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Kili:
Ich spürte etwas an meiner Wange und realisierte erst einen Augenblick später, dass Meril mich gerade auf diese geküsst hatte. ,,Du bist ein Prinz, Kili", sagte sie leise zu mir, ,,Und ich glaube, du bist auch mein Prinz." Sollte das etwa heißen, dass sie mich mochte? Sehr mochte? Mehr für mich empfand? Mir selbst war mittlerweile klar geworden, dass ich mehr für Meril empfand, als nur Freundschaft. Und dafür gab es mehr als genug Gründe: Sie war verdammt nochmal total hübsch, aber gleichzeitig auch stark und kämpferisch. Auch mochte sie mein Volk, also Zwerge im Allgemeinen, was sie von allen anderen Elbinnen, die mir bis jetzt begegnet waren, unterschied. Und sie steckte voller Überraschungen, was sie für mich nur noch interessanter machte. Ich wollte etwas sagen, doch da kam Bilbo plötzlich zu uns gerannt. ,,Tut mir leid, wenn ich euch zwei unterbreche", sagte unser Meisterdieb außer Atem, ,,Aber Gloin hat gerade etwas sehr merkwürdiges gefunden, was ihr euch ansehen solltet." Warum musste Bilbo genau jetzt auftauchen? Gerade war so ein wunderschöner, ja schon fast magischer, Moment zwischen Meril und mir gewesen. Aber natürlich war uns soetwas nicht lange gegönnt. Meril war inzwischen aufgestanden und reichte mir die Hand, um mir aufzuhelfen. Zwar war das nicht wirklich nötig, aber ich ergriff ihre Hand trotzdem und stand auf. Allerdings ließ ich ihre Hand nicht los und sie ließ mich gewähren. Hand in Hand folgten wir Bilbo durch die unzähligen Gänge meiner neuen Heimat, bis wir schließlich in eine riesige Halle kamen, in der Berge von Gold waren. Vor einer der großen Säulen hatten sich alle Mitglieder der Gemeinschaft versammelt und auch Jenna stand bei ihnen. Nur meinen Onkel konnte wir nicht entdecken. Wo er nur war? ,,Gut, dass ihr da seid", sagte Balin und sah mit hochgezogenen Augenbrauen und wissendem Blick auf unsere Hände. Zum Glück war Balin nicht der Typ, der sofort alles sagte, was er dachte und so blieben unsere, ineinander verschränkten, Hände weitgehend unbemerkt. ,,Gloin hat eine Inschrift in dieser Säule entdeckt, die definitiv nicht von unserem Volk stammt", erklärte Balin und deutete auf die Säule. Erst jetzt bemerkte ich die Inschrift. Allerdings sah es nicht so aus, als wäre diese fein säuberlich in die Säule gemeiselt worden, sondern mehr wie, als ob sie jemand ein bisschen ungeschickt in die Säule geritzt hätte. ,,Was ist das für eine Sprache?", fragte mein Bruder. Meril ließ meine Hand los und ging ein bisschen weiter nach vorne. ,,Das......... das ist Englisch", stellte sie fest, ,,Diese Sprache sprechen aber eigentlich nur Jenna und ich."
-
Meril:
Ich las die Inschrift laut vor: ,,Black soul and burning heart, great love and acute pain. The sickness is in his soul. He will suffer and it will destroy him. Nothing can ever help him." ,,Und was bedeutet das?", fragte Dwalin. ,,Schwarze Seele und brennendes Herz, große Liebe und stechender Schmerz. Die Krankheit ist in seiner Seele. Er wird leiden und es wird ihn zerstören. Nichts kann ihm je helfen", übersetzte ich. ,,Warum unterbrecht ihr die Suche ohne meine Erlaubnis?", schallte Thorins Stimme durch die Halle. Ein bisschen erschrocken drehten wir uns um. Langsam glaube ich wirklich, dass mein Elbengehör nachlässt, denn Thorin ist nicht der erste, den ich erst bemerkt habe, wenn er etwas sagt. ,,Ich sagte doch: Keiner ruht, bis der Arkensteim nicht gefunden ist", sagte Thorin und schritt währenddessen auf uns zu. Thorins Ausstrahlung war wirklich majestätisch, was von seiner Kleidung und der Krone noch untermalt wurde. ,,Gloin hat das hier entdeckt", sagte Ori, der ein bisschen Angst bekommen hatte. Thorin sah nur eine Sekunde zu der Schrift an der Säule. ,,Und warum haltet ihr euch mit so einem Schwachsinn auf?", fuhr der König unter dem Berg uns an, ,,Sucht weiter! Das gilt für alle!"
~
Nach was weiß ich wie vielen Stunden, in denen wir ununterbrochen nach dem Königsjuwel gesucht hatten, war keiner von uns fündig geworden. Und außerdem waren die Zwerge und Bilbo total erschöpft. ,,Macht eine kurze Pause, damit ihr wieder genügend Kraft zum Suchen habt", sagte Thorin, worauf die Zwerge erleichterte Wort flüsterten. Der König hatte uns alle, aber hauptsächlich mich, bei unserer 'Arbeit' skeptisch beobachtet. Alle zusammen gingen in die große Küche, nur Thorin bleib in den Hallen voller Gold. Unten in der Küche setzte ich mich etwas abseits auf eine Bank und dachte nach. Immer mehr Sätze schwirrten durch meinen Kopf:
"Es ist, als hätte er eine Krankheit." - "Die Krankheit ist in seiner Seele." - "Thorin. Seine Seele...sie ist nur noch schwarz und sein Herz...naja, es brennt." - "Schwarze Seele und brennendes Herz." - "Gold. Gold jenseits aller Vorstellung." - "Gold weckt in Feuerdrachen ein dunkles, wildes Verlangen."
,,Thorin!", entfuhr es mir erschrocken. Alle verstummten und sahen zu mir. ,,Was ist mit Thorin?", fragte Dwalin. ,,In der Inschrift auf der Säule ist doch von einer unbekannten Person die Rede", begann ich, ,,Von einer unbekannten männlichen Person." ,,Und du glaubst also, dass Thorin damit gemeint ist?", fragte Dwalin ungläubig. ,,Einige Wörter und auch Sätze treffen durchaus zu", erklärte ich, ,,Bilbo sagte, es ist, als habe Thorin eine Krankheit. In der Inschrift heißt es: "Die Krankheit ist in seiner Seele." Außerdem habe ich Thorins Seele und sein Herz gesehen. Es sieht genauso aus, wie in der Inschrift beschrieben." ,,Wie bitte willst du Thorins Seele und sein Herz gesehen haben?", fragte Gloin. ,,Ich kann auch eure Seelen und Herzen sehen", entgegnete ich, ,,Und die Emotionen darin. Fili zum Beispiel fühlt im Moment Freunde, hat aber auch ein wenig Angst um seinen Onkel. Und außerdem liebt er seinen Bruder über alles." Allerdings ließ ich die Tatsache, dass er mittlerweile sehr viel Zuneigung zu Jenna entwickelt hatte weg. Fili sah mich erstaunt an und gab den anderen mit einem Nicken zu verstehen, dass ich recht hatte. ,,Thorins Stimme hatte einen merkwürdigen Klang, als er seine Neffen, Oin, Bofur, Jenna und mich in diesen Hallen willkommen hieß", fügte ich noch hinzu, ,,Sie klang ähnlich wie......Smaugs Stimme. Es gibt einen Satz, den mir meine Mutter einmal über Feuerdrachen gesagt hat: Gold weckt in Feuerdrachen ein dunkles, wildes Verlangen. Und wenn ich es richtig verstanden habe, flüsterte Thorin diese Worte, als er das Gold hier betrachtete: Gold. Gold jenseits aller Vorstellung. Und zählt man all diese Dinge zusammen, sind das Symptome für....." ,,.....die Drachenkrankheit!", beendete Balin meinen Satz. Ich nickte. Geschockt sahen die Zwerge mich, und auch sich gegenseitig, an. Auch ich selbst war von meiner Erkenntnis etwas geschockt. Vor allem Fili, Kili, Balin, Dwalin und Bilbo schien die Erkenntnis schwer getroffen zu haben, denn sie starrten am längsten vor sich hin. Ich meinte sogar Tränen in Balins Augen zu sehen. ,,Ich würde vorschlagen, Thorin nicht mit dieser Tatsache zu konfrontieren", sagte ich, ,,Er würde sowieso nur widersprechen und vor allem sind seine Launen im Moment unvorhersehbar. Nicht das noch jemand verletzt wird." Alle nickten. Jetzt gingen die Zwerge größtenteils wieder in die große Halle voller Gold, um weiter nach dem Königsjuwel zu suchen. Nur Balin und ich blieb noch in der Küche. Der alte Zwerg setzte sich an einen der Tische und gab eine Weile kein Geräusch von sich. Ich gab ebenfalls keinen Laut von mir. Doch dann hörte ich Balin leise schluchzen. Ich setzte mich neben den Zwerg. ,,Willst du über deine Sorgen reden?", fragte ich. ,,Schon einmal musste ich mit ansehen, wie diese Krankheit einen guten Freund zerstörte und in den Wahnsinn trieb", sagte Balin, ,,Noch einmal verkrafte ich das nicht." Wieder schluchzte der Zwerg und ein paar Tränen kullerten ihm über die Wange. Ich konnte nicht anders und zog ihn in eine Umarmung, die er einen Augenblick später auch erwiderte. Sonst war Balin ein starker und mutiger Krieger, doch jetzt wirkte er verletzlich und zerbrechlich. Langsam kamen auch mir die Tränen. Das war eine eher dumme Angewohnheit von mir. Immer, wenn ich jemanden den ich mochte, weinen sah, musste ich auch weinen. ,,Jetzt hör schon auf zu weinen, Balin", sagte ich sanft, ,,Du bist doch ein starker, mutiger Krieger." ,,Aber du weinst doch auch. Und du bist eine sehr gute Kriegerin", entgegnete Balin, der sich wieder von mir gelöst hatte. Ich musste ein bisschen schmunzeln. ,,Ist ne dumme Angewohnheit von mir. Immer wenn jemand den ich mag, weint, muss ich auch weinen", erklärte ich, was Balin ebenfalls schmunzeln ließ. Plötzlich stand Bilbo bei uns. Ja, mein Elbengehör lässt wirklich nach. ,,Kann ich dich mal was fragen, Balin?", fragte Bilbo. ,,Natürlich mein Junge", antwortete Balin. ,,Wenn Thorin ihn hätte, den Arkenstein.....wenn er gefunden würde", setzte Bilbo an, ,,Würde das... seinen Zustand verbessern? Würde es die Krankheit aufhalten?" ,,Dieser Stein ist die Krönung von allem", sagte Balin, ,,Doch würde es seinem Wahnsinn Einhalt gebieten? Nein, mein Junge. Ich fürchte, es würde nur noch schlimmer werden." Enttäuscht sah Bilbo zu Boden. ,,Sei nicht traurig, Bilbo. Deine Idee war sehr gut", versuchte ich den Hobbit aufzumuntern, was nicht wirklich gelang.

Die Reise zum EreborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt