K-Project - Die wahre Geschichte

Strain

Das nächste, was ich mitbekam, waren meine stechenden Kopfschmerzen, die mich weckten. Widerwillig öffnete ich meine Augen, denn ich wusste, dass ich jetzt sowieso nicht mehr einschlafen würde. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich mich gar nicht im meinem Zimmer befand, sondern in dem Gästezimmer im ersten Stock der Bar. Natürlich fragte ich mich sofort, wie ich hier her gekommen war. Vorsichtig stand ich auf, wobei mir etwas schwindelig wurde, sodass ich mich an der Wand abstützte. Nach ein paar Sekunden ging es jedoch wieder, weshalb ich mich weiter zur Tür wagte. Als ich die öffnete, waren von unten Stimmen zu hören.
Langsam stieg ich jede Stufe der Treppe einzeln herunter und klammerte mich dabei an das Treppengeländer. Nur für den Fall, dass mir wieder schwindelig wurde. Schließlich wollte ich nicht auch noch die Treppen runter fallen. Das fehlte mir jetzt nämlich noch zu den Kopfschmerzen.
Unten angekommen starrten mich alle Anwesenden zu aller erst eine Weile an, während ich mich auf einen Stuhl an der Theke setzte. "Wie geht es dir?", fragte Izumo und stellte mir ein Glas Wasser hin.
"Danke." Und wie dankbar ich dafür war, denn ich war am vertrocknen. Es fühle sich an, als ob ich die letzten Tage überhaupt nichts getrunken hätte. "Wenn man von den Kopfschmerzen und meinem riesen Kohldampf absieht, ganz gut."
Izumo lächelte und begann damit, mir etwas zu Essen zu machen. "Das wundert mich nicht. Schließlich hast du drei Tage durchgeschlafen."
"Bitte was?!" Vor Schock verschluckte ich mich erst einmal und musste husten. Das sollte wohl ein Scherz sein, doch das war es anscheinend nicht, denn Yatas und Annas Blicke waren Ernst und auch Izumo würde niemals einen Witz über so etwas machen.
"An wie viel kannst du dich noch erinnern?", fragte Yata.
Ich überlegte kurz und von einem Moment auf den anderen fiel mir alles wieder ein. Da waren Schüsse, Blut und Tatara.... "Tatara! Was ist mit ihm?"
"Ihm geht es gut.", beruhigte mich Izumo.
"Aber..." Ich war doch dabei gewesen, als er gestorben war. Oder war er gar nicht gestorben?
"Amy, ist es schon einmal vor gekommen, dass die Verletzungen bei Leuten in deiner Umgebung schneller verheilt sind?" Dieses Mal kam die Frage von Izumo, während er mir etwas zu Essen hinstellt.
Wie kam er denn jetzt darauf? Ich schüttelte den Kopf. "Bei anderen nicht, aber bei mir ist das immer so." antwortete ich verwirrt und erinnerte mich daran, wie schnell die blauen Flecken und Schürfwunden immer verheilten, ganz zu schweigen von meinem hervorragendem Immunsystem.
"Das erklärt einiges.", meinte Anna und warf einen fragenden Blick zu Izumo, der daraufhin nickte. "Amy, du bist eine Strain, genauso wie ich."
Izumo nickte. "Wie du weißt, werden die Könige auserwählt, die dann die Fähigkeit bekommen. Diese Fähigkeit können sie an andere Leute weitergeben, die danach zum jeweiligen Clan gehören. Strains sind Leute, die ihre Kräfte auch direkt von den Dresdner Schiefertafeln bekommen, sie jedoch nicht weitergeben können. Anna hat zum Beispiel die Fähigkeit, Menschen mit Hilfe ihrer roten Kugeln zu orten." Er machte eine kurze Pause. "Und du besitzt die Kraft der Heilung."
