Ausfallstunden & Versöhnung

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Der nächste Tag begann regnerisch, passend zu meiner Stimmung an Schultagen.
Dummerweise bedeutete das aber nunmal auch, dass ich Bus fahren müssen würde, da meine Eltern bereits auf Arbeit waren. Jonas, mein kleiner Bruder würde mit uns bis zu seiner Schule mitfahren, worauf ich noch weniger Lust hatte.
Der Tag würde demnach bereits früh am Morgen schrecklich werden.
Als ich auf die Minute genau zu Unterrichtsbeginn den Raum betrat, warf mir unser Informatiklehrer nur einen kurzen Blick zu, wartete bis ich mich gesetzt hatte und teilte uns dann mit, dass wir die ersten beiden Stunden ausfallen lassen müssten, weil er dringend weg musste.
Viele meiner Mitschüler sprangen auf, bzw. zogen ihre Handys aus den Taschen und riefen ihre Eltern an, um sich abholen zu lassen, Andere liefen nach Hause und nur die Wenigsten würden diese Zeit in der Schule verbringen müssen.
Da ich keine Lust hatte nass Zuhause anzukommen, entschied ich mich einfach im Zimmer sitzen zu bleiben und für die bevorstehende Leistungskontrolle in Geschichte zu lernen. Schaden würde es mir jedenfalls nicht, denn bisher hatte ich mir nur einmal das erste Thema durchgelesen.
"Caro?", sprach mich plötzlich jemand von hinten an. Ich fuhr ruckartig herum und starrte in das Gesicht eines Mädchens. Ich hatte sie schon mehrmals gesehen, ein paar Kurse hatte sie mit mir gemeinsam, aber miteinander geredet hatten wir bis zu diesem Moment noch nie.
"Ja, wie sie leibt und lebt.", antwortete ich lächelnd und drehte mich jetzt komplett zu ihr um, "Und du bist?" "Samantha. Wir haben auch Englisch und Physik zusammen, falls du dich erinnern kannst." Ich nickte und bat sie, sich doch auf den Stuhl neben mir zu setzen. "Geschichte?", fragte sie mit einem Blick auf meinen geöffneten Hefter, woraufhin ich freundlich nickte, insgeheim jedoch hoffte, dass es nicht allzu lange dauern würde, was auch immer sie vor hatte. Georg starrte zu uns hinüber, sein Blick war zwar undefinierbar, aber ich wusste, dass er überlegte, wie er am besten wieder an mich heran kam. Ich ignorierte ihn nämlich mitlerweile auch.
Samanthas Lippen bewegten sich, doch war ich gerade so damit beschäftigt gewesen meinen eigenen Gedanken hinterher zu hängen, dass ich ihr gar nicht zugehört hatte. "Wie bitte?", fragte ich deswegen höflich nach und hoffte, sie würde es mir nicht übel nehmen. "Ich hatte dir gerade erzählt, dass wir in Informatik ein Projekt machen sollen, in Gruppen und wollte dich fragen, ob du mit mir zusammen arbeiten möchtest. Wir sollen Dreier-Gruppen bilden, weshalb ich mir dachte, dass wir Georg ja fragen könnten.", wiederholte sie das eben Gesagte und sah mich erwartungsvoll an. "Ehh ja...", meinte ich leicht verwirrt. Wann hatte unsere tolle Lehrkraft bitte etwas von einem Projekt erzählt? Warum wollte sie unbedingt Georg?
"Sehr schön!", rief sie aus, woraufhin sich einige Andere zu uns drehten, "Ich frag ihn gleich mal."
In genau diesem Moment wurde mir klar, dass ich soeben zugesagt hatte mit Georg zusammen zu arbeiten. "Alles klar, Caro.", murmelte ich leise und wandte mich wieder meinem Geschichtshefter zu.

Der Rest des Tages verlief, wider meiner Erwartungen, ziemlich gut. Ich hatte zwar nicht wirklich gelernt, schaffte es aber dennoch auf jede Frage in Geschichte eine Antwort zu finden.
Zufrieden mit mir selbst verließ ich das Klassenzimmer und trottete zu meinen Spind.
"Caro?", fragte plötzlich jemand und als ich mich umdrehte stand Georg direkt hinter mir. Ich verzog das Gesicht und wandte mich wieder meinen Büchern zu. "Ich wollte mal mit dir reden.", fuhr er völlig unbeirrt fort. "Was gibt es denn zu besprechen?", fragte ich unschuldig. Er seufzte tief. "Naja, zum Beispiel, warum du mich eiskalt ignorierst und dann plötzlich ein Schulprojekt mit mir machen möchtest." Ich zuckte die Schultern, schmiss meine Bücher einfach in den Spind und knallte die Tür viel zu kräftig ins Schloss.
"Du hast mich zuerst ignoriert!", fauchte ich genervt, "Und das Projekt...Samantha hat mich gefragt, ob wir es gemeinsam machen wollen."
Er seufzte theatralisch und warf die Arme in die Luft.
Ich wandte mich grinsend ab, wollte ihn einfach stehen lassen, doch folgte er mir aus dem Schulhaus. Jetzt war es an mir eine ziemlich genervte Geste zu machen, ihn aber nicht weiter zu beachten.
Er folgte mir, wie ein Stalker durch die Straßen von Köln, bis es mir zu viel wurde. Ich fuhr herum: "Willst du mich eigentlich verarschen?" Er sah mich unschuldig an und zuckte mit den Schultern. "Vielleicht." Sein Grinsen war ansteckend, egal was ich versuchte, ich musste zurücklächeln.
"Arschloch.", lachte ich und fiel ihm dann in die Arme, die er zuvor ausgebreitet hatte. Es tat gut wieder mit ihm zu reden, ihn einfach wieder zu haben.

Später am Tag schrieben mir Felix und Sebastian beinahe gleichzeitig, ob ich jetzt Zeit hätte.
Hin- und Hergerissen konnte ich nicht sagen mit wem ich in diesem Moment lieber zusammen gewesen wäre. Mit meinem festen oder meinem besten Freund?

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