefunden und wandte mich wieder Elduin zu, der ein bisschen blass geworden war. Ob es nun daran lag, dass ich die Wunde nähen musste, oder dass er viel Blut vetloren hatte, konnte ich nicht sagen.  Ich setzte mich wieder neben ihn und er nahm vorsichtig das Tuch von der Wunde. Tatsächlich hatte sie aufgehört zu bluten. Gekonnt nähte ich die Wunde zusammen, doch Elduin zuckte öfter zusammen. Schließlich war ich fertig und Elduin atmete erleichtert auf. Er wollte aufstehen, doch ich hielt ihn zurück. ,,Noch bin ich nicht ganz fertig", sagte ich und holte eine Salbe aus meiner Heilertasche, welche ich noch über die, jetzt zugenähte, Wunde tat. ,,Was ist das?", fragte Elduin. ,,Diese Salbe beschleunigt die Heilung ein wenig und schützt vor Entzündungen", erklärte ich, während ich einen Verband um Elduins Oberarm wickelte. ,,Schont den Arm noch ein paar Tage", sagte ich noch, verstaute die restliche Salbe wieder in meiner Heilertasche und verließ den Raum. Eigentlich hätte ich Elduin jetzt sagen können, dass ich mein Herz bereits an Kili verloren hatte, doch ich sah, dass er sehr müde war und vermutete, dass auch einer seiner Freunde in der Schlacht gefallen war, weshalb ich ihn momentan nicht auch noch mit Herzschmerz belasten wollte.
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Thranduil:
Ich atmete einmal tief durch, bevor ich die Tür zu Legolas Zimmer öffnete und eintrat. Hinter mir schloss ich die Tür wieder. Mein Blick hing an Legolas und Tauriel. Legolas sah Tauriel voller Sorge und Zuneigung an und hielt ihre Hand. ,,Was willst du?", fragte er und sah vorerst nicht zu mir. ,,Ich will mit dir reden", antwortete ich. Legolas sah mich prüfend an. ,,Nur leider will ich nicht mit dir reden", entgegnete er dann mit einem Anflug von Wut in der Stimme, ,,Und jetzt geh. Bitte." ,,Legolas, ich will doch einfach nur mit dir reden", sagte ich verzweifelt. ,,Ich aber nicht mit dir", wiederholte Legolas, ,,Verschwinde jetzt." Seine Stimme klang noch wütender. In mir braute sich gerade ein regelrechter Sturm an Gefühlen zusammen. Wie ein Vulkan, der bald explodieren würde. ,,Bitte hör mir doch zu", versuchte ich es noch einmal. ,,Ich brauche und will deine Worte nicht", fuhr Legolas mich mit lauter Stimme an, ,,Verschwinde! Lass mich in Ruhe!" Diese Worte waren wie Gift für mich und der brodelnde Vulkan von Gefühlen in mir, drohte auszubrechen. Doch wenn ich diese Diskussion weiterführen würde, wäre das weder gut für meinen Sohn, noch für mich. Es fiel mir schwer, den Ansturm meiner Gefühle, allen voran Wut und Trauer, zu unterdrücken, aber ich schaffte es. Zumindest für diesen Augenblick. ,,Verschwinde endlich!", sagte Legolas immer noch wütend, ,,Ich will dich nicht mehr sehen!" Sein letzter Satz brach mein Herz endgültig. Ich konnte ihn nicht mehr ansehen. Ich riss die Tür auf und rannte den Flur entlang, bis ich schließlich mein Gemach erreichte. Ich ging hinein und schloss die Tür ab. Für die Elben, die mich gesehen hatten wirkte es wahrscheinlich so, als hätte ich die Befürchtung, dass eine Orkmeute jederzeit in mein Gemach kommen würde. Doch das war mir im Moment alles egal. Meine Gedanken galten nur zwei Personen. Legolas und Ithiliel. Ich legte meine Rüstung ab. Sie war jetzt nur unnötiger Balast. Wieder kamen mir Legolas Worte in den Sinn. 《Verschwinde! Ich will dich nicht mehr sehen!》Ich legte meine Hände an meine Brust, dort wo ich meinen Herzschlag spürte. Doch für wen schlug es jetzt noch? Ich hatte alles verloren. Erst meinen Vater. Dann meine melethril* Ithiliel. Und jetzt auch noch Legolas. Tränen traten mir in die Augen und meine Knie versagten ihren Dienst. Ich sank auf den Boden. Mein Herz schmerzte so sehr. Und zum ersten Mal seit Ithiliels Tod weinte ich wieder. Alle Trauer, allen Schmerz und alle Wut, die ich seither vor allen versteckt und in mich hineingefressen hatte kamen nun erneut hoch. Mit jeder Träne die ich vergoss, schienen auch meine Kräfte zu schwinden. Ich wusste, jetzt neigte sich meine Zeit ihrem Ende. Denn noch nicht einmal der stärkste Elb würde es überleben, wenn sein Herz zwei mal gebrochen wurde.

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Übersetzung:
*Liebste

Die Reise zum EreborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt