Ätzendes Nachdenken & die Sache mit den älteren Damen

1K 71 5
                                    

Ich stand abrupt auf und floh in mein Zimmer, musste dringend aus diesem Verhör meiner Eltern raus, ehe sie auf meine kaputte Beziehung mit Felix zu sprechen kamen.
Die Beichte meines Bruders hatte nicht nur unser Frühstück gestört, sondern unser gesamtes Leben verändert. Carlos war 17 Jahre alt, wie ich auch, aber jetzt würde er Vater werden, denn Carina, seine Freundin wollte das Kind um jeden Preis behalten, wie ich erfahren hatte.
Ich verstand nicht recht, warum, aber irgendwo tief in mir flüsterte mein egoistischer Teil, dass es mir doch egal sein könne, inwiefern mein Zwillingsbruder sich sein Leben verbaut. Ich hatte genügend eigene Probleme, um die Gedanken mal zurück zum Vorabend, bzw. zu letzter Nacht zu lenken, auf Patricks beinahe Vergewaltigung. Sofort spürte ich wieder seine ekelhaften Hände an meinem Körper, seinen Atem in meinem Nacken. Ich erschauderte und streckte mich auf meinem Bett aus.
Vom vielen Denken zeichneten sich bereits Muster an der weißen Decke vor meinem inneren Auge ab.
Wieso hatte Carlos mir nichts von seiner Freundin erzählt? Diese Frage beschäftigte mich bereits seit er uns von ihr berichtet hatte. Ich fühlte mich ausgeschlossen, mir wurde klar, wie weit Köln uns voneinander getrennt hatte. Es fühlte sich an, als würden Welten zwischen uns liegen, seit Ewigkeiten hatten wir nichts mehr gemeinsam, nur Bruder Schwester, unternommen.
Ich fasste den Entschluss genau das, genau heute zu ändern.
Kurzerhand kroch ich wieder aus meinem Bett, riss die Zimmertür meines Zwillingsbruders auf und hoffte, dass er der Inquisition meiner Eltern bereits entfliehen konnte.
Tatsächlich lag er auf seinem Bett, mir seinen Kopfhörer auf den Ohren, wippte er mit dem Fuß im Takt der Musik und bemerkte mich durch seine geschlossenen Augen gar nicht.
Ich packte grinsend einen seiner Füße und zog spaßeshalber einmal daran. Erschrocken riss er sich die Kopfhörer herunter und sah mich mit schreckensweiten Augen an. "Verdammt Caro! Was ist los?"
Ich wusste nicht was ich sagen sollte. "Ehhh...alles OK bei dir?", fragte ich aus diesem Grund nervös und sah zu Boden. "Natürlich. Bei dir?" "Gott, führen wir jetzt tatsächlich Smalltalk?" Er lachte, ich fand es wunderschön. "Auf jeden Fall." Dann grinste er mich belustigt an und setzte sich etwas gemütlicher hin. "Wollen wir was machen?" "Hab schon gewartet, dass du auftauchst. Ich sterbe vor Langeweile." Jetzt musste ich übertrieben grinsen, auch wenn ich weiterhin keinen Plan hatte, was man in Köln so unternehmen könnte. "Irgendeine Idee was man machen kann?", fragte ich neugierig und setzte mich ebenfalls auf sein Bett.
In der nächsten halben Stunde wogen wir alle Möglichkeiten ab, wo man hingehen und was man machen könnte, um nicht vor Langeweile einzugehen. Letztendlich entschieden wir uns für ein verdammtes Spieleparadies, weshalb auch immer.
Demnach machten sich zwei 17-jährige Geschwister auf in einen Indoor-Spielplatz für kleine Kinder.
Carlos hatte vorgeschlagen Felix, Sebastian und Patrick zu fragen, ob sie mitkommen wollten, aber mein Ex-Freund ging ja schonmal gar nicht. Er redete ja nichtmal mehr mit mir. Sebastian fiel raus, weil dann irgendjemand wieder das fünfte Rad am Wagen wäre und mein Bauchgefühl sagte mir, dass das wohl ich sein würde und Patrick kam sowieso nicht in Frage.
Grundsatz Nummer eins für mein Fortbestehen war nämlich ab diesem Zeitpunkt, dass ich Patrick nie wieder allein über den Weg laufen würde, koste es was es wolle.
Fröhlich tanzten wir nebeneinander her. Ich drehte mich gerade einmal im Kreis, als mein Zwillingsbruder mich lachend am Arm packte und zur Seite zog, wobei ich mit einem meiner Arme trotzdem beinahe ein ältere Dame erschlagen hätte, die etwas von respektloser Jugend murmelte und sich abwandte. Ich zeigte ihr meinen Mittelfinger, ehe Carlos mich daran hindern konnte und so mussten wir gemeinsam flüchten, da die Akte es leider mitbekommen hatte und uns mit der Polizei drohte.
Japsend hielten wir beinahe gleichzeitig neben einer Bank an, nachdem wir uns versichert hatten, dass niemand hinter uns her war.
Ich konnte es nicht länger zurück halten und lachte laut los, mein Bruder stimmte ebenfalls mit ein.
"Ok, wo müssen wir lang?", fragte ich schwer atmend und stützte immernoch die Hände auf den Knien ab. "Da lang." Ich folgte dem Orientierungs-Ass durch die Straßen von Köln bis wir vor einer unscheinbaren Halle anhielten und uns vergewisserten, dass dies die richtige Adresse war.
Aufgeregt betraten wir das Gebäude und sahen dabei warscheinlich aus, als hätten wr irgendwelche Drogen genommen.
Breit grinsend, zu unserer inneren Musik tanzend bewegten wir uns zur Kasse.

Change ● Rewinside (Reupload) Où les histoires vivent. Découvrez maintenant