Lustlosigkeit & eine kurze Begegnung zur Fröhlichkeit

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Nachdenklich saß ich in meinem Zimmer, ein Berg Klamotten vor mir und überlegte, was ich mitnehmen musste. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass jeder nur eine normale Reisetasche mitnehmen durfte, da sonst zu viel Platz in den Autos für Gepäck verschwendet würde.
Ich seufzte und fuhr mir durch die offenen Haare. Es war Donnerstag und noch immer hatte ich nicht gepackt, irgendwie fand ich keine Motivation dazu.
Sebastian hatte ich die letzten Tage auch nicht gesehen, allgemein fühlte ich mich absolut abgeschottet von der Außenwelt.
Nachdem Carlos erfuhr, dass ich für zwei Wochen auf einen Europa-Trip gehen würde, hatte er beschlossen mich zu ignorieren.
Ich klappte meinen Laptop auf und öffnete Skype. Freddy war online, weshalb ich kurzerhand entschied ihn anzurufen. Er war, sozusagen, meine Verbindung zur Außenwelt gewesen, als ich mich in den letzten Tagen aus unbekannten Gründen verkrochen hatte.
Es klingelte und klingelte, doch er hob nicht ab, weshalb ich frustriert aufschrie und mich kopfüber in mein Bett stürzte. Mit den Händen trommelte ich auf der Matratze herum. Ich wusste selbst nicht, warum ich so wütend auf die Welt war, konnte es allerdings auch nicht ändern.
In einem Anfall von plötzlichem Tatendrang, als ich bemerkte, dass es morgen losgehen würde, sprang ich aus dem Bett und packte meine Tasche. Nachdem ich endlich, nach Tagen damit fertig geworden war, verließ ich mein Zimmer und entschied mich einmal wieder ins Reallife zu treten. Carlos war, wie immer in letzter Zeit, bei seiner schwangeren Freundin, weshalb ich den Schlüssel in die Jackentasche steckte und die Wohnung verließ.
Stufe für Stufe zwang ich mich die Treppen hinab zu steigen, bis zu Haustür und auf die Straße. Kühle Luft schlug mir entgegen, Autos fuhren viel zu schnell die Straße entlang und einige ältere Menschen gingen spazieren. Ich vergrub meine Hände in den Jackentaschen, senkte den Kopf und machte mich auf den Weg in irgendeine Richtung. Ich hatte kein Ziel vor Augen, ließ mich einfach von meinen Beinen tragen und hoffte dabei vielleicht am Rhein anzukommen. Ziellos wanderte ich durch Köln, die Stadt, die ich bis vor kurzem noch gehasst hatte und jetzt plötzlich irgendwie mochte. Ich war nie allein, wenn ich durch die Straßen wanderte, immer war irgendwer in meiner Nähe. Zwar gab es definitiv weniger grün und hässlich fand ich die Großstadt immernoch, aber aus mir unerfindlichen Gründen hatte ich angefangen sie zu mögen.
Ich wollte gerade, in Gedanken versunken, über die Straße gehen, als ein Auto dicht neben mir hupte und mich vor Schreck zusammen fahren ließ. Ich sah auf, der Fahrer hatte eine Vollbremsung hingelegt und jetzt das Fenster herunter gekurbelt, schrie mir etwas unverständliches zu und trat dann wieder aufs Gaspedal. Verwirrt schaute ich ihm nach, schüttelte dann nur schulterzuckend den Kopf und überquerte die Straße, wie ich es eigentlich schon zuvor vorgehabt hatte.
Mir wurde bereits nach kurzer Zeit eisig kalt, mein Körper begann zu zittern und auch die Jacke wärmte nicht mehr, aber ich wollte keinesfalls schon nach Hause gehen, weshalb ich mich auf eine Bank fallen ließ, meinen Rücken anlehnte, wodurch mir noch kälter wurde und die Augen schloss.
Meine Zähne schlugen unangenehm aufeinander, als ich durch ein ekelhaften Vibrieren an meiner Hand geweckt wurde. Ein Anruf. Ich nahm ohne auf das Display zu sehen an.
"Hallo?", fragte ich leicht genervt. "Caro? Bist du gar nicht Zuhause?", vernahm ich Sebastians Stimme und meine Laune besserte sich schlagartig. "Nein.", antworte ich dennoch nur kurz und legte auf. Er würde garantiert vor meiner Wohnungstür warten. Ich trottete müde durch die Straßen zurück zu meinem Wohnhaus und war beinahe begeistert, dass ich den Weg noch gefunden hatte, obwohl ich zuvor nur planlos durch die Gegend gelaufen bin.
Ich stieg die Treppen hinauf, auf halbem Wege kam Sebastian mir entgegen geeilt. Er erzählte mir nicht, dass er sich Sorgen gemacht hatte oder so, nein, stattdessen drückte er mir kurz wortlos einen Kuss auf die Lippen und verschwand in seiner eigenen Wohnung.
Ich ließ mich davon in diesem Moment wenig beirren und schleppte mich die übrigen Stufen bis zu meiner eigenen Tür.
Im Flur brannte kein Licht, in der Küche nicht, im Wohnzimmer nicht, Badezimmer, Schlafzimmer und das Obergeschoss waren ebenfalls dunkel, weshalb ich davon ausgehen konnte, dass Carlos heute Nacht nicht nach Hause kommen würde.
Morgen früh werde ich ihn ebenfalls nicht mehr sehen können, da wir bereits um 6 Uhr morgens losfahren wollten, sodass wir auf 13 Uhr in Prag ankommen würden.
So langsam kam die Vorfreude auf den morgigen Tag und die nächsten zwei Wochen und mein Herz schlug schneller bei dem Gedanken ganz ohne Verpflichtungen oder störende Personen mit Sebastian allein sein zu können.
Grinsend stieg ich die Treppe zu meinem Zimmer nach oben und hätte währenddessen am liebsten meterhohe Luftsprünge gemacht.

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