Patrick & unbekannte Skype-Kontakte

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Es fühlte sich komisch an, hier, mit Patrick. Allein. Irgendwie verstand ich nicht, warum er mir anfangs am liebsten aus dieser ganzen Truppe war. Ich hatte ihn ganz anders eingeschätzt, dachte, er sei einfach im Kopf jünger, als er warscheinlich wirklich war. Nein, war er nicht. Nur in der Gegenwart seiner Freunde schien er etwas weniger resigniert. Jetzt, mit mir allein, saß er dort, würdigte mich kaum eines Blickes und aß schweigend vor sich hin. Das komplette Gegenteil von Sebastian. Er ist immer laut, immer präsent, aber selbst das wirkt manchmal gespielt. Ihn kann ich eher einschätzen, als Patrick, obwohl ich es vorher umgekehrt gedacht hatte.
Halt. Meine Gedanken verwirrten mich, woraufhin der Drang in meinem Inneren aufstieg, den Kopf wild zu schütteln. Würde nur nicht ganz so gut kommen. Wie kann ein Mensch so beherrscht schweigen? Er sah nichtmal angestrengt aus, sondern völlig entspannt. Ich verstand es nicht, wie?
"Arbeitest du eigentlich?", fragte ich verunsichert, um das Schweigen zu brechen. Er sah auf und unsere Blicke begegneten sich. Er sah mich ausdruckslos an und schüttelte dann den Kopf ohne ein Wort zu sagen. Es war mir so unangenehm in diesem Schweigen zu essen, weshalb ich hoffte, dass Sebastian bald aufwachen würde. Verdammt, warum hatte ich ihn nicht einfach geweckt. Patrick schüchterne mich ein, plötzlich wirkte er so hart und kontrolliert. Warum? Wie konnte ein Mensch, der so gut wirkte, so berechnend sein? Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her, war mir seiner Blicke zwar bewusst, traute mich jedoch nicht, ihn anzusehen.
Mir verging der Hunger Stück für Stück, weshalb ich irgendwann mit einem gespielten Lächeln aufsah und ihm freundlich erklärte, dass und warum ich jetzt gehen musste. Er nickte, immernoch wortlos, lächelte kein einziges Mal. Kein Zucken seiner Mundwinkel, einfach ein ausdrucksloser, starrer Blick. "Tschüss.", meinte ich noch und verschwand so schnell ich konnte aus der Küche und damit auch aus der Wohnung.
Verdammt. Was war das gerade? Ich zitterte ein wenig, als ich die Treppen zu meiner Wohnung hoch wanderte und widerstand dem Drang mich umzusehen. Oben angekommen, klopfte ich laut an die Tür, lehnte mich danach seufzend an die Wand daneben und wartete. Niemand öffnete, weshalb ich mein Handy aus der Hosentasche holen wollte. Es war nicht dort. Ich konnte es nirgendwo finden, erstarrte, als mir einfiel, dass es noch bei Sebastian unten liegen musste. Ich wollte nicht noch einmal zu Patrick gehen und versuchte mit weiterem Klopfen irgendwie meine Familie auf mich aufmerksam zu machen. Klappte nicht so ganz. Ich ließ mich auf dem kalten Boden nieder und begann zu essen. Es klappte schon viel besser, als in der Gegenwart dieses Menschen unter mir in der Wohnung. Langsam beruhigte ich mich auch wieder.

Plötzlich öffnete sich die Tür in meinem Rücken und ich fiel nach hinten, direkt vor die Füße meines Bruders. "Ich wollte dich gerade holen kommen.", grinste er belustigt, woraufhin ich einfach mein Gesicht verzog und mich aufrappelte. "Es ist so unglaublich, wie ihr eure Umwelt wahr nehmt.", gab ich leicht frustriert von mir und stapfte in die Küche. "Du hattest doch einen Schlüssel." Ich verdrehte die Augen. "Liegt mit meinem Handy zusammen noch unten bei Sebastian." Jetzt sah er ernsthaft verwirrt aus. "Dann hättest du doch runter gehen und das Zeug holen können?" Ich schüttelte nur den Kopf und wandte mich meinem Zimmer zu, um dieser Unterhaltung aus dem Weg zu gehen. "Ich geh jetzt ins Bett.", erklärte ich meinem Bruder und sah ihn ernst an. "Warum schaust du mich so an?" "Du bist doch der, der dauernd zu mir kommt und was will, obwohl ich versuche zu schlafen." Er grinste und ging ins Wohnzimmer, während ich nach oben verschwand, mich umzog und währenddessen den Laptop hoch fuhr. Zwei neue Skypekontakt-Anfragen? Was ging hier ab? Verwirrt öffnete ich das Programm und sah mir die Namen an. Einen konnte ich als Sebastian identifizieren, allerdings erst nachdem ich seine Nachricht gelesen hatte. Dornröschen schien erwacht zu sein, denn es hatte meine Sachen gefunden und wollte sie mir hoch bringen. Ich bejahte und klickte auf die Andere. Die Standard-Skypenachricht, wenn es um Kontakt-Anfragen ging. Kein Profilbild. Ich fragte mich, wer das sein konnte, kam jedoch zu dem Schluss, dass ich es nie erfahren würde, wenn ich sie ablehnte oder ignorierte, weshalb ich kurzerhand auf Annehmen drückte und dann schnell zur Haustür lief, vor der Sebastian bereits ungeduldig wartete. Bei seinem Anblick musste ich unwillkürlich grinsen.

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