Der andere Felix & mein Talent zur Routenplanung

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"Wer war eigentlich dieser große, braunhaarige Typ?", fragte ich Sebastian, als wir uns alle voneinander verabschiedet hatten und unserer Wege gingen.
Patrick lief neben Sebastian, sodass dieser zwischen uns ging und ich mich sicher fühlen sollte, aber das mulmige Angstgefühl blieb bestehen.
"Das war der andere Felix und das Mädchen ist seine Freundin Kathi.", erzählte Sebastian bereitwillig. "Na dass sie Kathi heißt habe ich mitbekommen."
"Du bist irgendwie ein richtiges Planungstalent, oder?", mischte sich Patrick in unsere Unterhaltung an mich gewandt ein, woraufhin er sich einen bösen Blick von Seb einfing.
Der war, seit ich ihm von der Sache im Treppenhaus erzählt hatte, nicht mehr sonderlich gut auf seinen Mitbewohner zu sprechen.
"Wie kommt ihr eigentlich darauf überhaupt einen Road-Trip zu machen?" "War Freddys Idee. Er wollte schon immer gern reisen, aber nicht Flugzeug, Bus, Bahn oder Schiff, sondern mit dem Auto."
Ich nickte, machte Sinn. Ich mochte auch Autos lieber, als öffentliche Verkehrsmittel.

Den Rest des Weges sprachen wir nicht weiter über die höchstwahrscheinlich bevorstehende Reise, sondern gingen schweigend nebeneinander her. Ich war froh keine Zuschauer getroffen zu haben, denn sonst hätte es bloß haufenweise Gerüchte im Internet gegeben, dass ich mit Sebastian in einer Beziehung sei. Dabei wusste ich absolut nicht, wie es zwischen uns stand. War er nun mein fester Freund?
Bei Felix war das alles eindeutiger gewesen.
Dieser Name ließ mein Herz etwas höher schlagen und als ich daran dachte, dass er auch mit auf Reisen gehen würde, schlich sein ein glückseliges Lächeln auf meine Lippen.
Gleich darauf kam das schlechte Gewissen zurück. Ich war nicht mehr mit ihm zusammen und brauchte so etwas gar nicht mehr zu denken. Ich hatte Sebastian.