"Die Kraft der Heilung...", wiederholte ich. So richtig glauben konnte ich das ja immer noch nicht, aber nach allem, was ich bereits gesehen hatte, musste es wohl stimmen. Außerdem erklärte es, warum meine Verletzungen immer so schnell heilten. "Also habe ich Tatara gerettet?"
"Ja. Als der Notarzt kam waren beide Schusswunden verschwunden.", antwortete Izumo. "Außerdem erklärt die Tatsache, dass du eine Strain bist, auch, warum sich deine Augenfarbe verändert hat. Und weil du vor drei Tagen deine Kräfte zum ersten Mal mehr oder weniger bewusst eingesetzt hast, hat es dich prompt umgehauen."
Ich schaute zu Anna. Wenn das wahr war, musste es bei ihr genauso gewesen sein. Aber sie schüttelte den Kopf. "Meine Augenfarbe war schon immer rot." Deswegen war bei ihr nichts passiert.
"Ich habe noch eine Bitte an dich." Sie reichte mir Tataras Kamera hin und ich nahm sie vorsichtig in die Hand. "Sieh dir das letzte Video an."
Ich nickte und drückte auf *Play*. Man konnte die Nacht sehen, doch dann tauchte jemand vor dem Bildschirm auf. Eine Person, die mir nur allzu bekannt vor kam. Es war der Typ, der den grauen König ermordet hatte und versucht hatte, auch Anna und mich umzubringen.
"Die Nacht ist schön, nicht wahr?" Das war Tatara's Stimme! "Ich möchte hier die Nacht filmen und was machst du hier?" Der Typ begann zu lachen. "Ich bin Totsuka Tatara und wie heißt du?"
In diesem Moment drehte sich der Typ um und richtete seine Pistole auf Tatara. Ich schloss die Augen wissend, was jetzt passierte. Ein Schuss war zu hören, anschließend der Aufprall der Kamera auf dem Boden. Dann noch ein Schuss und das Video war zu Ende. Ich öffnete meine Augen wieder. "Ich kenne diesen Typen. Das ist derselbe, der auch versucht hat, Anna und mich umzubringen."
"Also habe ich mich nicht geirrt.", sagte Anna.
"Das, Amy, ist der neue farblose König."
"Der ist ein König?" Ich erinnerte mich an Tatara's Worte: *Der farblose König ist böse.* Jetzt ergab dieser Satz endlich Sinn. Aber wenn wir es mit einem König zu tun gehabt hatten, dann war es wirklich Glück, dass Anna und ich noch lebten.
"Erst der Angriff auf den grauen König, dann auf euch beide und jetzt Tartara.", meinte Izumo. "Er hat es offensichtlich auf die Clans abgesehen. Und vor allem auf uns."
"Wo ist Tatara eigentlich?", fragte ich.
"Er ist verreist.", antwortete Izumo. "Zur Sicherheit. Der farblose König ist der Meinung, ihn getötet zu haben. Wenn er erfährt, dass Tatara noch lebt, wird er es bestimmt noch einmal versuchen. Inzwischen werden wir diesen König ausfindig und unschädlich machen."
"Und wo ist Mikoto? Er ist um diese Zeit doch immer in der Bar?"
Anna senkte den Kopf. "Er macht gerade einen Spaziergang."
"Achso." Das sah ihm trotzdem nicht ähnlich, vor allem weil Anna sonst immer mit ihm mit ging.
"Wir wissen nicht, wann er das nächste Mal zuschlägt und auf nicht, wen er sich dieses Mal ausgesucht hat.", meinte Izumo. "Deswegen solltest du wachsam bleiben, Amy."
"Das werde ich."

Ja, das Rätsels um das schnelle Heilen von Verletzungen ist also gelöst. Aber was wird der farblose König als nächstes tun? Ihr könnt darauf gespannt sein.

Was? Ihr dachtet doch nicht wirklich, dass ich Tatara einfach so sterben lasse, oder?

Eure Lina