39. Kapitel

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Louis POV
Heimat. Endlich waren wir wieder Zuhause. Ich schaute aus dem Fenster, als die Kutsche langsam vor dem Haupthaus stehen blieb.Ich sollte mich freuen, allerdings spürte ich nur noch mehr Schmerz. Wie sollte ich mich hier nur je wieder wohl fühlen?Wie gehetzt sprang ich aus dem Wagen und lief geradewegs nach drinnen. Ich wollte Harry nicht sehen.Ich konnte nicht. Er sollte einfach nicht sehen, wie fertig ich war. Ich ging die Treppen nach oben in den Ostflügel und direkt in mein Zimmer.Irgendein Diener würde mir meinen Koffer schon bringen.Als ich mich auf mein Bett fallen ließ, dachte ich über meine letzten Gedanken nach. Hatte ich das wirklich gedacht? Ich war mittlerweile schon so daran gewöhnt, dass ich gar nicht mitbekam, dass ich früher meinen Koffer selbst getragen hatte.So weit war es schon mit mir. Ich vergrub mein schmerzendes Gesicht in dem weichen Kissen und dachte über meine Situation nach.Unglücklich verliebt, verwöhnt und in einem Haus, in das ich nicht gehöre. Oder? Sollte ich vielleicht wieder zurück in den Stall gehen?Harry wollte mich bestimmt nicht mehr sehen. Wieso auch sollte er sich mit einem anhänglichen, verliebten Junge abgeben?Ich schluchzte laut und weinte wieder. Meine Gedanken hörten nicht auf, schlimmer zu werden. Mein Gewissen beleidigte mich selber.Ich setzte mich auf und ließ meine Beine an der Seite meines Bettes herunter baumeln. Mein Rücken war gekrümmt und mein Kopf hing nach unten. Immer wieder wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich fühlte mich wirklich wie ein kleines Kind, dass sich das Knie aufgeschlagen hatte.Es klopfte. Ich drehte meinen Kopf nicht zur Tür, um zu sehen, wer da die Türklinke nach unten drückte und herein trat."Louis?" Es war Zayn. Ich erkannte seine Stimme, als er die Tür wieder schloss und näher kam. "Ich hab hier dein Geld für diesen Monat", sagte er leise.Ich nickte leicht, blickte jedoch nicht auf."Louis, was ist los?", fragte Zayn. Ich merkte, wie sich die Matratze neben mir senkte. Ich machte meinen Mund auf und wimmerte. Es kam einfach nichts anderes raus."Oh Gott", flüsterte er und legte mir einen Arm um die Schulter. Ich schluckte und ließ mich ein bisschen gegen ihn sinken. Es fühlte sich besser an als gedacht. Ein bisschen Geborgenheit machte sich in mir breit."Möchtest du darüber reden?", fragte Zayn und rutschte ein Stück näher, sodass ich meinen Kopf auf seine Schulter legen konnte.Ich seufzte und öffnete meinen Mund um etwas zu sagen, doch es kam wieder nur ein Wimmern heraus. Sein Druck verstärkte sich um mich."Er- er liebt mich nicht." Brachte ich irgendwann heraus. Meine Stimme klang immer noch krank und falsch."Ich hab ihm gesagt, dass ich ihn liebe und er... er meinte, dass er nie von Liebe gesprochen hat.""Oh verdammt." Jetzt lagen beide Arme von Zayn um mich. Die Tränen kamen wieder. Ich schluchzte in Zayns Schulter, während er immer wieder über meinen Rücken strich."Louis, es tut mir so leid.""Muss es nicht. Es ist meine Schuld", sagte ich und wand mich aus Zayns Umarmung. Ich wischte mir die Tränen weg und sah ihn an."Nein. Nein, es ist nicht deine Schuld. Du kannst nichts dafür. Harry hat mit dir gespielt.""Nein, er...", versuchte ich zu erklären, doch Zayn unterbrach mich."Doch! Erst macht er dir vor, etwas für dich zu empfinden, spielt den Verliebten und dann lässt er dich fallen, wenn es ernst wird.""Woher...?""Louis. Man sieht es. Man hat es mitbekommen. Wie ich schon einmal sagte. Sei vorsichtig, ihr wart nicht gerade unauffällig.""Oh", flüsterte ich und blickte nach unten auf meine Hände. "Aber es ist sowieso zwecklos. Es geht nicht. Es ist falsch. Es würde keiner verstehen.""Vielleicht hast du Recht", meinte Zayn, "vielleicht ist es besser. Trotzdem, Harry hätte es vorher wissen müssen.""Wir beide hätten es wissen müssen."Ich hätte es wissen müssen.Harry POVIch liebte meine Familie. Ja, das tat ich. Ich musste es mir nur immer wieder sagen, dann würde es auch so bleiben. Ich seufzte und rieb mir die Schläfen, als ich am Tisch saß und meine Mutter, Schwester und Kendall sich lautstark über irgendwelche Törtchen unterhielten.Ich konnte dieses Hochzeitszeug nicht mehr ertragen.Mein Vater unterhielt sich mit Niall über die Wetterauswirkungen auf die Landwirtschaft in Irland und ich, ich saß daneben und starrte auf meinen vollen Teller.Neben mir war ein Stuhl frei und das ungute Gefühl, dass etwas fehlte machte sich in mir breit. Ich wusste auch ganz genau, was. Louis.Allerdings wurde dieses Gefühl von einer Wut untergraben, als ich aus dem Augenwinkel Eleanor beobachtete, die neben Kendall saß. Vorhin habe ich mit angehört, dass sie über ihn sprach.Es ginge ihm nicht gut und sie mache sich Sorgen.Gut, wenn Louis sie hat, wieso braucht er dann noch mich? Wieso quälte er mich so?Er hat gesagt, dass er mich liebt. Wieso hat er das gesagt? Was wollte er, wenn er im gleichen Zug mit diesem Mund Eleanor küsste.Ich knirschte mit den Zähnen und wandte mein Blick von ihr ab. Ich hasste sie."Ich glaube, ich möchte aufstehen", sagte ich und erhob mich von meinem Stuhl."Bist du sicher, Schatz? Du hast gar nichts gegessen", meinte meine Mutter."Ich fühl mich nicht so gut.""Oh vielleicht hast du dasselbe wie Louis." Bei seinem Namen zuckte ich ein Stück zusammen. Kendall sah mich fragend an, in ihren dunklen Augen glitzerte etwas."Oh, was hat Louis denn?", fragte Gemma und sah erst Kendall, dann mich an."Ich weiß nicht", sagte ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen und sah kurz zu Eleanor, bevor ich mich gänzlich von Tisch entfernte."Wie, er weiß nicht?", hörte ich Gemma noch verwirrt fragen."Er hat eine Erkältung, nichts Schlimmes." Ich ballte meine Hände zu Fäusten, als ich Eleanor reden hörte. Tja, sie musste es ja wissen."Im Sommer?", fragte Gemma weiter."Ja?", knurrte ich jetzt und drehte mich noch einmal um. Mein Blick fiel jetzt wütend auf Eleanor. "Ist das nicht seltsam?" Sie sah mich erschrocken an. Alle waren still.Ich wandte mich wieder zum Gehen, als ich fast in Zayn rein rannte. Er kam gerade durch die Tür."Verzeihung... Sir", sagte er abgeklärt und funkelte mich an. Was war nur los? Wieso war alles so verwirrend und warum benahmen sich alle so seltsam? Gott, ich war so verwirrt.Am liebsten würde ich zu Louis gehen. Ich will ihn in den Arm nehmen und halten. Ich machte mir Sorgen um ihn. Wirklich Sorgen. An dem Morgen in London sah er nicht gut aus und ich bezweifle, dass es an einer Erkältung lag. Doch wenn ich an ihn und Eleanor denke, dann wird mir schlecht. Ich wollte ihm glauben. Ich wollte ihm glauben, dass er mich liebt. Diese Worte waren wahrscheinlich das Schönste, was ich je im Leben gehört hatte, doch es ging nicht. Ich glaubte ihm nicht.

Time Against Us • Book IWhere stories live. Discover now