Kapitel 130

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Der kalte Wind streift mein Gesicht, während ich hoch über den Baumgipfeln fliege. Erleichterung durchflutet mich, aber ich ermahne mich wachsam zu bleiben.

Noch bin ich nicht in Sicherheit. Ich muss aufpassen.

Wie aufs Stichwort spüre ich plötzlich einen heftigen Schmerz in meinem Rücken und Sekunden später befinde mich schon im freien Fall. Der Boden rast unaufhaltsam immer näher und ich weiß, dass das mein Ende sein wird.

Verzweifelt versuche ich mit meinen Flügeln zu schlagen. Aber ich kann mich einfach nicht bewegen.

Voller Horror schließe ich fest die Augen und warte auf den unvermeidlichen Aufprall. Eine Sekunde vergeht. Dann noch eine. Und noch eine.

Aber nichts passiert.

Vorsichtig öffne ich meine Augen wieder und sehe über mir den grauen Winterhimmel. Mir wird klar, dass ich irgendwie den Aufprall überlebt habe und warte auf den Schmerz gebrochener Glieder. Doch zu meiner Überraschung bleibt er aus.

Verwirrt will ich mich aufrichten, aber meine Gliedmaßen wollen mir immer noch nicht gehorchen. Stattdessen bleibe ich weiter auf dem harten Grund liegen und überlege fieberhaft, was ich jetzt tun soll.

Mit jeder verstreichenden Sekunde spüre ich, wie mir die Kälte des Bodens immer tiefer in den Rücken kriecht und ich bekomme langsam Angst, hier zu erfrieren.

Ich beschließe nach Hilfe zu rufen, auch, wenn mich dann vielleicht die Falschen finden könnten. Doch so sehr ich mich anstrenge, ich schaffe es einfach nicht einen Ton hervorzubringen.

Hilflosigkeit und Angst überrollen mich wie Lawine und mir fällt es immer schwerer Ruhe zu bewahren. Tränen formen sich nun in meinen Augen und laufen mir warm über die Wangen, während ich stumm vor mich hin zittere.

Plötzlich nehme ich aus den Augenwinkeln eine schwarze Wolke am Himmel über mir wahr.

Erst auf dem zweiten Blick begreife ich, dass es keine normale Wolke ist, sondern unzählige schwarze Raben. In ihrer Mitte schwebt eine rothaarige Frau, die mir seltsam bekannt vorkommt.

Sie blickt streng auf mich herab und hat ihren Finger auf mich gerichtet. Gerade, als ich begreife, wer die Fremde sein könnte, öffnet sie ihren Mund und alles um mich herum wird schwarz ...

Mit klopfendem Herzen reiße ich meine Augen auf und setze mich keuchend in einem riesigen Himmelbett auf. Ich brauche einen Moment, um mich zu orientieren und zu begreifen, dass ich in Sicherheit bin.

"Es war nur ein Traum. Ich habe nur wieder schlecht geträumt.", murmele ich mir mehrmals leise zu. Aber mein wild schlagendes Herz lässt sich nicht beruhigen.

Seitdem ich wieder hier in Großbritannien bin, sucht mich derselbe Alptraum jede Nacht heim.

Langsam frage ich mich, ob das mit dem Umstand zusammenhängt, dass ich nicht mehr genau weiß, wie ich überhaupt nach Rowle Manor gekommen bin. Thorfinn konnte mir nur sagen, dass mich Bekannte von ihm irgendwo in der Nähe aufgelesen und hierher gebracht hatten. Offenbar hatte ich schon wieder einen Unfall gehabt. Aber was genau passiert ist, weiß keiner. Genau, wie beim letzten Mal.

Hallo, Déjà-vu...!

Wenigstens hat dieses Unglück etwas Gutes: Ich habe dadurch Thorfinn kennengelernt und erfahren, dass meine Schwester Catherine noch lebt! Sie hat nicht nur ihre schweren Verbrennungen überstanden, sondern auch noch den Mann ihres Lebens gefunden.

Ich freue mich unfassbar für sie! Nach allem, was Catherine wegen mir durchmachen musste, hat sie alles Glück der Welt verdient.

Bei dem Gedanken Catherine bald wiederzusehen schlägt mein Herz gleich noch schneller, denn ich habe ziemlich Angst vor ihrer Reaktion auf mich. Im schlimmsten Fall schmeisst sie mich raus und will nichts mehr mit mir zu tun haben. Und ich könnte es ihr noch nicht einmal verübeln.

Erinnere dich, Kalyn (Severus Snape & OC)Where stories live. Discover now