In meiner Wohnung war es still, zu still.
Ich wusste, dass Nick und Mia bereits weg waren, aber wo mein Bruder steckte wusste ich nicht. Sebastian hatte sich dazu entschlossen mich nach oben zu begleiten, Patrick war natürlich in die eigene Wohnung verschwunden. Er hatte seltsamerweise heute den ganzen Tag noch nicht einen falschen Blick gewagt, geschweige denn irgendwas anzügliches gesagt. Hatte Seb ein ernstes Wörtchen mit ihm geredet?
"Worüber denkst du nach, Caro?", fragte der Mann neben mir neugierig und riss mich aus meinen Gedanken. Ich stand reglos vor den Häken im Flur, die für unsere Jacken, hielt meine allerdings noch in der Hand, ohne Anstalten gemacht zu haben, sie aufzuhängen.
"Ehhh...", er schluckte kurz und entschied mich einfach ehrlich zu antworten, "Ich habe an Patrick gedacht." "So? Wieso das denn?" Sebastian zog seine Stirn in Falten. "Hast du mit ihm geredet? Er war heute so anders. So, wie ganz am Anfang. Beinahe normal." "Nein, ich habe nicht mit ihm gesprochen. Er hat scheinbar selbst eingesehen, dass es falsch war, was er getan hat." Mein Freund lächelte mich liebevoll an und küsste mich dann lustvoll, ich erwiderte es nach kurzem Zögern.
Sagte er mir wirklich die Wahrheit?
Wir lagen nebeneinander auf meinem Bett, Sebastian hatte einen Arm um mich gelegt und gemeinsam grübelten wir über die Route unseres Road-Trips. Eine Skype-Konversation lief über sein Handy, mit allen Teilnehmern. "Ich will auf jeden Fall über Österreich.", meinte Freddy, dessen Stimme ich irgendwie in so kurzer Zeit richtig gut kennen gelernt hatte. "Ich möchte bitte bis Spanien kommen.", das war Kathi, die mit bei "dem anderen Felix" war und über sein Handy mit uns kommunizierte. "Das ist aber ganz schön weit.", gab ich zu bedenken, "Da müssten wir ungefähr zwei Wochen einplanen und hätten nicht viel Zeit um etwas zu unternehmen. Ich würde ja sagen, dass der letzte Stop in Kroatien ist und es dann zurück nach Köln geht. Da könnte man dann z.b. über Frankreich fahren und in zwei Wochen hätte man genügend Zeit sich auch mal etwas anzusehen." Alle stimmten mir zu, selbst "der andere Felix", welcher mir irgendwie ein wenig unsympathisch vorkam, obwohl er von Sebastian als der positivste und netteste Mensch der Erde vorgestellt wurde.
"Also, wie wollen wir jetzt genau fahren, Caro? Du scheinst den Überblick zu haben.", fragte mein Ex-Freund neugierig und ich holte tief Luft.
"Also Abfahrt in Köln, am Freitag, würde ich sagen, oder Donnerstag, mir ist das egal. Es verschiebt sich dann alles um einen Tag. Ich habe jetzt relativ wenig Deutschland mit eingeplant. Das kann man vielleicht später mal noch extra in Angriff nehmen. Also Start in Köln, von dort aus quer durch Deutschland nach Prag, ich schätze so 7 Stunden Fahrt, den späten Nachmittag und den nächsten Vormittag können wir in Prag verbringen und fahren dann von dort aus nach Wien, das sind ca. 4 Stunden Fahrt. In Wien können wir dann einen gesamten Tag bleiben und fahren über die Nacht des dritten Tages weiter nach Budapest, da will ich nämlich hin.", ich grinste und unterbrach mich kurz, um Luft zu holen, "Daß dauert ungefähr 3 Stunden, sodass wir noch etwas Schlaf abbekommen können und am Nachmittag die Strecke bis Zagreb zurücklegen können, dafür rechne ich 3 Stunden. Dort können wir wieder einen Tag bleiben und uns die Stadt ansehen. Dann fahren wir gemütlich am 6. Tag über Rijeka nach Venedig. Dort bleiben wir auf jeden Fall einen Tag." Zustimmendes Gemurmel der Anderen. "Von Venedig aus fahren wir nach Südfrankreich, nach Marseille. Dafür werden wir wohl fast 8 Stunden brauchen, womit Tag 8 dann auch schon fast zur Hälfte draufgehen würde. Früh am nächsten Morgen würde ich dann nach Lyon fahren, ungefähr 3 Stunden, sodass wir bis Abend in dieser Stadt Zeit haben werden, dort übernachten und dann zum absoluten Highlight unseres kleinen Europa-Trips kommen würden. Paris. Dafür plane ich mindestens 5 Stunden ein. Dort können wir dann die restlichen drei tage verbringen, insofern ihr die nicht lieber noch auf andere Städte aufteilen wollt und dann Donnerstag oder Freitag, je nachdem, wann wir los wollen, wieder von Paris zurück nach Köln fahren werden. Das sind wieder ungefähr 5 Stunden. So gesehen wird die anstrengenste und längste Fahrt die von Venedig nach Marseille, aber ich denke, wenn alle einverstanden sind, klingt dieser Plan doch ganz gut oder?"
Sebastian grinste mich begeistert an. "Das ist perfekt."
Auch die Anderen gaben zustimmende Kommentare und lobten mich für meine gute Arbeit. Seb drückte mich stolz an sich und ich konnte mir kein Grinsen verkneifen. Sanft küsste er mich.

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