Kapitel 36

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Meine schnellen Schritte hallen geräuschvoll durch den Schulflur, während ich mich zielstrebig in Richtung der Krankenstation bewege. Es ist mitten in der Nacht und ich habe gerade meinen letzten Rundgang durch das Schloss beendet.

Zu Filch' Freude habe ich die letzten zwei Tage seine Schicht übernommen, denn ich habe Schwierigkeiten zu schlafen. Hauptsächlich, weil meine Gedanken ständig bei ihr sind.

Seit ihres Kollaps nach der ersten Prüfung des Trimagischen Turniers habe ich sie nicht mehr gesehen. Von Dumbledore weiß ich immerhin, dass Kalyn wieder bei Bewusstsein ist und dass sie immer noch von Poppy im Krankenflügel behandelt wird. Hogwarts begabte Heilerin kann sich Kalyns plötzliche Bewusstlosigkeit vorgestern allerdings immer noch nicht erklären.

Ebenfalls ein großes Rätsel ist die Tatsache, dass sie mit dem Drachen kommuniziert hat. Dumbledore findet das alles höchst faszinierend und kann es kaum abwarten, in Kalyns Erinnerungen einzutauchen.

Ich muss zugeben, dass auch ich sehr neugierig bin, mehr darüber zu erfahren. Kalyns Magie scheint anders ... größer zu sein, als die von anderen Hexen, die ich kenne. Lily war da ganz ähnlich und das hatte mich an ihr auch so sehr gereizt.

Doch meine Faszination um Kalyns Magie wird von meinen Sorgen um sie getrübt.

Nicht nur die plötzliche Bewusstlosigkeit war erschreckend mit anzusehen. Auch der Fakt, dass sie sich, ohne zu zögern, dem Drachen gestellt hat. Zwar hat sie dieses Ravenclaw-Mädchen gerettet und alle feiern sie deshalb als mutige Heldin.

Aber trotzdem: Ein fader Nachgeschmack bleibt. Besonders, weil es nicht das erste Mal ist, dass sie sich leichtsinnig in eine lebensgefährliche Situation begeben hat. Ich frage mich langsam, ob sie wohlmöglich eine Todessehnsucht hat.

(*Trigger-Warnung*)

Prompt kommen mir die Erinnerungen an den Vorfall unten am See hoch. Vor drei Monaten musste ich sie vor dem Riesenkraken retten, der sie gepackt hatte. Sie hatte damals überhaupt nicht um ihr Leben gekämpft, sondern sank einfach, wie ein Stein, in Richtung Grund.

Oder, als sie, die eine Nacht oben auf dem Astronomieturm, den Gryffindor-Geist gefragt hatte, wie es ist zu sterben.

Solche Gedanken kommen mir leider sehr vertraut vor. Auch ich hatte schon mehrfach kurz davor gestanden, meinem Leben ein Ende zu setzen.

Diese Zeit kommt mir inzwischen vor, als ob sie ein halbes Leben her ist. Und tatsächlich sind schon 13 Jahre seit Lilys Tod vergangen. Damals fühlte sich für mich jede Sekunde wie ein nicht enden wollender Schmerz an. Von den Schuldgefühlen mal ganz abgesehen...

Ich bemerke plötzlich, dass ich an meinem Ziel angekommen bin und löse mich aus meinen schmerzhaften Erinnerungen. Leise stoße ich die Flügeltür zur Krankenstation auf, halte kurz inne und horche.

Alles ist still. Wie ich erwartet habe scheint Poppy in ihrem Privatquartier zu sein, das sich nebenan befindet.

Langsam betrete ich den großen Saal, der mit mehreren Betten gefüllt ist. Der Vollmond, der durch die Fenster scheint, erhellt den Raum ausreichend genug, so dass ich mich problemlos umschauen kann.

Kein einziger Schüler ist da. Nur Kalyn, die in einem Bett am Fenster liegt und schläft. Vorsichtig trete ich näher und schaue auf sie herunter.

Sie liegt auf der Seite und hat ihr Gesicht in meine Richtung gedreht. Ihre Gesichtszüge sehen friedlich aus und ihr Brustkorb hebt und senkt sich in einem natürlichen Rhythmus. Leise setze ich mich auf den Stuhl, der neben ihrem Bett steht und behalte sie weiter im Blick. Doch meine Ankunft weckt sie nicht und ich wage es erleichtert auszuatmen.

Erinnere dich, Kalyn (Severus Snape & OC)Where stories live. Discover now