11. Kapitel

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Harry POV

Autsch. Das war mein erster Gedanke, als ich komplett dem Land der süßen Träume entschwand. Mein Kopf schmerzte und meine Gliedmaßen waren steif. Ich hatte etwas Angst, die Augen zu öffnen, da ich mir schon denken konnte, dass der Schmerz nur noch stärker werden würde. Doch als ich merkte, wie sich etwas neben mir bewegte, schlug ich schlagartig die Augen auf. Großer Fehler. Die Decke fing an sich zu drehen und das Tageslicht stach mir durch meine Augen bis ins Gehirn.

"Arg...", gab ich unverständlich von mir und kniff die Augen wieder fester zusammen. Wohl bewusst, wo ich lag und dass gestern irgendetwas Wichtiges war.

"Wie geht es dir?", fragte Louis ganz leise. In seiner Stimme schwang eine Art Besorgnis mit, die mich die Augen wieder langsam öffnen ließ. Vorsichtig, ohne zu große oder ruckartige Bewegungen, drehte ich meinen Kopf zu dem Jungen neben mir. Noch bevor ich ihn richtig ansah, krächzte ich mit verschlafener Stimme: "Die Frage ist wohl eher, wie es dir geht?"

Als ich ihn schlussendlich ganz anblickte, machte sich sofort ein warmes Gefühl in meinem Bauch breit. Wahrscheinlich war das die Übelkeit, die dem Alkohol folgte. Louis braune Haare standen in alle Richtungen ab. Seine blauen, verschlafenen Augen waren mit einem warmen Glanz belegt, der das Gefühl in meinem Bauch nur noch größer werden ließ. Seine Wangen waren leicht rosa und er sah nicht mehr so blass aus, wie in den letzten Tagen. Ein Glück. Auf seinen Lippen lag ein schüchternes Lächeln... Verdammt, seine Lippen!

Sofort strömten mir Bilder von gestern Abend in den Kopf. Was ich gedacht hatte. Was ich tun wollte. Was ich hoffentlich nicht getan habe, oder!?

Reflexartig zog ich den Arm, der leicht auf Louis Oberkörper lag, weg und rutschte einen guten Meter von ihm fort. In, um genau zu sein, so viel, dass ich mit einem dumpfen Laut auf dem Boden landete. Das Geräusch klang in meinem sowieso schon schmerzenden Kopf zehnmal schlimmer nach, doch die Angst vor dem, was ich gestern fast getan hätte, war schlimmer. Ich rappelte mich unbeholfen auf und stolperte noch ein paar Schritte rückwärts, während ich in Louis Gesicht blickte. Er sah traurig und etwas verzweifelt aus. Ich hab ihn.... Ich hab ihn doch nicht wirklich geküsst, oder? Schnell ließ ich unser Gespräch noch einmal passieren und fand darin jedoch nur meine Gedanken an seine Lippen.

"Verdammt", flüsterte ich eher zu mir selbst, bevor ich weiter zur Tür stolperte. Ich musste hier schleunigst weg.

"Ich-", fing ich an, doch wusste nicht so Recht, was ich eigentlich sagen wollte. Immerhin waren es nur meine Gedanken und...und... und vielleicht hatte ich mich verplappert! "Ich ... I-ich ..." Ich musste nachdenken, schleunigst und das weit weit weg von diesen blauen Augen, die mich durchbohrten. Ohne ein weiteres Wort stürmte ich aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu.

Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein! Wieso wollte ich ihn küssen? Das war doch Schwachsinn. Ich konnte ihn einfach nicht begehren. Das ging nicht, das dürfte keiner erfahren. Auf dem Weg in mein Zimmer versuchte ich die Vorstellung von Louis Lippen in das hinterste Eckchen meines Verstandes zu verbannen. Vielleicht war es einfach nur der Wein. Ich hatte zu viel getrunken, ganz eindeutig, und mein Verstand wollte mich testen. Sehr lustig.

Als ich meine Zimmertür erreichte, wurde ich von Maria aufgehalten, die wie üblich durch die Gegend eilte.

"Sir Harold! Da sind sie ja! Ich habe sie seit gestern Abend nicht mehr gesehen und ihr Bett war unbenutzt. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht", teilte Maria mir mit. Sie folgte mir ungewollt in mein Zimmer und ich stöhnte auf, als sie sich an meiner Uniform zu schaffen machte.

"Die muss gereinigt werden. Was sehe ich da? Weinflecken? Können sie nicht aufpassen, mein Lieber?"

"Ich hatte andere Sorgen, Maria."

Time Against Us • Book IWhere stories live. Discover now