Kapitel 13

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Wenige Stunden später sitze ich in meinem Klassenzimmer und schaue zum gefühlt zehnten Mal auf meine Taschenuhr. Es ist inzwischen kurz vor um 8 Uhr und gleich wird sie da sein. Nervosität und Aufregung breiten sich in mir aus - Gefühle, die ich seit Lilys Tod nicht mehr gespürt hatte. Bis vor Kurzem zumindest.

Ich höre endlich ein kurzes Klopfen und bitte sie herein. Als sie die Tür öffnet finden ihre Augen mich und sie lächelt mir kurz zu. Aber ich merke sofort, dass etwas nicht stimmt. Sie sieht irgendwie nachdenklich und traurig aus.

"Ist alles in Ordnung?", frage ich höflich, während sie die Tür schließt und durch das Zimmer schlendert.

Sie nickt stumm und lehnt sich mit verschränkten Armen vor der Brust an einem der Schülertische an.

"Mir geht es gut, danke. Was steht für heute an?", fragt sie und wechselt das Thema. Mir fallen die dunklen Ringe unter ihren Augen auf, die sie sehr müde wirken lassen.

"Sie sehen erschöpft aus.", beharre ich, doch sie schüttelt nur ihren roten Schopf.

"Es ist nichts. Ich ... ich habe nur immer diese ... Alpträume.", erklärt sie und spielt verlegen an dem Anhänger ihrer Kette herum.

"Haben Sie diese öfters?", frage ich, während ich zum verschlossenen Schrank links vom Lehrertisch laufe. Ich hole meinen Zauberstab heraus und tippe kurz dagegen.

"Ja, leider...", höre ich sie antworten und nicke stumm. Ich kann ihr sehr gut nachfühlen. Kurz nachdem Lily gestorben war, hatten mich jede Nacht Alpträume heimgesucht. Meistens hatte diese mit ihren Tod zu tun, den ich nicht verhindern konnte.

Prompt öffnet sich die Tür des Schranks und ich suche nach dem Schlaftrunk, den ich immer auf Vorrat habe.

"Sie haben ja auch Feuerwhisky im Büro, genau wie Minerva. Gehört der etwa zur Standardausstattung hier auf Hogwarts?", höre ich sie plötzlich hinter mir scherzen.

Irritiert blicke ich mich um und sehe in einem den unteren Regalreihen tatsächlich eine halbvolle Whisky-Flasche. Ich habe sie schon lange nicht mehr angerührt und inzwischen total vergessen. Plötzlich kommt mir eine Idee.

"Möchten ... möchten Sie den Feuerwhisky mal probieren?", frage ich mit dem Rücken zu ihr, während ich nach dem Schlaftrunk greife.

"Oh, ... ja gerne. Ich hatte schon ewig keinen Whisky. Na gut, außer das eine Mal in Minervas Büro.", gesteht sie lachend und ich schaue sie überrascht an.

"Ach, das ist eine lange Geschichte... Aber gibt es denn einen Anlass dafür, dass Sie diese teure Flasche mit mir teilen wollen?", fragt sie neugierig und fixiert mich mit ihren grünen Augen.

In meinem Kopf krame ich verzweifelt nach einer Ausrede. Normalerweise trinke ich lieber alleine und dafür brauche ich nie einen Anlass. Die Unfähigkeit meiner Schüler und die Launen des Lebens sind für mich Grund genug.

"Brauchen Sie denn einen Anlass?", frage ich anstatt zu antworten und aus dem Augenwinkel beobachte ich, wie sie stumm ihren Kopf schüttelt.

Ich verschließe den Schrank wieder und laufe zu ihr zurück. Sie trägt heute ein wadenlanges schwarzes Kleid, das sich eng an ihren Körper schmiegt. Für einen Moment frage ich mich, ob es klug ist in ihrer Gegenwart Alkohol zu trinken. Doch ich verdränge mein schlechtes Gewissen und gieße stattdessen etwas von dem Whisky in zwei Gläser. Unsere Hände streifen sich kurz, als ich ihr Glas reiche und ein leichtes Kribbeln breitet sich in meiner Magengegend aus.

"Auf ein neues Schuljahr. Und darauf, dass dieses Mal kein Schüler in Zaubertränke durchfallen wird.", prostet sie mir lächelnd zu und führt ihr Glas zu meinem. Ich höre das Klingen der Gläser und beobachte, wie sie einen kräftigen Schluck nimmt.

Erinnere dich, Kalyn (Severus Snape & OC)Where stories live. Discover now