Prolog

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Samus Sicht:
Jeder hat in seinem Leben doch schon mal behauptet, totale Angst gehabt zu haben. Oder sogar Panik. Ich selbst bin da keine Ausnahme. Beispielsweise hatte ich bei der Scheidung meiner Eltern sehr große Angst, dass Papa meine kleine Schwester und mich einfach durch neue Kinder ersetzt und uns nicht mehr lieb hat. Ich hatte Angst vor der Verantwortung, von der ich dachte, dass ich sie jetzt übernehmen müsste, weil ich ja der einzige Mann im Haus war. Wie erleichtert ich doch war, als meine Mutter diesen Irrtum aufklärte und ich wusste, dass ich nicht für die zukünftig anfallenden Reparaturen im Haus zuständig war, so wie Papa früher. Ein weiteres Beispiel war, als ich unbedingt den Traum verwirklichen wollte von Musik leben zu können und endlich einen Plattenvertrag an Land ziehen wollte. Ich hab zwar nie aufgegeben, aber die Tatsache, dass 100 Plattenfirmen unsere Musik und mich selbst runtermachten, machte das ganze natürlich nicht einfacher. Und selbst nachdem wir den Durchbruch erreicht hatten wurde die Angst zu scheitern nicht weniger. Ganz im Gegenteil, hatte ich doch mindestens vier andere Menschen, die vom Erfolg der Band abhängig waren. Wenn ich weiter nachdenken würde, fallen mir bestimmt noch andere Situationen ein, aber nichts davon war so schlimm wie das, was ein paar Jahre nach dem Ende von Sunrise Avenue passierte:
Meine Frau Alexandra und ich lebten mit unserer Tochter Mia das fast perfekte Familienleben. Die Kleine war einer der Gründe, warum ich mich im Sommer 2019 dazu entschlossen hatte, Sunrise Avenue an den Nagel zu hängen. Ich konnte es einfach nicht ertragen nur wenige Tage im Jahr zuhause zu sein und die ganzen Meilensteine im Leben meines Kindes zu verpassen, außerdem fühlte es sich schon seit längerem nicht mehr richtig an. Ich war dankbar für die Zeit und ich bereute nichts was die Band anging, aber ich war ehrlich gesagt auch sehr froh, als im Sommer 2020 das letzte Konzert unserer Abschiedstour vorbei war. Man hatte mir früher schon ein Angebot gemacht, mich als Solokünstler unter Vertrag zu nehmen, wenn ich auf finnisch singe, aber dafür hatte ich nie die Zeit. Ich hatte Alex versprochen, mich nach Sunrise Avenue komplett auf die Familie zu konzentrieren, aber dieses Angebot ging mir nicht aus dem Kopf. Eines Abends sprach ich mit meiner Frau darüber und sie war der Meinung, dass ich es einfach mal ausprobieren sollte, solange es mich glücklich macht und das war definitiv der Fall. Ich konnte und wollte mit der Musik nicht aufhören, also entschied ich mich dazu, auf das Angebot einzugehen. Mikko blieb mein Manager und ich unterschrieb bei Capitol Records einen Vertrag. Es war etwas komplett anderes in meiner Muttersprache zu schreiben, als auf englisch, aber die Arbeit ging gut voran. Auf Tour wollte ich erstmal nicht mehr gehen, damit wollte ich warten, bis Mia alt genug war. Das erste Album kam gut an, ich erreichte damit natürlich eine andere Gruppe als mit englischen Texten, aber es fühlte sich trotzdem gut an. Ich hatte wieder Spaß an der Arbeit und da Capitol Records auch zufrieden war, verlängerten wir den Vertrag. Ich war wieder absolut glücklich und zufrieden mit meinem Leben und meinem Job, doch dann passierte 2022 etwas schreckliches, was mir den Boden unter den Füßen wegriss:
Alex und ich wollten einen Abend zu zweit verbringen und so verbrachte unsere Tochter die Nacht bei meiner Mutter. Die beiden hatten ein sehr gutes Verhältnis zueinander und deshalb wussten wir, dass die Kleine bei ihrer Oma in guten Händen ist. Am nächsten Morgen hatte ich einen Termin mit Mikko und wollte auf dem Rückweg Mia abholen. Um die Zweisamkeit mit Alex noch ein bisschen länger genießen zu können entschied ich mich aber dafür, nach dem Termin zuerst nach Hause zu fahren. Meiner Mutter hatte ich natürlich vorher Bescheid gesagt, und wie sich herausstellen sollte, war es ganz gut, dass ich das gemacht hatte. Ich parkte das Auto und betrat wenig später das Haus. "Bin wieder da Schatz!" rief ich lächelnd und hing den Autoschlüssel in den Schlüsselkasten. Eine Antwort bekam ich nicht, vielleicht war sie ja im Garten und hörte mich deshalb nicht. Nichtsahnend ging ich ins Wohnzimmer, von wo aus man durch eine Tür in den Garten kam, jedoch blieb ich wie angewurzelt stehen als ich das Chaos im Raum sah. Sämtliche Schranktüren waren offen, Dokumente wild auf dem Fußboden verteilt, einige Schubladen wurden sogar herausgerissen und lagen mitsamt ihrem Inhalt ebenfalls auf dem Boden. Fotos, die normalerweise an der Wand hingen oder auf der Kommode standen waren herunter gefallen, beziehungsweise umgefallen, aber das war noch nicht das schlimmste. Das schlimmste waren die vielen großen Blutflecken auf dem Boden. Als ich das sah bekam ich sofort Panik. Was ist hier bloß los? Mit zittrigen Händen nahm ich mein Handy und rief die Polizei. Zuerst meldete sich eine elektronische Stimme, die mir sagte, dass ich nicht auflegen soll, dann ging endlich jemand dran. "Polizei Helsinki, was kann ich für Sie tun?" "Ich... Hier wurde... Ein-eingebrochen... Meine Frau... Überall Blut..." stotterte ich hilflos. "Ok, ganz langsam. Können Sie mir Ihren Namen nennen?" "S... Samu Haber..." "Gut, Herr Haber. Und was ist passiert?" "Das weiß ich nicht... Ich bin nach... Nach Hause gekommen und hier ist... Alles verwüstet... Und so viel Blut..." "Ok... Was ist mit Ihrer Frau?" "Sie ist nicht da... Ich weiß nicht was los ist aber sie müssen ganz schnell jemanden schicken...!" "Das mache ich, keine Sorge. Wo sind Sie denn?" Ich nannte meine Adresse und der Polizist schickte einen Streifenwagen und Rettungskräfte zu mir. Während ich auf die Einsatzkräfte wartete, blieb er in der Leitung. Wenige Minuten später klingelte es und ich legte auf, nachdem ich die Tür aufgemacht hatte. "Guten Tag Herr Haber, die Polizei Helsinki. Korhonen mein Name, das ist mein Kollege Lindholm, Sie haben angerufen?" Langsam nickte ich. "Gut, dann würden wir uns gerne mal umsehen, gehen Sie doch solange zu den Sanitätern in Ordnung? Sie wirken sehr aufgeregt und nervös." "Alex... Alex ist weg..." "Alex ist ihre Frau?" "Ja..." "Ok, wir kümmern uns darum." "Kommen Sie mal mit." sagte der Sanitäter und streckte die Hand nach mir aus. Widerstandslos ließ ich mich von ihm in den Rettungswagen bringen. Dort redeten sie beruhigend auf mich ein, während die Polizisten unser Haus durchsuchten. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, bis sie endlich zu mir kamen. "Und...?" fragte ich und musste schlucken. "Tut uns sehr Leid Herr Haber, aber Ihre Frau ist nicht da." "Aber sie muss...!" rief ich verzweifelt. "Wahrscheinlich wurden der oder die Einbrecher von Ihrer Frau überrascht." "Haben sie sie etwa...?" "Davon gehen wir erstmal nicht aus, dann hätten wir sie irgendwo im Haus gefunden." "Und... Was passiert jetzt...?" "Wir werden eine Vermisstenanzeige aufnehmen und dann nach ihrer Frau suchen. Können Sie uns auf die Wache begleiten?" Fragend schaute ich zu dem Sanitäter, der daraufhin antwortete: "Ja, aber nur wenn Sie danach jemanden anrufen, der Ihnen Gesellschaft leistet." "Ok..." Zusammen mit den Polizisten fuhr ich also zur Wache, wo wir die Vermisstenanzeige ausfüllten, danach rief ich meine Mutter an und erklärte ihr alles. Währenddessen liefen mir die Tränen übers Gesicht. Wie sollte ich das ganze meiner Tochter erklären? Und was passiert, wenn sich herausstellt, dass Alex nicht mehr lebt?

So, hiermit beginnt die neue Story. Ich hoffe der Prolog gefällt euch, auch wenn er etwas länger als normalerweise ist 😅 Schreibt's in die Kommentare und bis bald 😊

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